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Bis Ende Januar dauert es zwar noch ein paar Tage, aber es zeichnet sich am Schweizer Aktienmarkt schon heute ein Rekord ab: Noch nie zuvor gingen bei der Börsenbetreiberin SIX so viele Offenlegungsmeldungen bedeutender Aktionäre ein.

Nicht nur die Anzahl der Pflichtmeldungen ist rekordverdächtig. Überraschend vielen Meldungen liegt auch effektiv ein Kauf oder Verkauf von Aktien zugrunde. Denn nur allzuoft verbergen sich Wertpapierleihgeschäfte von Blackrock, dem Staatsfonds Norwegens oder anderen Grossinvestoren hinter den Beteiligungsveränderungen. Signalwirkung geht von diesen Geschäften keine aus.

Die Nachricht des heutigen Tages ist der überraschende Ausstieg von White Tale bei Clariant. Die oppositionelle Aktionärsgruppe verkauft ihr 24,99-Prozent-Paket für eine nicht genannte Summe an Saudi Sabic, einem Chemiegiganten aus dem Nahen Osten.

Die Transaktion liefert zwei wichtige Erkenntnisse: Zum einen scheinen die Amerikaner in den letzten Wochen tatsächlich weitere Aktien zugekauft zu haben (siehe "Clariant, AMS und Co. Ziel von Spekulationen" vom 23. Januar) und zum anderen ging es den Amerikanern wohl von Anfang an bloss ums schnelle Geld.

Aus Sicht der Spekulanten entzaubert der Ausstieg von White Tale die Clariant-Aktien etwas. (Quelle: www.cash.ch)

Was die Saudis nun mit dem Spezialitätenchemiehersteller aus dem Baselbiet vorhaben, darüber lässt sich bloss spekulieren. Mit ihren milliardenschweren Barmitteln liesse sich eine vollständige Übernahme zwar problemlos stemmen. Da es sich bei Saudi Sabic um ein langjähriges Partnerunternehmen von Clariant handelt, könnte aber auch alles bleiben, wie es ist.

Bereits gestern erfolgte eine Meldung an die SIX, wonach der für seine aktive Einflussnahme bei Unternehmen bekannte Vermögensverwalter Veraison die am Automobilzulieferer Komax gehaltene Beteiligung von 4,81 auf unter 3 Prozent reduziert habe. Es sollte bis weit in den Nachmittag dauern, bis der langjährige Grossaktionär selbst die Öffentlichkeit in einer knapp gehaltenen Pressemitteilung davon in Kenntnis setzte.

Ich vermute, dass Veraison mittlerweile ganz bei Komax ausgestiegen ist. Der Verkaufserlös - oder zumindest ein Teil davon - dürfte in Aktien von Zehnder fliessen. Mitte November war der Vermögensverwalter mit 3,17 Prozent beim Hersteller von Heizkörpern eingestiegen. Verhält es sich wie bei früheren Beteiligungsnahmen, wird dieses Aktienpaket in einem zweiten Schritt auf über 5 Prozent ausgebaut (siehe auch "Von ersten Ergebnisspekulationen und sonstigen Gerüchten" vom 8. Januar).

Bereits eingehend in den (Finanz-)Medien breitgeschlagen wurde der Rückzug der Partners Group bei der VAT Group. Der "Ausstieg auf Raten" überrascht mich nicht, konnte der Risikokapitalspezialist seinen ursprünglichen Einsatz doch mehr als verdreifachen.

Kurs nach der jüngsten und letzten Aktienplatzierung hat sich Massachusetts Mutual Life als Grossaktionär zu erkennen gegeben. Der bekannte kanadische Lebensversicherer hält 3,5 Prozent der Stimmen.

Grösster Aktionär des im April vor zwei Jahren an die Börse gebrachten Vakuumventileherstellers bleibt der Schweizer Medizinaltechnik-Pionier Rudolf Maag mit gut 10 Prozent.

Hinter den Beteiligungsreduktionen von Norwegens Staatsfonds von 3,08 auf 3,04 Prozent beim Börsendebütanten Landis+Gyr sowie von 3,1 auf 2,98 Prozent beim Backwarenhersteller Aryzta verbergen sich für einmal keine Wertpapierleihgeschäfte. Die Skandinavier haben sich tatsächlich bei beiden Unternehmen von Aktien getrennt - als hätten sie die heutige Gewinnwarnung bei Aryzta bereits erahnt.

Seit Dienstag ist bekannt, dass die amerikanische Unternehmenssteuerreform bei Landis+Gyr im laufenden Jahr zu einer Entlastung von umgerechnet rund 21 Millionen Franken führen könnte. Dem Unternehmen zufolge ist der genaue Betrag aber noch von umfangreichen Detailregelungen abhängig.

Im November bewies der dänische Milliardär Kirk Kristiansen Mut, als er sich über sein Family Office mit 3,42 Prozent am Hersteller von Stromzählern beteiligte. Spekulationen, wonach der Lego-Erbe gerade an schwächeren Tagen als Käufer in Erscheinung trete, halten sich hartnäckig.

Gleich zwei neue und nicht minder hochkarätige Grossaktionäre hat Ascom zu vermelden. Kempen Capital hält 3,05 Prozent, die mächtige Capital Group sogar 5,13 Prozent der Stimmen. Dass beim Berner Telekommunikationskonzern innerhalb weniger Wochen mehrere Grossaufträge eingegangen sind, hat sich mittlerweile auch im Ausland herumgesprochen.

Darüber hinaus beträgt die Marktkapitalisierung von Ascom erstmals mehr als eine Milliarde Dollar. Unter diesem Schwellenwerte erscheinen Unternehmen bei vielen angelsächsischen Grossinvestoren gar nicht erst auf dem Radarschirm.

Bei U-blox hat der geheimnisumwitterte Käufer endlich einen Namen: Einer Offenlegungsmeldung zufolge hält Baillie Gifford neu 5,53 (zuvor 3,05) Prozent der Stimmen.

Hierzulande dürfte der schottische Vermögensverwalter nur den wenigsten ein Begriff sein. Allerdings zählt er hochkarätige Grossinvestoren zu seiner Kundschaft - darunter fünf der sieben grössten Pensionskassen der Vereinigten Staaten. In der Vergangenheit machte Baillie Gifford zudem als Grossaktionär des Dentalimplantateherstellers Straumann und Swisslog, einem mittlerweile ins Ausland verkauften Anbieter von Logistiklösungen, von sich reden.

Ein Rückzug von Finanzinvestoren zeichnet sich auch beim Sensorenhersteller AMS ab. Seit wenigen Tagen gehen der Singapurer Staatsfonds Temasek und Granite Global Ventures getrennte Wege. Im Zuge eines Firmenverkaufs haben sich die beiden ehemaligen Heptagon-Aktionäre mit 19,7 Prozent an AMS beteiligt. Ende Januar läuft die Verkaufssperre auf der zweiten von drei gleich grossen Tranchen aus (siehe "Clariant, AMS und Co. Ziel von Spekulationen" vom 23. Januar).

Die kursseitigen Anzeichen häufen sich, dass die Heptagon-Aktionäre bei AMS Kasse machen könnten. (Quelle: www.cash.ch)

Unklar ist, ob sich Granite Global Ventures bereits über den offenen Markt von Aktien getrennt hat. Denn in der Offenlegungsmeldung an die SIX wird nur noch Temasek namentlich erwähnt - mit 16,09 Prozent der Stimmen.

Vermutlich wissen wir bei AMS schon bald mehr...
 

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