Welcher Einfluss hatte das „Smart Beta“ Modell auf das Wachstum der ETF-Industrie?

Nizam Hamid: Die ETF-Branche hat von der Verlagerung auf Smart-Beta-Produkte profitiert, denn rein auf Marktkapitalisierung ausgerichtete Anlagen sind bereits sehr gut etabliert und bieten wenig Raum für Innovationen und Produktdifferenzierung. Die Anleger sind stets auf der Suche nach effizienteren, an das jeweilige Marktumfeld angepassten Lösungen. Alternativ gewichtete, als ETFs angebotene Strategien bieten für Investoren die breiteste Palette an neuartigen Lösungen.

Das Angebot von Smart Beta Produkten ist sehr vielfältig. Welche Strategie konnte Ihrer Meinung nach bisher am meisten überzeugen?

Im Aktienuniversum hat vor allem die seit Jahresbeginn deutlich erhöhte Volatilität dazu geführt, dass sich der Schwerpunkt auf defensivere Anlagen verlagert. Besonders deutlich wurde dies beispielsweise auf dem US-Aktienmarkt: Hier schnitt der US Equity Income ETF von WisdomTree im bisherigen Jahresverlauf um 8 % besser ab als der S&P 500. Dass US-Aktien mehr als 50 % der Benchmark des MSCI World ausmachen und Kunden in diesem Bereich häufig in erheblicher Grössenordnung investieren, ist ein wichtiger Beleg für die Tragfähigkeit defensiver, alternativ gewichteter Anlagestrategien.

Der Begriff „Smart Beta“ ist nicht sehr selbsterklärend. Wie gelingt es Ihnen bei Ihren Produkten mehr Transparenz zu schaffen?

Der Begriff „Smart Beta“ wird heute in Bezug auf nahezu alle Anlagekonzepte verwendet, die von der „klassischen“ Gewichtung von Indizes nach Marktkapitalisierung abweichen. Darunter wird eine sehr breite Palette an Anlagethemen, -stilen und -strategien gefasst. Bei WisdomTree streben wir stets danach, für alle Aspekte unserer Tätigkeit einen hohen Grad an Transparenz herzustellen. Dazu dienen vollständige Angaben auf unserer Website, die den methodischen Ansatz unserer Strategien erläutern, ebenso wie die eindeutig definierten Indexregeln und bereitgestellten Informationsmaterialien zum makroökonomischen Umfeld und zu den von uns verfolgten Anlagethemen. Wie auch allgemein bei ETFs herrscht für die Anleger hohe Transparenz in Bezug auf die Komponenten der Anlagestrategie und die Kosten des ETF.

Welche Smart Beta Ansätze sind Ihrer Meinung nach die attraktivsten?

Zu unseren am meisten von den Anlegern nachgefragten Anlageoptionen gehört beispielsweise der HEDJ (WisdomTree Europe Equity UCITS ETF USD Hedged), unser Aktien-ETF für den Euroraum, der sich auf multinationale Large-Cap-Werte und exportorientierte Unternehmen konzentriert. Hier bieten wir mehrere Anteilsklassen mit Währungssicherung sowie eine unbesicherte, auf Euro lautende Anteilsklasse an. Investoren nutzen diese liquide, auf Large-Caps fokussierte Anlageform für ein taktisches Vorgehen. Die Fondsperformance übertraf sowohl im bisherigen Jahresverlauf als auch im letzten Ein-, Drei- und Fünfjahreszeitraum die des Euro STOXX 50. Bei unseren Kunden auf grosses Interesse stiessen auch europäische Small-Cap-Aktien. Grund dafür ist, dass es Anlegern häufig schwer fällt, einzelne Aktien auszuwählen, denn diese Anlageklasse ist für aktive Manager mit Herausforderungen verbunden, und die Entscheidung über die Portfoliostrukturierung kann von eher taktischen Gesichtspunkten geprägt sein. Seit seiner Auflegung hat der Fonds WisdomTree Europe Small Cap in allen bisherigen Zeiträumen die entsprechende, an der Marktkapitalisierung orientierte Benchmark übertroffen – bei niedrigen Kosten und hoher Transparenz.

Sie verfolgen eine sogenannte „Anti-Momentum“-Strategie. Können Sie diese genauer beschreiben?

