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Erste Aktienstrategen haben sich bereits in den Weihnachtsurlaub verabschiedet. Allerdings nicht, ohne die Anlagekundschaft zuvor noch mit einem Ausblick auf das kommende Börsenjahr zu bescheren. Schon seit Wochen treffen beinahe täglich wieder neue Strategiepapiere ein.

Ich habe mich in den letzten Tagen durch viele dieser Studien durchgearbeitet. Was spontan ins Auge sticht: Ein Ausblick liest sich wie der nächste. Wäre ich der Lehrer und die Aktienstrategen die Klasse: Ich würde den Verdacht nicht los, dass die Schüler sich gegenseitig abgeschrieben haben.

Zumindest was die positive Haltung für die Aktienmärkte anbetrifft, hebt sich das Strategiepapier aus dem Hause Goldman Sachs auf den ersten Blick nicht vom Einheitsbrei anderer Banken ab. Dennoch möchte ich den Ausblick meinen Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten.

Denn sowohl in der Politik als auch bei den Notenbanken sitzen ehemalige Mitarbeiter der amerikanischen Investmentbank in wichtigen Schlüsselpositionen. Goldman Sachs gilt deshalb als das mächtigste Bankinstitut überhaupt. Auch bei uns treibt selbst grossen Marktakteuren der Angstschweiss auf die Stirn, wenn sich die Amerikaner als Gegenpartei zu erkennen geben.

Ausserdem unterscheidet sich der Ausblick von Goldman Sachs in einem Punkt grundlegend von jenen anderer Mitbewerber: Bei ihren 20 europäischen Schlüsselkaufempfehlungen verlassen sich die Verfasser nicht auf einen weiterhin steigenden Aktienmarkt. Viel eher setzen die Experten gezielt auf Aktien, welche im Laufe des nächsten Jahres zum Selbstläufer werden sollten.

Aus Schweizer Sicht sind überraschend die Papiere der Credit Suisse auf der "European Focus List" von Goldman Sachs zu finden. Auf Basis des 36,90 Franken lautenden 12-Monats-Kursziels errechnet sich ein Aufwärtspotenzial von atemberaubenden 53 Prozent.

In Anbetracht der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und des immer intensiveren Wettbewerbs zählen die Experten die Grossbank zu den Unternehmen, welche ihr Restrukturierungspotenzial noch nicht voll ausgeschöpft haben. Höhere Kurse erwarten sie auch, sollte sich die Credit Suisse doch noch zu einer strategischen Neuausrichtung entscheiden. In diese Gruppe gehören auch die Aktien von Schibsted, Safran und EON.

Sogar gleich dreimal fällt in der Strategiestudie der Name des Basler Pharmakonzerns Roche. Zum einen finden die Studienverfasser dank dem hohen Ergebnisbeitrag aus dem Dollarraum Gefallen an den Genussscheinen des Unternehmens. Auf einen Anlagehorizont von 12 Monaten trauen sie den Valoren einen Anstieg um 30 Prozent auf 360 Franken zu.

Für die Experten ist klar, dass der Euro gegenüber dem Dollar auf die Parität fällt. Aufgrund des von der SNB vor gut drei Jahren eingeführten Euro-Mindestkurses sollte sich dies hierzulande in einem substanziell höheren Greenback entladen. Neben den Bons von Roche zählen auch die Aktien von Shire und ARM Holdings zu dieser Gruppe.

Auch bei den Unternehmen mit hohen Barmitteln, günstigen Finanzierungsmöglichkeiten und damit verbundenen Möglichkeiten zur Schaffung von Aktionärswerten trifft man auf den Basler Pharmakonzern, gemeinsam mit Shire, SAP und L'Oréal.

Alle guten Dinge sind drei, muss man sich bei Goldman Sachs gedacht haben. Denn auch bei den Aktienempfehlungen für renditehungrige Anleger kommen die Strategen neben ProSiebenSat1, ARM Holdings, EON und BG Group auf die Bons von Roche zu sprechen.

Die Experten halten ein Rückkaufprogramm der Europäischen Zentralbank für europäische Staatsanleihen nach amerikanischem Vorbild für wahrscheinlich und rechnen deshalb mit einer anhaltenden Jagd nach Rendite. Beim Basler Traditionsunternehmen sehen sie Raum für positive Dividendenüberraschungen.

Im Bereich neuer Technologien werden die Aktien von SAP, Burberry, Schibsted und ARM Holdings und im Bereich struktureller Marktführer jene von Easyjet, Atlas Copco, Spectris, Novo Nordisk und BBVA empfohlen.

Die Genussscheine von Roche gehen als die absoluten Gewinner aus der Studie zu den Schlüsselkaufempfehlungen von Goldman Sachs hervor. Über die beiden produktseitigen Rückschläge bei den Baslern kurz vor dem Jahresende dürfte dies die ansonsten erfolgsverwöhnten Aktionäre dennoch nicht hinwegtrösten. Und auch jene der Credit Suisse müssen im Hinblick auf das kommende Jahr vermutlich noch einmal stark sein. Zur Stärkung der Eigenkapitalbasis wird die Zürcher Grossbank bei der Dividendenpolitik zurückbuchstabieren müssen. Selbst die Notwendigkeit einer weiteren Kapitalerhöhung ist noch nicht vom Tisch.

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Während andere europäische Börsen unter dem Ölpreiszerfall leiden, ist der Schweizer Aktienmarkt fein raus. Unternehmen aus der Öl- und Gasindustrie sind bei uns nur "unter ferner liefen" zu finden. Dasselbe gilt für solche mit einem hohen Ergebnisbeitrag aus krisengebeutelten Ländern wie Russland.

Doch gerade die Aktionärinnen und Aktionäre von UBS und Credit Suisse sollten sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. Zwar sind die Kreditengagements der beiden Grossbanken in Russland überblickbar, nicht so jedoch jene in Osteuropa.

Darüber hinaus drohen im Öl- und Gassektor Firmenkollapse, sollte sich der Ölpreis nicht rasch wieder von seinem Einbruch erholen. Denn einer Strategiestudie aus dem Hause Citigroup entnehme ich, dass die Credit Suisse Ende 2012 Konsortialkredite an Schuldner aus diesem Bereich im Gegenwert von 18,5 Milliarden Dollar und die UBS solche im Umfang von 12,5 Milliarden Dollar ausstehend hatten. Seither dürften diese Engagements noch einmal kräftig gewachsen sein. Diese Vermutung lässt zumindest die Goldgräberstimmung der letzten Jahre in Nordamerika zu.

Ich will an dieser Stelle nicht den Teufel an die Wand malen. Nur soviel: Anlegerinnen und Anleger sind bei den Aktien von UBS und Credit Suisse gut beraten, auch die vom Ölpreisschock ausgehenden Risiken in ihre Investitionsentscheide einfliessen zu lassen. Mal schauen wie lange es dauert, bis erste Branchenanalysten auf diese Problematik aufmerksam werden.