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Unternehmen trennt an der Börse manchmal nur ein schmaler Grat zwischen Erfolg und Misserfolg. Manchmal reicht schon ein schwaches Quartal, damit der Leistungsausweis mehrerer Jahre in Frage gestellt wird.

Gerade angelsächsische Grossinvestoren und ihre Schar von Trittbrettfahrern sind berüchtigt dafür, zum nächsten Unternehmen weiterzuziehen - immer auf der Suche nach dem schnellen Geld.

So zuletzt geschehen bei Leonteq. In den letzten Jahren galt der Anbieter von strukturierten Produkten als der Überflieger an der Schweizer Börse. Vom Zeitpunkt der Publikumsöffnung im Oktober 2012 bis zum vergangenen Sommer erfuhr der Börsenwert der ehemaligen Tochtergesellschaft von EFG International eine Verzehnfachung.

Leonteq verstand es in den letzten Jahren, immer neue Partnerfirmen an Bord zu holen. Weil das Unternehmen dabei auf dieselbe Technologieplattform zurückgreifen konnte, waren dem Geschäftsmodell schier keine Grenzen gesetzt. Das kam bei Anlegern und Aktienanalysten gleichermassen gut an. Nahe der Höchstkurse vom vergangenen Juli empfahlen nicht weniger als vier von fünf Banken die Aktien zum Kauf.

Womit damals niemand rechnete: Auf den beispiellosen Anstieg folgte kurzum ein Rückschlag nach dem nächsten. Den Anfang machten Aktienverkäufe aus dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung. Danach fällte das Bundesgericht ein dem Geschäftsmodell nicht gerade zuträgliches Urteil zur Rückforderung der Verrechnungssteuer auf Dividenden im Derivatgeschäft mit ausländischen Gegenparteien.

Den vorläufigen Tiefpunkt erreichte die noch junge Firmengeschichte am vergangenen Donnerstag, als Leonteq an der Jahresergebnispräsentation das Ende der Zusammenarbeit mit dem Partnerunternehmen DBS einräumen musste. Für diese Neuigkeit wurden die Aktien zeitweise mit einem Minus von mehr als 20 Prozent abgestraft.

Unangenehme Fragen muss sich Michael Hartweg gefallen lassen. Als eines der Gründungsmitglieder trennte er sich im November von seinem millionenschweren Aktienpaket. Damals erhielt er 150 Franken je Aktie. Heute, nur wenige Monate später, gilt sie gerade mal noch 93 Franken.

Leonteq könnte 2016 ein Übergangsjahr bevorstehen. Nach dem jüngsten Kursrückschlag sind die Aktien zwar moderater bewertet. Das aber nur, sofern das Unternehmen ab dem kommenden Jahr an die Erfolge vergangener Tage anknüpfen kann.

Nicht viel besser erging es den Aktionären von AMS. Anfang Juni schien ihre Welt noch in bester Ordnung, gewannen die Aktien des Halbleiterherstellers bis dahin innerhalb weniger Monate doch mehr als 60 Prozent. Was dann folgte, muss als ein "Absturz auf Raten" umschrieben werden.

Seither ist bei den Papieren der Wurm drin. Mehrere Ergebnisenttäuschungen in Folge haben der Glaubwürdigkeit der einst gefeierten Geschäftsleitung zugesetzt. Alleine seit Jahresbeginn errechnet sich ein sattes Minus von 15 Prozent.

Dass der Schweizer Börsenbetreiberin SIX im vergangenen Frühsommer millionenschwere Titelverkäufe aus dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung gemeldet wurden, nahm man dem Unternehmen ebenfalls übel.

Die goldenen Jahre für die Zulieferer von Apple seien fürs erste vorbei, so lasse ich mir aus Branchenkreisen sagen. Ein Bericht der Electric Engineering Times, wonach das amerikanische Kultunternehmen die Zulieferer neuerdings zu Preisnachlässen drängt, untermauert diese Vermutung.

Zumindest gibt sich AMS gegenüber Analysten vorsichtiger als noch vor wenigen Monaten (siehe Kolumne vom 1. Februar). Vielleicht auch deshalb, weil das Verhältnis zum Grosskunden als angespannt gilt.

Noch bis vor wenigen Monaten wegen ihrem hohen Ergebnisbeitrag aus dem Investment Banking und der starken Eigenkapitalbasis hochgejubelt, haben Anleger mit den Aktien von Vontobel viel Geld verloren. Alleine seit Jahresbeginn errechnet sich ein Minus von nicht weniger als 17 Prozent.

Die Aktien sind ein Spiegel der Börsenlage und stehen stellvertretend für viele andere Bankaktien aus der Schweiz. Auch jene von Julius Bär sind nur noch ein Schatten ihrer selbst. Obschon die Zürcher Traditionsbank im Steuerstreit mit den USA rückblickend mit einem blauen Auge davonkam, dünnt die Vergleichszahlung das Überschusskapital aus.

Spätestens nach der Ergebnisenttäuschung von letzter Woche scheint der Traum von einer Sonderdividende oder eines gewinnverdichtenden Aktienrückkaufprogramms fürs Erste geplatzt. Obschon das erste Quartal als das saisonal stärkste des ganzen Jahres gilt, ist bei den hiesigen Bankaktien nicht mit einer raschen Kurserholung zu rechnen. Gerade der zuletzt beobachtete Druck auf die Bruttomarge im Wealth Management verheisst nichts Gutes.

Mit Widrigkeiten anderer Art hat Implenia zu kämpfen. Das mit Abstand grösste Bauunternehmen der Schweiz profitiert zwar von seiner Erfahrung bei Grossprojekten. Immer wieder erhält es deswegen für ebensolche den Zuschlag.

Allerdings wurde erst vor wenigen Tagen bekannt, dass sich Hubert Achermann aus persönlichen Gründen aus dem Verwaltungsrat zurückzieht. Der Verwaltungsratspräsident gilt als einer der Hauptverantwortlichen für den Erfolg vergangener Tage.

Einst als heisser Tip unter hiesigen Nebenwertefonds-Manager gehandelt, suchen bei den Aktien nun viele gleichzeitig den Ausstieg. Und wie immer, wenn alle dasselbe tun, geht dies mit stärkeren Verschiebungen im Kursgefüge einher. Seit den letztjährigen Höchstständen errechnet sich mittlerweile ein Minus von 35 Prozent.

Eines haben diese "gefallenen Engel" gemeinsam: Sie alle stehen überraschend hoch in der Gunst der Banken und ihren Aktienanalysten. Davon zeugen auch die teils noch immer ziemlich überrissenen Kursziele.

Von einem blinden Einstieg bei diesen einst äusserst beliebten Aktien sei entschieden abgeraten (siehe auch meine Kolumne vom 11. Juni). Nur die längerfristigen Aussichten entscheiden darüber, ob sich solche Aktien wieder fangen und eventuell sogar zu alter Form auflaufen können. Anders als zu Zeiten des "SWX New Market" wird es die von mir genannten Unternehmen auch in einigen Jahren noch geben - sofern sie nicht eines Tages jemand aufkauft.
 

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