Sandra Cafazzo, CFA, ExCo Mitglied und Head of Sales & Marketing, Robeco Switzerland
Sandra Cafazzo, CFA, ExCo Mitglied und Head of Sales & Marketing, Robeco Switzerland

Die Klimadebatte ist in Zeiten der Corona-Pandemie etwas in den Hintergrund gerückt. Hat Corona dem Klima die Bedeutung genommen?
Der Klimawandel bleibt die grösste und komplexeste Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Die negativen Auswirkungen manifestieren sich – anders als bei Corona – zwar nur schleichend, aber sie werden um ein Vielfaches höher sein als die der Corona-Pandemie. Es sei denn, wir handeln, und zwar jetzt.

Seit den frühen Neunzigerjahren hat sich das Investment-Feld stark entwickelt. Wie hat alles begonnen und welche Meilensteine sind rückblickend zu erkennen?

Der 1987 publizierte Brundtland-Bericht stellte ein damals neues Leitbild zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung vor und markiert den Startschuss des modernen Sustainable Investing. Danach war nachhaltiges Anlegen stets mehr als nur der simple Ausschluss von "sündigen" Firmen. 1995 haben Robeco und wenige andere Pioniere erkannt, dass Firmenbewertungen ohne Einbezug von finanziell-materiellen Nachhaltigkeitsaspekten unvollständig sind und damit den Ansatz der ESG-Integration ins Leben gerufen. Ab dem neuen Jahrtausend bis etwa 2007 standen vor allem Themenfonds in der Anlegergunst. Ab circa 2013 haben institutionelle Investoren den ESG-Integrationsansatz mit geringem Tracking Error für sich entdeckt. Im Zusammenhang mit dem Pariser Klimaabkommen und der Verabschiedung der UN SDGs im 2016 hat das Thema schliesslich die hohe Bedeutung erhalten, die es verdient und den Mainstream erreicht.

Was einst "grün" oder "SRI" genannt wurde, ist heute "ESG" und bildet vermehrt die Grundlage einer integralen Gesamtunternehmensstrategie. Was heisst das für Unternehmensführer und Asset Manager bzw. Fondsmanager?

"Grüne" oder "Socially Responsible Investments" waren lange Zeit die bekanntesten zwei Formen der nachhaltigen Geldanlage und waren geprägt von Werten und Überzeugungen. Informierte Investoren wissen heute jedoch, dass es zusätzliche Ausprägungen gibt, wie beispielsweise die systematische Integration von ESG-Aspekten im Bewertungs- und Investitionsprozess. Diese Form ist stärker von "Performance- und Risikominimierungsüberlegungen" geprägt. Für Unternehmensführer kotierter Firmen heisst das: Es besteht neu auch eine Informationspflicht gegenüber Investoren, Ratingagenturen und Indexanbietern bezüglich der ESG-Leistung. Firmen, die hier nicht überzeugen, werden zunehmend in Portfolios untergewichtet oder kommen unter Druck der Öffentlichkeit und von Investoren. Für Fonds-Manager heisst das: Man muss imstande sein, die publizierten ESG-Daten von Firmen richtig zu interpretieren und mit System zu applizieren.

Was ist heute wichtiger: E, S oder G?

Unsere Materialitätsanalyse von ESG-Daten hat schon immer gezeigt: finanziell materiell sind es Governance Aspekte, und das im Speziellen bei Emerging-Markets-Firmen. Je mehr sich aber Herausforderungen aus den Bereichen S oder E materialisieren, sind aus finanzieller Sicht auch diese relevant – Stichworte hier sind beispielsweise Stranded Assets und die Bewertung der Oil Majors oder die Automobilindustrie, die sich grad für sehr viel Geld neu erfinden muss.

Impact Investing ist ein weiterer Bereich, der zunehmend an Bedeutung gewinnt. Worum handelt es sich hier konkret?

Impact Investments sind zwingend mit dem Anspruch verbunden, messbar positive soziale oder ökologische Wirkungen sowie eine finanzielle Rendite zu erzielen. Ursprünglich limitiert auf die Assetklassen Micro- und Projektkredite sowie Private Equity, ist Impact Investing heute auch umsetzbar via kotierter Aktien und Obligationen. Impact Investments via kotierter Aktien oder Obligationen, sollten robust darlegen können, wie durch den operativen Betrieb oder die Produkte und Dienstleistungen dieser Firmen die erwünschte Wirkung erreicht werden kann. Nur so kann das Marktversprechen gehalten werden, dass Kundengelder eines Fonds mit liquiden Titeln dorthin fliessen, wo die gewünschte Wirkung auch erzielt wird

Im Zusammenhang mit Impact Investing kommt auch der Begriff "Engagement" immer wieder vor. Was fällt für Sie darunter?

