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Ein Bericht des deutschen Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft zeigt: In der ersten Hälfte dieses Jahres trugen erneuerbare Energiequellen im nördlichen Nachbarland erstmals mehr zur Stromproduktion bei als fossile Energiequellen - sprich primär Braunkohle.

Allerdings fällt die Bilanz ansonsten ziemlich ernüchternd aus. Es fehle an Stromleitungen und Speicherkapazitäten, um die grosse Menge an Ökostrom auch bundesweit zu nutzen. Kapazitätsprobleme könnten die Folge sein, wenn demnächst Kohlekraftwerke vom Netz genommen würden, so zitiert das "Handelsblatt" die Autoren des Berichts.

Das Wirtschaftsblatt sieht im Zuge der Abkehr von der Kohlenkraft in wenigen Jahren Mehrkosten in Höhe von 29 Milliarden Euro auf deutsche Konsumenten zukommen - obwohl diese schon heute die höchsten Strompreise in ganz Europa berappen.

Die Probleme von heute sind bei Unternehmen wie ABB oder Siemens die vollen Auftragsbücher von morgen. Denn ohne milliardenschwere Investitionen in die Stromübertragungsinfrastruktur wird die Energiewende in Deutschland zum Bumerang.

Wie Analyst James Stettler von Barclays in einem Kommentar schreibt, wird Deutschland bei der Umsetzung der Energiewende wohl nicht um die Expertise von ABB herumkommen. Nicht zuletzt auch deshalb empfiehlt er die Aktien des Industriekonzerns aus Zürich mit "Overweight" und einem Kursziel von 27,60 Franken zum Kauf.

Seit wenigen Tagen haben die Aktien von ABB wieder Auftrieb. (Quelle: www.cash.ch)

Nicht so recht in dieses Bild passt ein heute in der "Financial Times" erschienener Artikel. Darin schreiben die Autoren unter anderem davon, dass der Grossaktionär Cevian Capital den Druck auf ABB erhöht, sich vom Stromnetzgeschäft zu trennen. Diesen Plänen steht der bedeutendste Aktionär, Investor AB, hingegen kritisch gegenüber.

Das klingt logisch, denn sollten ABB in diesem Geschäft tatsächlich milliardenschwere Grossaufträge aus Deutschland winken, wäre ein Spartenverkauf voreilig.

Aber weshalb das Stromnetzgeschäft nicht über eine Sachdividende an die Aktionäre ausschütten? Letztere könnten dann selbst darüber entscheiden, ob sie die Aktien in der Hoffnung auf Grossaufträge behalten oder sich über die Börse davon trennen wollen.

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"Alle guten Dinge sind drei", dürfte sich Maja Pataki von Kepler Cheuvreux wohl gedacht haben. Nachdem sie zuvor schon die Aktien von Tecan und Straumann von "Buy" auf "Hold" heruntergestuft hat, vollzieht die bekannte Medizinaltechnikanalystin denselben Schritt nun auch bei jenen von Sonova.

Die Begründung liest sich ähnlich wie die bei den anderen beiden Unternehmen (siehe Mutige Analystin begeht einen Tabubruch vom 10. August): Nachdem die Papiere des Hörgeräteherstellers aus Stäfa seit Jahresbeginn um 18 Prozent zulegen und den Swiss Performance Index (SPI) weit hinter sich lassen konnten, rechtfertigt das 184 Franken lautende Kursziel die Kaufempfehlung nicht länger.

Es bedarf etwas weniger Mut, die Aktien von Sonova herunterzustufen als seinerzeit bei jenen von Tecan und Straumann. Denn am Markt halten sich seit Tagen hartnäckige Spekulationen, wonach der Weltmarktführer weitere Marktanteile an die Konkurrenz verloren habe.

Die Aktien von Sonova (rot) im Fünfjahresvergleich mit jenen von Tecan (gelb) und Straumann (grün). (Quelle: www.cash.ch)

Auch Pataki schliesst nicht aus, dass Sonova am 19. November mit einem eher schwachen Halbjahresergebnis aufwarten wird - es wäre nicht das erste Mal. Anders als viele ihrer Berufskollegen rechnet sie in der zweiten Jahreshälfte dann allerdings mit einer Wachstumsbeschleunigung.

Am Beispiel Straumann zeigt sich eindrucksvoll, wie ambitioniert hoch die Erwartungen an die hiesigen Unternehmen aus der Medizinaltechnikindustrie mittlerweile sind. Trotz einem deutlich besser als erwartet ausgefallenen zweiten Quartal und einer kräftigen Erhöhung der diesjährigen Wachstumsvorgaben erwies sich das Kursfeuerwerk bei den Aktien des Dentalimplantateherstellers aus Basel rückblickend als blosses Strohfeuer.

Ich bleibe dabei: Auch für die erfolgsverwöhntesten Unternehmen ist die Börse keine Einbahnstrasse nach oben. Irgendwann werden auch die Aktien von Firmen wie Straumann oder Temenos wieder günstiger zu haben sein.

Oder wie schon Carl Mayer von Rothschild - er gilt als Wegbereiter des antizyklischen Investierens - einst sagte: "Aktien kaufen, wenn die Kanonen donnern und verkaufen, wenn die Violinen spielen."
 

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