In eigener Sache: Die nächste Kolumne erscheint am Freitag, 2. Mai 2014, wie gewohnt um 12:30 Uhr. Ich wünsche Ihnen bis dahin eine gute Zeit.

Ihr cash Insider


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Es ist kein Geheimnis, dass der Schweizer Aktienmarkt fest in angelsächsischer Hand ist. Für mächtige amerikanische Investmentbanken wie Morgan Stanley, JP Morgan oder Goldman Sachs sind die hiesigen Akteure nichts weiter als Manövriermasse. Wenn es sein muss, werden selbst grosse Versicherungen oder Pensionskassen an die Wand gespielt.

Dass das keine Übertreibung ist, erfahre ich beinahe täglich am eigenen Leib. Kommt es an unserem Heimmarkt bei einzelnen Aktien zu grösseren Kursverschiebungen, dann wissen meine Kontakte in London sehr oft mehr als die hiesigen.

Seit gestern Nachmittag wird mir nun bei Swiss Re von aggressiven Käufen aus dem angelsächsischen Raum und im gleichen Atemzug von grösseren Umschichtungen innerhalb des europäischen Versicherungssektors berichtet.

Für Licht ins Dunkel sorgen für einmal allerdings von mir sehr geschätzte Kontakte aus der Heimat. Aus Genf trifft eine Sektorenstudie aus dem Hause Morgan Stanley ein. In der Studie stufen die Verfasser die Namenaktien des Schweizer Rückversicherungskonzerns von «Equal-weight» auf «Overweight» hoch. Nach einer Aufwärtsrevision der diesjährigen Gewinnschätzungen um gut 5 Prozent beziffern die Experten das Kursziel neu auf 82,90 (81,80) Franken.

Unter Ausklammerung des technischen Ergebnisses im Sachrückversicherungsgeschäft sei bis weit ins kommende Jahr hinein mit einem höheren Gewinn zu rechnen. Das wiederum lasse auf eine weiterhin grosszügige Dividendenpolitik schliessen. Alleine für das laufende Geschäftsjahr prognostizieren die Experten neben einer ordentlichen Dividende von 4,25 Franken je Aktie eine Sonderdividende von 2,50 Franken. Und für das Folgejahr gehen sie von einer ordentlichen Dividende von 4,70 Franken sowie einer weiteren Sonderdividende von 2 Franken pro Titel aus. Die Annahmen für die beiden Jahre liegen deutlich über den Konsensschätzungen für die Dividende.

In der Sektorenstudie rät Morgan Stanley der eigenen Anlagekundschaft zu Umschichtungen aus den Aktien von Munich Re in jene von Swiss Re.

Interessant ist auch ein mir aus Zürich zugespielter Kommentar von JP Morgan. Im Kommentar reduziert der viel beachtete Verfasser im Hinblick auf die Quartalsergebnispräsentation vom kommenden Mittwoch seine Gewinnschätzungen zwar von 1,27 auf 1,19 Milliarden Dollar, um einem geringeren Ergebnisbeitrag aus dem Lebensrückversicherungsgeschäft Rechnung zu tragen. Mit seinen neuen Schätzungen liegt der Experte aber noch immer substanziell über den bei 0,95 Milliarden Dollar liegenden Konsensschätzungen. Mit anderen Worten: JP Morgan traut Swiss Re durchaus eine weitere Ergebnisüberraschung zu.

Dass sich die Angelsachsen im Vorfeld der Quartalsergebnispräsentation beim in Zürich beheimateten Rückversicherungskonzern einnisten, ist sicher ein gutes Zeichen. Nicht zuletzt aufgrund ausbleibender Naturkatastrophen ist von einem weiteren ansprechenden Zahlenkranz auszugehen. Fragen dürfte hingegen einmal mehr die Ergebnisqualität aufwerfen, sind doch noch einmal im grossen Stil Reserveauflösungen zu erwarten.

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Mit der gestrigen Ergebnisenttäuschung erwischte ABB zahlreiche Analysten auf dem falschen Fuss. Nach der Rückstufung der Namenaktien von «Übergewichten» auf «Marktgewichten» durch die Zürcher Kantonalbank, werfen heute zwei weitere Experten das Handtuch.

Bei Merrill Lynch wird die Anlageempfehlung heute von «Buy» auf «Neutral» gesenkt und das Kursziel auf 23 (27) Franken zusammengestrichen. Das Unternehmen müsse nun den Beweis antreten, dass es die Probleme im Bereich Power Systems in den Griff bekomme. Erst dann sei mit einer Neubeurteilung und –bewertung der Papiere zu rechnen.

Noch einen Schritt weiter geht man bei RBC Capital Markets. Der für das kanadische Bankinstitut tätige Experte stuft die Aktien mit einem Kursziel von 20 (23) Franken von «Sector Perform» auf «Underperform» zurück. Den Bereich Power Systems auf neue Beine zu stellen sei mit grösseren Herausforderungen verbunden als gedacht. Während der Auftragsbestand im Jahresvergleich um 10 Prozent rückläufig sei, würden viele seiner Berufskollegen im Jahresverlauf noch immer von einer positiven Umsatzentwicklung ausgehen. Bei den Konsensschätzungen gebe es daher weiteren Korrekturbedarf.

Auch wenn es die Verantwortlichen von ABB vermutlich nicht gerne hören: Der für die ersten drei Monate vorgelegte Zahlenkranz legt schonungslos offen, dass noch immer eine ganze Menge Arbeit vor ihnen liegt. Einmal mehr wird die Geduld der Aktionäre auf eine harte Probe gestellt. Auch wenn sich die Verantwortlichen noch immer dagegen sträuben – um einen strategischen Befreiungsschlag kommen sie wohl nicht mehr länger herum.

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Für Schlagzeilen sorgt heute eine Unternehmensstudie von JP Morgan zu Novartis. Darin stuft der verantwortliche Experte die Namenaktien von «Neutral» auf «Overweight» hoch. Den Atem verschlägt einem vor allem das neu mit 90 (76) Franken angegebene Kursziel.

Dank der vergangene Woche bekanntgegebenen strategischen Neuausrichtung und dem kommerziellen Potenzial des sich noch in der Entwicklung befindlichen Medikaments LCZ696 gegen akutes Herzversagen sagt der Experte den Papieren deutliches Aufwärtspotenzial nach.

Noch bis vor wenigen Jahren wurden die Aktien von Novartis auf einen 12-Monats-Horizont mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von maximal 12 gehandelt. Selbst unter Einbezug der ambitiösen bankeigenen Schätzungen von JP Morgan für das kommende Jahr leitet sich vom Kursziel von 90 Franken ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 17 ab.

Meines Erachtens muss sich der Basler Pharmakonzern ziemlich ins Zeug legen und mit der strategischen Neuausrichtung substanzielle Aktionärswerte generieren, damit sich eine solche Bewertung überhaupt rechtfertigen lässt.