Chinas Präsident Xi Jinping stellt sich nicht gegen Russland. (Shutterstock.com/Gil Corzo))
Chinas Präsident Xi Jinping stellt sich nicht gegen Russland. (Shutterstock.com/Gil Corzo))

Stefan Kreuzkamp, Chefanlagestratege, DWS, vergleicht die aktuelle Situation Chinas im Hinblick auf den Ukraine-Konflikt mit dem Skat-Spiel: "Wird beim Skat spielen geramscht, müssen sich die Spieler entscheiden, ob sie in der Deckung bleiben, um möglichst wenig (Minus-) Punkte zu sammeln, oder ob sie einen Durchmarsch machen, für den sie alle Stiche brauchen."

So extrem sei die Entscheidungslage für Chinas Regierung zwar nicht, aber die Richtung passe. Ähnlich wie 2001, als US-Präsident George W. Bush postulierte, man könne nur gegen oder mit den USA im sogenannten Krieg gegen den Terror sein, scheinen sich die Fronten derzeit auch zu formieren. Im Westen hat sich in grosser Geschwindigkeit eine Einheitsfront gebildet, die Russland wirtschaftlich so stark wie möglich isolieren will. "China gehört dieser Front wenig überraschend nicht an. Nicht nur, weil man erst in jüngster Zeit die strategischen Bande mit Russland festigte, grosses Interesse an Russlands Rohstoffen und militärischer Ausrüstung hat und insgesamt Gefallen an der Regierungsform in Moskau findet, sondern auch, weil man nicht als Handlanger der USA dastehen möchte", sagt Kreuzkamp.

Seit der Invasion der Ukraine werde die Gefahr nun öfter an die Wand gemalt, China könnte den Durchmarsch mit Russland wagen. Sich also nicht nur Russland als Abnehmer für all die Rohstoffe andienen, die der Westen nicht mehr nehmen wird, sondern darüber hinaus Amerikas globale Dominanz auch über die Abkehr vom Dollar als Handelswährung zu unterminieren. Wie sich das auch in den jüngsten Gesprächen mit Saudi Arabien manifestiere, in denen es darum ging, den Handel mit Öl eines Tages in Yuan abzuwickeln.

Unplausibles Szenario

"Wir halten dieses Szenario für unplausibel, oder zumindest extrem verfrüht. China dürfte unseres Erachtens alles daran setzen, nach aussen hin eine neutrale Position zu vertreten", so der Chefanlagestratege. Als Absatzmarkt spiele Russland für China eine im Vergleich zu Europa und den USA vernachlässigbare Rolle. Exporte von aus westlicher Sicht kritischen Gütern dorthin dürfte Peking bei Bedarf also diskret runterfahren. Gleichzeitig sei die Gefahr, Russland als Rohstofflieferant zu verärgern überschaubar, wenn Russland ohnehin die Abnehmer ausgehen. Für eine Eskalation mit dem Westen sei es ohnehin kein guter Zeitpunkt. China strotze derzeit nicht vor Energie. Die anvisierten über fünf Prozent Wirtschaftswachstum für dieses Jahr wirken laut Kreuzkamp sehr ambitioniert, insbesondere vor dem Hintergrund der steigenden Covid-Infektionszahlen und den damit einhergehenden Lockdowns so wichtiger Standorte wie Shenzhen.

Auch ein Vergleich der relativen Stärken der Börse falle nicht schmeichelhaft für China aus. Der Anteil des S&P 500 an der globalen Marktkapitalisierung betrug vor einem Jahr 41,3 und heute 44,9%. Der Anteil von Chinas börsennotierten Unternehmen hingegen sank von 14,7 auf 12,3%. "Die Durchhalteparolen, die Chinas Vizepremier Liu He über Nacht ausrief, wirken da kaum wie ein Zeichen der Stärke", merkt Kreuzkamp an. Liu He sprach davon, dass man die Wirtschaft noch im ersten Quartal stützen und den Kapitalmarkt stabilisieren wolle und ermutigte Anleger, sich langfristig am Aktienmarkt zu engagieren. "Angesichts der andauernden Regulierungsmassnahmen, die immer wieder einzelne Werte über Nacht in die Knie zwingen, dürften sich einige Anleger da verwundert die Augen reiben. Doch es zeigt, wie sehr China gerade mit eigenen Problemen beschäftigt ist. Zu Moskaus Vor- wie Nachteil dürfte sich China unserer Meinung nach also weitgehend neutral positionieren", kommentiert Kreuzkamp.

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