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Goldman Sachs gilt als die mächtigste Grossbank der Welt. Sowohl bei den führenden Zentralbanken als auch in der Politik sitzen ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens in Schlüsselpositionen. Um Goldman Sachs ranken sich folglich die abstrusesten Gerüchte und die wildesten Verschwörungstheorien.

Wartet die Grossbank hierzulande mit einer aggressiven Kauf- oder Verkaufsempfehlung auf, dann wird ihr für gewöhnlich eine gewaltige Präsenz in den Finanzmedien zuteil. Das wiederum ruft Trittbrettfahrer auf den Plan, was in der betroffenen Aktie zu Kursverschiebungen von mehreren Prozent führen kann.

Es überrascht deshalb, dass die am Freitag zu ABB veröffentlichte Unternehmensstudie keine höheren Wellen wirft. Denn diese hat es in sich: Die Studienverfasserin setzt die Aktien des in Zürich beheimateten Industriekonzerns auf die berühmt-berüchtigte "Conviction Sell List" und bekräftigt das 16 Franken lautende 12-Monats-Kursziel.

Auch wenn die Expertin es nicht explizit schreibt, so lässt sie zumindest durchblicken, dass sie am kommenden Donnerstag mit einem enttäuschenden Quartalsergebnis rechnet. Ihre Prognose für den operativen Gewinn liegt auf Stufe EBITDA um 4 Prozent unter den jeweiligen Konsensschätzungen.

Auch eine eventuelle Reduktion der mittelfristigen Wachstumsziele wird in der Studie angedeutet. Bei Goldman Sachs wird das organische Umsatzwachstum für die kommenden fünf Jahre auf jährlich 1,6 Prozent geschätzt. Erst im vergangenen September präsentierte ABB anlässlich des jährlichen Investorentags ein neues mittelfristiges Wachstumsziel von 4 bis 7 Prozent.

Wie mir gesagt wird, liegt diesem Zielband ein durchschnittlicher Rohölpreis von 100 Dollar je Fass zugrunde. Davon sind wir mittlerweile weit entfernt, was bei ABB Folgen für die Auftragslage haben wird.

Die für Goldman Sachs tätige Expertin geht mit ihrer Argumentation jedoch noch um einiges weiter. Sie sieht rund die Hälfte des Jahresumsatzes den Folgen einer geringeren Investitionsbereitschaft bei Grosskunden aus der Öl- und Gasindustrie, dem Bergbau und der Stromindustrie ausgesetzt. In weiteren 30 Prozent habe das Traditionsunternehmen mit einem immer intensiveren Wettbewerb aus den Schwellenländern, insbesondere aus China, zu kämpfen. Ungemach drohe auch im Zusammenhang mit Problemen bei der Projektumsetzung im Bereich Power Systems.

Eine Vertrauensbekundung erhält ABB in diesen Tagen hingegen vom Grossaktionär Investor AB. Eigenen Angaben zufolge hat die Beteiligungsgesellschaft der Industriellen-Familie Wallenberg ihr Aktienpaket im Laufe des vierten Quartals ausgebaut. In was für einem Ausmass ist nicht bekannt. Der letzten Offenlegungsmeldung an die Schweizer Börse SIX ist zu entnehmen, dass Investor AB gut 8 Prozent der Stimmen kontrolliert.

Faktoren wie der Ölpreiszerfall und der starke Franken sind zwar nicht neu und mitunter ein Grund, weshalb die Aktien von ABB alleine seit Jahresbeginn knapp 16 Prozent verloren haben. Eine weitere Ergebnisenttäuschung oder eine Reduktion der firmeneigenen Mittelfristziele nach nur wenigen Monaten könnte den Papieren allerdings noch einmal zusetzen.

Die Analystin von Goldman Sachs bewies in den letzten Jahren ein feines Gespür für ABB. Ahnt sie im Hinblick auf die Quartalsergebnispräsentation vom Donnerstag eventuell sogar etwas?

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Obschon sich die Ereignisse an den Finanzmärkten schon seit Wochen überwerfen, ist der Goldpreis zuletzt vom bisherigen Jahreshöchst zurückgefallen.

Mit Ausnahme von Berichten rund um aggressive Käufe seitens der russischen Zentralbank ist es in den Medien ungewöhnlich ruhig, was das Edelmetall anbetrifft.

Geht es nach den Wirtschaftsökonomen von Natixis, dann hat der jüngste Anstieg des Goldpreises allerdings Signalwirkung für Europa und den Euro. Denn in Dollar betrachtet habe das Edelmetall seit Jahresbeginn um 7,5 Prozent zugelegt. In Euro sei der Anstieg sogar noch extremer, wobei sich die Preisentwicklung überraschend von jener der zweijährigen Realzinsen losgelöst habe.

Für die Experten ist klar: Entweder zieht die Teuerung in den kommenden Monaten in Europa deutlich an, oder aber der Euro werde zum Dollar wieder an Terrain gutmachen.

Da das erste aus heutiger Sicht sehr unwahrscheinlich sei, und sich der Goldpreis in Dollar betrachtet selten irre, deute alles darauf hin, dass der Eurokurs zu tief sei und er sich früher oder später wieder erhole. In diese Richtung deute auch die Differenz zwischen den Realzinsen in Europa und jenen in Übersee, so die Wirtschaftsökonomen von Natixis.

Eine Erholung des Euros hätte auch aus Schweizer Sicht Auswirkungen auf das Währungsgefüge - auch wenn der SNB-Mindestkurs endgültig der Vergangenheit angehört.

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