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Auch in der Schweiz dreht sich das Übernahmekarussell immer weiter: Nach der Übernahme der National-Versicherung durch die Grossaktionärin Helvetia, dem von Swisscom für sich entschiedenen Bieterstreit um PubliGroupe und dem Zusammenschluss von Holcim mit der französischen Rivalin Lafarge, fallen mit Nobel Biocare und Swisslog zwei weitere bestens bekannte Unternehmen in ausländische Hände.

Einzig in der stark fragmentierten und daher geradezu für Übernahmen prädestinierten Chemieindustrie wartete man bislang vergeblich auf die Bekanntgabe von Firmentransaktionen. Kein Wunder rückten gegen Ende letzte Woche mit Lonza und Clariant gleich zwei Vertreter aus diesem Industriezweig ins Zentrum von Übernahmespekulationen. Als mögliche Käufer mussten neben der deutschen Evonik wie gewohnt auch BASF und DSM den Kopf herhalten.

Allerdings wurden die Kursavancen weder bei den Namenaktien von Lonza noch bei jenen von Clariant von auffälligen Derivattransaktionen begleitet. Für gewöhnlich sind solche ein guter Gradmesser dafür, ob solche Spekulationen von Substanz sind oder nicht. Dazu kommt, dass zumindest Clariant die sich selber verordnete Kur bereits hinter sich hat. Die Kosteneinsparmassnahmen sind längst implementiert und das Firmenportfolio ist weitestgehend an die neu definierten strategischen Geschäftsfelder angepasst.

Wahrscheinlicher ist, dass Syngenta die im Frühjahr abgebrochenen Verhandlungen mit dem US-Rivalen Monsanto wiederbelebt. Die wettbewerbsrechtlichen Auflagen für einen solchen Schulterschluss sind allerdings nicht zu unterschätzen. Eine Alternative für den Basler Agrarchemiehersteller bleibt eine Verschmelzung mit den ähnlich ausgerichteten Geschäftsaktivitäten von Dow Chemical oder DuPont. Wie aus Übersee zu hören ist, sind die beiden breit diversifizierten Chemiekonzerne durchaus verkaufswillig.

Weitere Übernahmen sind bei den Pharma- und Medizinaltechnikherstellern zu erwarten. Nachdem der Kauf von Nobel Biocare durch den US-Mischkonzern Danaher trotz vereinzeltem Widerstand aus dem Aktionariat unter Dach und Fach zu sein scheint, wird nun auch Straumann als potenzieller Übernahmekandidat gehandelt. Erst kürzlich bezeichnete der für Bernstein Research tätige Branchenexperte den Basler Dentalimplantatehersteller als solchen. Diese Meinung teilt man auch bei der Credit Suisse. Im selben Atemzug nennt die Grossbank Sonova als mögliches Ziel einer Übernahme aus dem Ausland. Der in Stäfa beheimatete Weltmarktführer für Hörgeräte wird von der Börse mittlerweile aber stolz bewertet.

Tief in die Tasche greifen müsste ein Käufer auch bei AMS. Verhandlungen über einen Zusammenschluss mit dem Rivalen Analog Devices scheiterten an zu unterschiedlichen Preisvorstellungen. Die starke Nachfrage nach den Produkten der in der Schweiz kotierten AMS macht aus dem Jäger immer mehr einen Gejagten. Als vermeintliche Käufer fallen so prominente Namen wie Analog Devices, Microchip Technology oder Texas Instruments. Darf man der MainFirst Bank Glauben schenken, dann müsste sich ein grosser amerikanischer Halbleiterhersteller die Gunst der Aktionäre mit einem Angebot von bis zu 72 Franken je Titel erkaufen.

Panalpina gerät schon seit Jahren immer wieder in den Sog von Übernahmespekulationen. Nicht ohne Grund, passt das in Basel beheimatete Transportunternehmen doch bei nahezu allen grossen Mitbewerbern wie DHL, UPS, FedEx, Deutsche Post und sogar Kühne + Nagel ins Beuteschema. Die MainFirst Bank hält die weltweite Präsenz von Panalpina für geradezu einladend und das erst kürzlich eingeführte SAP-System für einfach zu skalieren. Einzige Hürde bleibt die Goehner-Stiftung. Mit einer Beteiligung von 44 Prozent hätte die Grossaktionärin ein entscheidendes Wort mitzureden.

An dieser Stelle sei gesagt, dass Wetten auf potenzielle Übernahmekandidaten ganz klar einen spekulativen Charakter haben. Das Beispiel Nobel Biocare zeigt eindrücklich, dass es manchmal sogar Jahre dauern kann, bis ein solches Unternehmen auch tatsächlich zum Verkauf kommt. Und nur allzuoft erweisen sich Übernahmegerüchte wie bei Bâloise (Allianz), Logitech (Microsoft und Apple), Swiss Life (Axa und Generali) oder Temenos (SAP) im Nachhinein als substanzlos.

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Der Name Albert Edwards fällt oft im gleichen Atemzug mit Marc Faber oder Nouriel Roubini, gilt der für das Cross Asset Research der Société Générale tätige Stratege doch als notorischer Pessimist.

In seinem neusten Kommentar macht er seinem Ruf einmal mehr alle Ehre. Zwar sei es der US-Notenbank genauso wie der Europäischen Zentralbank (EZB) gelungen, die Inflationserwartungen der Märkte im bisherigen Rahmen zu halten. In Wahrheit sei den Währungshütern die Kontrolle über die Entwicklung des Preisniveaus allerdings längst entglitten, so der Experte. Weder dies- noch jenseits des Atlantiks sei es den Notenbanken gelungen, eine drohende Deflation nach japanischem Vorbild abzuwenden.

Den Marktakteuren werde nur langsam bewusst, in was für einem Schlamassel sich der Westen eigentlich befinde. Der Stratege rechnet deshalb weiterhin mit stark rückläufigen Aktienmärkten und überdurchschnittlich starken Anleihenmärkten, wie sie in den Neunzigerjahren in Japan zu beobachten gewesen sind. Der Experte gibt zu, dass es am dortigen Aktienmarkt zwischendurch immer wieder zu von Hoffnungen begleiteten Avancen gekommen sei. Solche Avancen seien aber nur allzuoft von Rückschlägen abgelöst worden.

Edwards warnt schon seit Jahren vor japanischen Verhältnissen in Europa und den USA. Zumindest was die Entwicklung des Preisniveaus anbetrifft, scheint der Stratege recht zu bekommen. Bleibt aus Anlegersicht zu hoffen, dass dies nicht auch für seine Prognose eines Rückschlags beim S&P-500-Index auf 450 Punkte gilt.