Am 10. März überraschte die Europäische Zentralbank: Einen Monat nach Schweden bestätigte auch sie, dass die Notenbanken zunehmend proaktiv den Geldumlauf steuern wollen – mit einem prinzipiell positiven Effekt auf die Finanz- und Industrierohstoffpreise. Ausserdem erinnerte sie daran, dass die Geldpolitik relativ leicht überraschen kann, solange sie ihren Inflationszielen so deutlich hinterherhinkt, wie dies derzeit der Fall ist. Das Risiko des überraschend starken Aktionismus besteht also weiterhin.

Konkret senkte die EZB drei verschiedene Leitzinsen. Der derzeit zentrale Einlagenzinssatz wurde exakt, wie vom Bloomberg-Konsens erwartet, um 10 Basispunkte auf -0.4% gesenkt. An den Zinsmärkten war jedoch ein noch grösserer Schritt eingepreist, was die Stärke des Euro nach der Entscheidung erklären kann. Die Umlaufrenditen zweijähriger deutscher Staatsanleihen sind seit dem 10. März beispielsweise von -0.58% auf -0.45% gestiegen, d.h. näher in Richtung des EZB-Einlagensatzes. Gleichzeitig hat die EZB allerdings auch ihr quantitatives Lockerungsprogramm (QE) um 33% auf monatlich 80 Mrd. Euro ausgeweitet, wobei zukünftig auch Investment-Grade-Unternehmensanleihen aufgekauft werden. Zudem wurde ein neues Refinanzierungsprogramm zu ebenfalls negativen Zinsen lanciert: Banken werden zukünftig also bezahlt, wenn sie das neue Notenbankgeld tatsächlich in Umlauf bringen. So hat die EZB unter dem Strich positiv überrascht, wie die Marktreaktionen insgesamt zeigen.

Prinzip Zuckerbrot und Peitsche
Die EZB erhöht damit nicht nur die monatlich neukreierte Basisgeldmenge deutlich, sondern führt erstmals auch einen finanziellen Anreiz für die Geldschöpfung ein und reduziert zugleich den Druck auf die Banken, sich über Negativzinsen auf Spareinlagen zu finanzieren. Bisher wurde Passivität "nur bestraft" (Negativzins auf Überschussreserven). Zukünftig wird Aktivität zusätzlich "belohnt" (Negativzins für TLTRO II). Mit dieser Signalsetzung hat die EZB gegenüber den anderen grossen Notenbanken jetzt die Nase vorn. Zur Erinnerung: Die EZB kassiert derzeit 0.4% auf alle überschüssigen Reserven. Im Gegensatz dazu zahlt die Federal Reserve 0.5% sowohl auf alle Überschuss- als auch auf die Mindestreserven. Die Bank of Japan zahlt 0.1% auf die meisten Überschussreserven. So weit, so gut.

Dennoch dürften die Märkte in nächster Zeit anfällig für erhöhte Volatilität bleiben. Auch wenn die EZB nun eine Ausnahme darstellen könnte, reagieren die meisten Notenbanken mit ihren Aktionen letztlich nur auf die Folgen der jüngsten Turbulenzen, statt Märkte und Wirtschaftsakteure zu führen. Die Konjunkturumfragen tendieren inzwischen mehrheitlich südwärts und jedes neue Zwischenhoch der Börsenindizes ist seit etwa einem Jahr tiefer als das vorherige. Zudem betrachtet bekanntlich ein grosser Teil der Öffentlichkeit Negativzinsen gelinde gesagt mit Skepsis, wie etwa in Deutschland. Auch in Japan wird BOJ-Chef Haruhiko Kuroda neuerdings regelmässig ins Parlament zitiert, um Fragen besorgter Volksvertreter zu beantworten. Wie im Fall von QE könnten Jahre vergehen, bis das Konzept allgemein akzeptiert wird.

Abschliessend ist es für Mikio Kumada aber auch wichtig, festzuhalten, dass sich seine strategischen Ansichten nicht verändert haben und unter dem Strich gutartig bleiben. Die zwei globalen Basisszenarien von LGT (siehe PDF) gehen für die nächsten Jahre weiterhin in erster Linie entweder von einem "schleichendem Fortschritt" oder einem "kreditfinanzierten Boom" für die Weltwirtschaft aus. Ein paar volatile und unsichere Monate oder sogar Quartale zwischendurch würden diesen Szenarien grundsätzlich nicht widersprechen.

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