Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

+++

Die Nasdaq mit Sitz in New York wird in diesen Tagen 50 Jahre alt. Die Jubilarin hat sich gut gehalten, blickt sie doch auf eine eher bewegte Vergangenheit zurück – begleitet von Höhen und Tiefen. Doch just zum runden Geburtstag feiert ihr Leitindex Nasdaq Composite Index einen Rekord nach dem nächsten. Ein Zufall?

Durchschnittlich liess sich in all den Jahren eine jährliche Rendite von etwas mehr als 10 Prozent erzielen. Dazu brauchte es allerdings einen langen Atem. So sollte es nach dem Platzen der Dotcom-Blase ziemlich genau 15 Jahre dauern, bis der Nasdaq Composite Index wieder zum Rekordhoch vom März 2000 aufschliessen konnte. Wer auf die falschen Börsenüberflieger setzte und darauf sitzen blieb, erlitt damals gar einen Totalverlust. Das zeigt: Auch an der Börse liegen Erfolg und Misserfolg manchmal erschreckend nahe beieinander.

Den in Franken rechnenden Anlegerinnen und Anleger machte in den 50 Jahren zudem der Dollar einen ziemlichen Strich durch die Rechnung. Zur Erinnerung: Kostete ein Dollar im Februar 1971 knapp viereinhalb Franken, waren es zuletzt keine 90 Rappen mehr.

Alleine schon der Höhenflug des Nasdaq Composite Index in den letzten 10 Jahren ist beeindruckend (Quelle: www.cash.ch)

Dennoch ziehen die an der Nasdaq gehandelten Wachstumsunternehmen noch immer im grossen Stil Gelder aus allen möglichen Weltregionen an. Gelder, die dann etwa auch am Schweizer Aktienmarkt schmerzlich fehlen. Bis heute konnte der Swiss Market Index (SMI) noch nicht wieder zum Rekordhoch vom Februar letzten Jahres aufschliessen. Gut, das mag auch daran liegen, dass Dividendenabgänge beim SMI nicht aufgerechnet werden. Das ist allerdings auch beim Nasdaq Composite Index so, wobei amerikanische Wachstumsunternehmen jetzt nicht gerade für eine grosszügige Dividendenpolitik bekannt sind.

Interessant ist, dass sich um einige Nasdaq-Schwergewichte wie Apple, Tesla oder Alphabet mittlerweile ziemlich abenteuerlich anmutende Spekulationen ranken. Denn nur so lassen sich überhaupt noch höhere Kurse rechtfertigen.

Bei Tesla werden Firmenchef und reichster Mann der Welt, Elon Musk, grosse Pläne nachgesagt. Angeblich will er den Elektroautomobil-Pionier mit SpaceX, Neuralink und der Boring Company verschmelzen. Ob die Tesla-Aktionäre so etwas mittragen würden? Ich wage es zu bezweifeln. Erst vor wenigen Tagen sorgte das Unternehmen für Schlagzeilen, als es der amerikanischen Börsenaufsicht SEC gegenüber offenlegte, für den Betrag von 1,5 Milliarden Dollar Bitcoin erworben zu haben.

Um Elektromobile und den Bitcoin dreht sich auch alles bei Apple. Der für die Royal Bank of Canada tätige Analyst Mitch Steves sieht das amerikanische Kultunternehmen im Zuge eines Ausbaus der Zahlungsabwicklungsdienstleistungen ins Geschäft mit Kryptowährungen vorstossen. Steves verspricht sich davon Zusatzerträge in Höhe von mehr als 40 Milliarden Dollar – jährlich, versteht sich. Er nimmt deshalb die Wiederabdeckung der Aktien mit "Outperform" und einem rekordhohen Kursziel von 171 Dollar auf.

Anders verhält es sich bei Alphabet. Schon seit Wochen halten sich hartnäckige Gerüchte, wonach sich das Mutterhaus von Google in fünf künftig voneinander unabhängige Unternehmen aufspalten könnte. Wie Analyst Brian Nowak von Morgan Stanley vorrechnet, müsste Alphabet an der Börse so über Nacht eigentlich fast 50 Prozent mehr Wert sein.

Was an der New Yorker Börse die Aktien von Apple, Tesla oder Alphabet, sind hierzulande übrigens jene der Versandapotheke Zur Rose, des Dentalimplantateherstellers Straumann oder des seit Jahren erfolgreichen Peripheriegerätespezialisten Logitech. Auch diese Wachstumsaktien klettern von einem Rekord zum nächsten – halt ganz nach amerikanischem Vorbild.

Und hiesige Analysten tun das ihre, um das Kursfeuer am Leben zu erhalten. Bei den Aktien von Zur Rose setzte Merrill Lynch mal eben schnell neue Massstäbe. Die amerikanische Investmentbank bekräftigte ihre Kaufempfehlung. Sie traut den Papieren der Versandapotheke neuerdings sogar einen Vorstoss auf 600 (zuvor 500) Franken zu.

Bei den Aktien von Zur Rose wurden gestern Dienstag kurz vor Börsenschluss erstmals Kurse von 500 Franken bezahlt (Quelle: www.cash.ch)

Bei Logitech meldet sich hingegen Jörn Iffert zu Wort. Nach einer Road-Show mit niemand geringerem als Firmenchef Bracken Darrell ist der UBS-Analyst voller Lobes. Im Tagesgeschäft verspüre das Unternehmen weiterhin Schwung, so hält Iffert fest und rechnet auch weiterhin mit starken Zahlenkränzen und einem erfreulichen Investorentag. Dass er die Aktien wie bis anhin nur mit "Neutral" und einem 12-Monats-Kursziel von 90 Franken einstuft, passt da nicht so richtig ins Bild.

Doch auch die Papiere von Straumann erhalten viel Zuspruch. Erst am Montag stufte der für die Deutsche Bank tätige Analyst Falko Friedrichs diese mit einem Kursziel von 1250 (zuvor 940) Franken von "Hold" auf "Buy" herauf. Er berichtet von einem starken Patientenaufkommen in Zahnarztpraxen während der zweiten Covid-19-Welle und geht damit verbunden von einer Rückkehr des Dentalimplantateherstellers aus Basel auf den Wachstumspfad aus.

Unter uns gesagt: Der Höhenflug dieser Schweizer Gipfelstürmer ist beeindruckend und beängstigend zugleich. Allen Unkenrufen zum Trotz scheint selbst die seit Monaten wieder steigende Rendite zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen den Wachstumswerten nicht zusetzen zu wollen – selbst wenn steigende Zinsen als Gift für dieses Titelsegment gelten. Das wiederum bringt uns zu den "teuersten" Worten der Finanzwelt: "This time it's different...!"

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.