Unsere Rebalancing-Strategie greift im Wesentlichen im Jahresrhythmus auf den Fundamentalwert zurück und nutzt zu diesem Zweck den nur von WisdomTree angewandten dividendengewichteten Ansatz. Wenn wir beispielsweise für eine Aktie in einem Index eine Gewichtung von 3 % festlegen, so könnte sich die Gewichtung auf 5 % erhöhen, sofern sich der Kurs dieser Aktie im Vergleich zu den anderen im Index vertretenen Werten im Jahresverlauf besser entwickelt. Beim jährlichen Rebalancing passen wir die Gewichtung der Aktie dann an die fundamentale Gewichtung anhand der Bardividende an. Diese orientiert sich an der ausgeschütteten Bardividende, die sich möglicherweise ebenfalls erhöht hat. Daraus ergibt sich der Fundamentalwert des Unternehmens im Index. Die hier beschriebene jährliche Rebalancing-Strategie unterscheidet sich von einem rein an der Marktkapitalisierung ausgerichteten Index, bei dem die Gewichtung von Aktien eher von der Kursdynamik abhängt. Aus unserer Sicht schafft unsere Rebalancing-Strategie langfristig Werte für die Anleger und vermeidet dabei den Fehler einer kurzfristigen, am Momentum orientierten Aktiengewichtung.

„Smart Beta“ macht inzwischen rund 20% des globalen ETF Marktes aus. Welche Gründe könnten ausschlaggebend sein, dass diese Wachstumsentwicklung weiter anhält?

Nach unserer Einschätzung bietet Smart Beta das Potenzial für ein höheres Wachstum als bei allgemein in ETFs verwaltetem Vermögen, denn immer mehr Investoren werden sich der mit diesen Strategien verfolgten Ziele und der damit verbundenen Vorteile bewusst. Bei WisdomTree legen wir grossen Wert auf die Bereitstellung von Informationen für die Anleger, insbesondere in Bezug auf die Ausdifferenzierung unserer Anlagestrategien. Daraus entstehen aus unserer Sicht langfristige Kundenbeziehungen und ein Bewusstsein dafür, auf welche Weise Smart-Beta-ETFs in Portfolios der Anleger eingesetzt werden können. Im Zuge der Einführung weiterer Innovationen und neuer Konzepte für unterschiedliche Anlageklassen rechnen wir mit einem Wachstum, das den Zuwachs des Gesamtmarktes übertreffen dürfte.

WisdomTree hat im März 2015 ihre ersten sechs ETFs an der SIX Swiss Exchange lanciert. Wie bewerten Sie die Nachfrage bisher?

Schweizer Anleger zeigen grosses Interesse an den von WisdomTree aufgelegten Fonds. Zurückzuführen ist dieses Interesse nicht zuletzt darauf, dass viele Anleger bereits unsere US-ETFs kennen, die wir nun im UCITS-Format strukturiert haben. Zudem haben wir vor allem für unsere Kunden in der Schweiz Verbesserungen eingeführt, darunter in Schweizer Franken denominierte Anteilsklassen mit Währungssicherung und lokale Börsennotierungen. Darüber hinaus konzentriert sich eines unserer Vertriebsteams ganz auf den Schweizer Markt, was entscheidend zur Schaffung eines Verständnisses für unsere UCITS-Produkte unter unseren Kunden beigetragen hat.     

Wie wichtig ist der Schweizer Markt für WisdomTree?

Für uns ist die Schweiz als europäisches Zentrum der Vermögensverwaltung ein Kernbestandteil des ETF-Geschäfts. Unsere Kunden sind erfahren und sachkundig, aber auch offen für neue, attraktive Anlageoptionen. Daher nehmen sie zunehmend Smart-Beta-Strategien in ihre Portfolios auf. Auch die starke Präsenz von schweizerischen Anlage- und Vermögensverwaltern in Europa trägt zur wachsenden Bedeutung des Schweizer Marktes bei. Für die Weiterentwicklung des europäischen ETF-Geschäfts von WisdomTree entscheidend ist auch der lokale Kontakt mit der Mehrzahl der im Land ansässigen wichtigen Entscheidungsträger und Zuständigen für die Fondsauswahl.

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