Wenn wir den Chart des letzten Jahres - also seit September 2009 betrachten - ist unter dem Strich eigentlich gar nichts passiert:
Von je einer Über- und Untertreibung abgesehen, bewegt sich der SMI Stabil in der Gegend um 6400 Plus/minus ein paar Zerquetschte.
Noch krasser sichtbar wird der seit September 2009 vorherrschende Seitwärtstrend im 3-Jahres Chart:
Dow Jones, S&P 500 oder DAX sehen ähnlich aus. Da erspare ich uns die Charts.
Was sagt uns das?
Wie wir alle wissen, erlebt diese Welt seit März 2009 eine Gelddruckerei noch nie gekannten Ausmasses. Entsprechend wachsen die Staatsschulden so schnell wie noch nie zuvor.
Zum Vergleich: George W. Bush hat in seiner Amtszeit mehr neue Schulden angehäuft als sämtliche Präsidenten - von George Washington bis Bill Clinton - zusammen.
Und Obama wiederum wird ebenfalls mehr Schulden anhäufen als alle Präsidenten vor ihm. Einschliesslich GWB.
Das erklärte Ziel dieser Neuverschuldung ist, die Rettung des Finanzsystems, die Rettung der Wirtschaft, der Konsumenten, der Immobilienbesitzer.
Frei nach Keynes besteht die Idee darin, dass der Staat als Kreditnehmer einspringt, wo Konsumenten und Wirtschaft ausfallen. Private Bauaufträge werden z.B. durch vermehrte öffentliche Bauaufträge kompensiert, um Arbeitslosigkeit in der Bauindustrie zu vermeiden.
Hinzu kommen direkte Wirtschaftsförderungen wie die allseits beliebte Abwrackprämie ("Cash for clunkers") oder Direktzahlungen beim Abschluss einer Neuhypothek.
Auch indirekt versucht die FED zu helfen. Indem sie direkt Staatsanleihen aufkauft und somit den Preis von Staatsanleihen hoch, die Zinsen entsprechend niedrig hält.
Um dies alles zu erreichen, waren Billionen von Dollars nötig. Geschätzte 8600 Mrd., was rund 2/3 des US BSP ausmacht.
Die Erfolge dieser Bailouts sind in den Charts zu bewundern. Das Geld hat lediglich gereicht, um die Märkte über Wasser zu halten. Ein nachhaltiger Aufschwung ist aber nicht in Sicht.
So langweilig der Chart des letzten Jahres auch aussehen mag: Hinter den Kulissen ist es alles andere als langweilig. Der ideologische Kampf zwischen Bulle und Bär brodelt fast heftiger als je zuvor. Die Meinungen, wie es weitergehen könnte, gehen weit auseinander und gehen von "Beginn eines neuen Bullenmarktes" bis "Weiteres Abgleiten in die Depression".
Der Markt nimmt bekanntlich die Zukunft voraus. Doch was antizipiert der Markt im Moment?
Der Marktkonsens dürfte in etwa lauten: "Schwaches Wirtschaftswachstum aber immerhin ein Wachstum. " Insofern ist derzeit weder ein Bullenmarkt noch ein erneutes Abgleiten in eine neue Rezession eingepreist.
Folgerung: Sollten sich Zeichen in die eine oder andere Richtung am Horizont anzeigen, dürften Kursausschläge von 20% nach oben oder unten problemlos möglich sein.
Die scheinbare Stabilität, die die Charts derzeit suggerieren ist also tückisch. Nur mit enormer Neuverschuldung, nur mit wahnsinnigen Geldmengen konnte das aktuelle Niveau überhaupt gehalten werden und auch dies nur, wenn wir die Indizes in Papierwährung betrachten. Denn eines liegt auf der Hand: Zunehmende Gelddruckerei vermindert den Wert der gedruckten Währung.
So erstaunt es uns nicht, dass im letzten Jahr, der SMI in Franken gerechnet zwar stabil blieb, in Gold gerechnet jedoch einen realen Verlust von rund 18% hinnehmen musste (von 6.15 auf 5.02 oz)
Wer kein Gold mag, kann dieselbe Rechnung übrigens gerne auch mit anderen Rohstoffen machen und z.B. SMI in Weizen, Reis, Erdöl oder Kupfer bewerten. Was immer Sinn und Spass macht. Das Ergebnis wird in etwa dasselbe sein.
Wir haben also im Wert sinkende Währungen, deren Märkte im selben Ausmass sinken.
Nominal, in der sinkenden Währung gerechnet, ist aber alles in Butter.
Da wir aber normaler Weise nur in Papiergeld rechnen, fällt uns das alles nicht auf.
Es ist deshalb gut möglich, dass in naher Zukunft die Märkte weniger stark fallen als die Währung. Entsprechend hätten wir in Papier gerechnet eine Inflation (steigende Kurse) gleichzeitig aber - in Gold gerechnet - eine Deflation (sinkende Kurse). Solange also Papiergeld noch Vertrauen geniesst und wir alles in Papier bewerten, ist die Welt für uns noch in Ordnung. Das kann sich noch lange so fortsetzen. Zumindest so lange, bis die Teuerung nachhaltig und unangenehm ansteigt und Inflationsangst wieder ein Thema wird wie in den 1970er Jahren.
Etwas erfreuliches:
In EURO gerechnet hat der SMI in den beiden letzten Jahren besser performt als DAX und der britische FTSE:
Man muss sich also nicht immer Sorgen machen, wenn z.B. der SMI in Franken weniger steigt als der Dow in Dollar. Vielleicht ist ja nur der Dollar gegenüber dem Franken gefallen, was die Differenz erklären würde.
Der kurzfristige Ausblick für September ist negativ.
Wir hatten seit April 2010 drei niedrigere Hochs (14. Mai, 18. Juni, 6. August) und der Aufwärtstrend seit Juli wurde gebrochen.
Kritisch wird die Marke von 5942, dem letzten Tief vom 5. Juli. Wenn sie hält, könnte der SMI gerne wieder auf 6200 steigen.
Wenn nicht, haben wir einen bestätigten Abwärtstrend mit Kursziel so um 5500.
Entlastung brächte hingegen ein Ausbruch über 6350.
Happy Trading
Marcus