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An der Börse läuft längst nicht immer alles so, wie man sich das gerne vorstellt. Selbst eine gewisse Nähe zu einem Unternehmen muss nicht unbedingt von Vorteil sein. Diese schmerzhafte Erfahrung musste vergangene Woche auch der für Helvea tätige Analyst machen.

Anfang Monat stufte er die Aktien des Telekommunikationskonzerns Ascom mit einem Kursziel von 25 (17,50) Franken von "Hold" auf "Buy" hoch. Um seiner Kaufempfehlung Nachdruck zu verleihen, setzte der Experte die Papiere auch gleich auf die Favoritenliste.

Mit dem sich abzeichnenden Verkauf des Sorgenkinds Network Testing verschreibe sich das Unternehmen voll und ganz dem rentablen Bereich Wireless Solutions. Dies wiederum werde zu einem deutlichen Anstieg der Kapitaleffizienz führen, so schrieb er damals. An diesem Tag kletterten die Aktien vorübergehend auf 20,85 Franken und damit auf den höchsten Stand seit mehr als acht Jahren.

So weit, so gut. Nun musste Ascom vergangene Woche überraschend einräumen, dass der Jahresgewinn unter jenem vom Vorjahr ausfallen werde. Der Grund: Ein führender Mobilfunkanbieter hatte im Bereich Network Testing einen 8 Millionen Franken schweren Auftrag ins nächste Jahr verschoben.

Die Anleger zögerten nicht lange und schickten die bis dahin äusserst beliebten Papiere auf Talfahrt. Innerhalb von gerade mal fünf Handelstagen büsste der Berner Telekommunikationskonzern knapp 20 Prozent seines Börsenwerts ein.

Am vergangenen Freitag warf der Analyst entnervt das Handtuch, stufte die Aktien mit einem Kursziel von 19 (25) Franken von "Buy" auf "Hold" herunter und strich sie wieder von der Favoritenliste.

Für den Experten steht fest: Die Gründe für den tiefer als erwarteten Jahresgewinn liegen nicht alleine beim Sorgenkind Network Testing. Auch im Bereich Wireless Solutions hätten sich die Aussichten zuletzt eingetrübt. Das sei irritierend, handle es sich dabei doch um nichts Geringeres als um das zukünftige Kerngeschäft.

Rückblickend erwischte Ascom den viel beachteten Analysten von Helvea eiskalt. Auf den Zeitpunkt seiner Kaufempfehlung bezogen höchst unglücklich, befindet er sich allerdings in guter Gesellschaft. Auch der für die UBS tätige Berufskollege hat eine Kaufempfehlung für die Aktien ausstehen.

Selbst Tito Tettamanti dürfte vergangene Woche nicht schlecht gestaunt haben. Erst Anfang August meldete sich der bekannte Tessiner Financier nach Jahren beim Telekommunikationskonzern zurück. Wie der aktuellsten Offenlegungsmeldung an die Schweizer Börse SIX entnommen werden kann, ist Tettamanti über Sterling Strategic Value mit 3,06 Prozent beteiligt. Wie im Berufshandel vermutet wird, dürfte der Grossaktionär vor dem jüngsten Kursrücksetzer sogar noch zugekauft haben.

Es ist beruhigend zu sehen, dass auch bekannte Analysten oder Financiers vom Schlag Tito Tettamantis an der Börse mal danebengreifen. Das macht diese umso menschlicher.

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Bei den Aktionären von AMS liegen die Nerven blank. Entsprechen die von der "Finanz und Wirtschaft" kolportierten Spekulationen der Wahrheit, geht dem im österreichischen Unterpremstätten beheimateten Halbleiterunternehmen beim Grosskunden Apple weiteres Geschäftsvolumen verloren.

Dass der grosse amerikanische Hersteller von Tablet-PC und Smartphones seine Zulieferer vertraglich zu Stillschweigen verpflichtet, ist kein Geheimnis. Diese dürfen nicht einmal bestätigen, überhaupt für die Amerikaner tätig zu sein - geschweige denn, über das Geschäftsvolumen zu sprechen.

Um dem jüngsten Kurszerfall entgegenzuwirken, zeigte man sich bei AMS überrascht von den Spekulationen. Und um der Überraschung Nachdruck zu verleihen, bekräftigte das Unternehmen den im Oktober im Zuge der Quartalsergebnisveröffentlichung abgegebenen Ausblick für das Schlussquartal.

Das mag auf den ersten Blick ein kluger Schachzug gewesen sein. Schliesslich setzten die Aktien am Freitag zu einer Gegenbewegung um 6,5 Prozent auf 32,15 Franken an. Allerdings spielt die Geschäftsleitung mit dem Feuer. Verhält es sich mit dem gefährdeten Geschäftsvolumen nämlich wie mit dem ebenfalls von der "Finanz und Wirtschaft" aufgedeckten Verlust eines Sockelauftrags für NFC-Bauteile, dürften die Folgen erst Monate später zu spüren sein.

Auch damals wähnten sich die Aktionäre anfänglich in falscher Sicherheit. Ein weiteres Mal würden sie der Geschäftsleitung ein nachträgliches Zurückkrebsen vermutlich nicht verzeihen. Auch für Unternehmen gilt: Die eigene Glaubwürdigkeit ist das wertvollste aller Güter.
 

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