Klassischerweise erfolgt die Einflussnahme über die Wahrnehmung der Aktionärsrechte und dem Stimmverhalten an den GVs. Über die Aktionärsanträge kann man hier neue Themen aufs Tapet bringen. Ein alternativer Weg ist der konstruktive Dialog mit den Firmen. Bei diesen Gesprächen konnten wir grossen Firmen schon in den 90-er Jahren erklären, was aus Sicht eines nachhaltigen Investors und Aktionärs in Bezug auf ESG zu beachten und wünschenswert wäre. Wir dürfen in Anspruch nehmen, hier schon früh einigen Grosskonzernen bedeutende Impulse gegeben zu haben. Zum Beispiel: im Verbund mit der Organisation "Climate Action 100+" gelang es Robeco, Kolosse wie Royal Dutch Shell Plc dazu zu bringen, die Kohlenstoffreduktion ihrer Endprodukte (Scope 3 Emissions) verbindlich zu reduzieren und dieses Vorhaben auch mit der Managementvergütung zu verknüpfen. Unser Engagement geht also über Stimmvergaben hinaus.

Wie kann ein Asset Manager das Pariser Klimaziel in der Produktpalette umsetzen?

Das Ziel des Pariser Klimaabkommens ist es, den Temperaturanstieg deutlich unter 2° C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten und die Bemühungen fortzusetzen, den Temperaturanstieg noch weiter auf 1,5° C zu begrenzen. Die Climate Bond Strategie von Robeco wird eine der ersten Strategien weltweit sein, die in reguläre Anleihen investiert. Die Strategie ist vollständig auf alle bevorstehenden Nachhaltigkeitsvorschriften abgestimmt und hat ehrgeizige Umweltziele, die mit den langfristigen Zielen des Pariser Abkommens übereinstimmen. Die Robeco Climate-Bond-Strategien weisen Kapital innerhalb der Grenzen eines 1,5 C globalen Erwärmungsszenarios zu. Damit wird die Verpflichtung der Pariser Vereinbarung von 2015 mit Leben erfüllt.

Was suchen die Investoren und wie schätzen Sie den Kenntnisstand bezüglich ESG, Impact oder Engagement ein?

Unter Ewiggestrigen kursiert noch häufig die hartnäckige Falschannahme, dass nachhaltiges investieren zu einem Renditenachteil führt. Die Corona-Krise hat aber gezeigt, dass sich viele nachhaltig ausgerichtete Strategien gegenüber konventionellen Ansätzen besser geschlagen haben. Wir sehen ein deutlich gestiegenes Interesse privater Anleger, neben Renditen auch einen positiven Einfluss ihrer Anlagen ins Zentrum zu stellen. Institutionelle Anleger haben in den letzten Jahren ihren Kenntnisstand stark ausgebaut und die Diskussionen rund um nachhaltige Anlagen gewannen an Qualität und variieren zwischen Anlagezielen, Investmentprozess, Unternehmensanalyse (ESG-Integration) bis hin zum validen Reporting. Intensiv beschäftigen sich Pensionskassen und Versicherungen in der Schweiz auch mit Klimawandelrisiken und der Dekarbonisierung ihrer Portfolios. Die Messbarkeit von Impact auf Portfolio-Ebene gewinnt ebenfalls an Bedeutung und wird immer mehr zum Unterscheidungsmerkmal unter den Anbietern.

Was macht den nachhaltigen Investment-Ansatz von Robeco einzigartig oder zumindest speziell?

Robeco gehört seit 1995 zu den global führenden Anbietern im Bereich nachhaltiger Geldanlage. Durch die spezielle Integration von Nachhaltigkeitsresearch neben fundamentalen und quantitativen Analysen kann Robeco institutionellen und privaten Investoren eine umfangreiche Palette aus aktiven Anlagestrategien in zahlreichen Assetklassen anbieten.

Dieser Artikel wurde cash von Investrends.ch zur Verfügung gestellt. Verpassen Sie keine News zu aktuellen Themen aus der Fonds- und Asset-Management-Branche. Investrends.ch liefert Ihnen im Newsletter zweimal wöchentlich die Zusammenfassung der Nachrichten und informiert Sie über Sesselwechsel und wichtige Veranstaltungen. Hier abonnieren