Mit 3,4 Prozent lag die Jahresteuerung im Juli auf dem gleichen Stand wie schon im Juni, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Mittwoch mitteilte. Ökonomen waren sich bezüglich der jüngsten Inflationsentwicklung für einmal nicht einig. So hatten die Schätzungen weit auseinandergelegen und waren für den Juli-Wert von 3,0 bis 3,7 Prozent ausgegangen.

Während die Jahresteuerung bei den Inlandgütern lediglich 1,8 Prozent betrug, kosteten Importgüter 8,4 Prozent mehr als im Juli 2021. Erdölprodukte etwa kosteten vor allem wegen des Ukrainekrieges 43 Prozent mehr - Heizöl allein 76 Prozent, bei Benzin waren es knapp 31 Prozent.

Aber auch für Pauschalreisen ins Ausland (+24%) oder Luftverkehr im allgemeinen musste massiv mehr bezahlt werden (+78%), wobei hier vor allem auch die erhöhte Nachfrage nach den coronabedingten Lockdowns im Vorjahr eine grosse Rolle spielt.

International tiefer Wert

Im internationalen Vergleich liegt die Schweiz mit dem aktuellen Inflationswert von "nur" 3,4 Prozent gut im Rennen. In der Eurozone etwa stieg die Teuerung im Juli nochmals an und war mit 8,9 Prozent so hoch wie nie seit Einführung der Gemeinschaftswährung im Jahr 1999. Und in den USA war die Inflationsrate (Juni-Wert) mit 9,1 Prozent sogar so hoch wie zuletzt vor über 40 Jahren. Hauptgrund für den hierzulande tieferen Wert ist neben dem starken Franken vor allem auch ein anderer Energiemix.

Trotzdem ist die Inflation auch bei uns ein grosses Thema. Der Anstieg in den letzten Monaten war nämlich auch hier frappant. Zum Vergleich: Ende 2021 lag die Inflation erst bei 1,5 Prozent, vor einem Jahr gar erst bei 0,7 Prozent. Und vor knapp eineinhalb Jahren - im März 2021 - war sie gar noch leicht negativ, d.h. Herr und Frau Schweizer mussten damals für einen bestimmten Warenkorb 0,2 Prozent weniger bezahlen als ein Jahr davor.

SNB auf den Plan gerufen

Der schnelle - wenn auch gegenüber dem Ausland deutlich geringere - Anstieg der Inflation hat bekanntlich auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) auf den Plan gerufen. Mitte Juni hob diese - mit Verweis auf die anziehende Teuerung - ihren Leitzins um 0,50 Prozentpunkte auf -0,25 Prozent an. Dies war der erste Zinsschritt nach oben seit fünfzehn Jahren. Das endgültige Ende der Negativzinsen dürfte laut Ökonomen-Einschätzungen zudem nur noch eine Frage der Zeit sein.

Wenn man die Entwicklung der saisonalen Produkte sowie Energie und Treibstoffe aus der Rechnung nimmt - und damit die sogenannte Kerninflation berechnet - sieht die Inflationsentwicklung etwas weniger dramatisch aus. So stieg sie im Juli gegenüber dem Vormonat zwar leicht an, lag aber lediglich bei 2,0 Prozent und damit noch immer im von der SNB definierten Bereich von Preisstabilität zwischen 0 und 2 Prozent.

Allerdings sei dies der höchste Wert seit mehr als 20 Jahren, bemerken die Ökonomen von Capital Economics. Er dürfte die SNB dazu ermutigen, in Bälde weiter an der Zinsschraube zu drehen.

Weiterer Anstieg gut möglich

Wie es bezüglich Inflation weiter geht, dürfte hauptsächlich von der Entwicklung der Rohstoffe abhängen. Mit anderen Worten: Wenn Rohöl, Heizöl, Benzin oder Gas nochmals zulegen, wird auch die Inflation weiter ansteigen. Ansonsten könnte der Wert bald sinken, zumal der Basiseffekt bald spielen wird und damit der massive Anstieg der Rohstoffpreise mindestens zum Teil aus der Statistik fällt.

Gemäss UBS-Ökonom Alessandro Bee wird das Ausmass der Energiekrise in Europa und der konjunkturellen Abkühlung darüber entscheiden, ob der Zenit in den nächsten Monaten bereits überschritten wird. Weiter steigende Energiepreise - z.B. beim Gas oder ein Wiederanstieg der Ölpreise - könnten in der kurzen Frist jedenfalls dazu führen, dass die Inflation noch weiter steigt, meinte er gegenüber AWP.

Ähnlich sieht das ZKB-Ökonom David Marmet, der von einer "Verschnaufpause" bei der Inflationsentwicklung spricht. In den nächsten Monaten dürfte die Inflation wieder leicht steigen, glaubt er. So flössen im nächsten Monat etwa die vierteljährlich erhobenen Mieten inkl. Nebenkosten in die Inflationsberechnung ein. Zudem habe sich bei den administrierten Preisen wie Gas und Strom ein Nachholbedarf aufgestaut. Dies spreche für höhere Inflationsraten.

uh/ra

(AWP)