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Auch am Schweizer Aktienmarkt ist die Hausse der vergangenen sechs Jahre nicht ohne Spuren vorübergegangen. Selten zuvor mussten Anleger tiefer für hiesige Dividendenpapiere in die Tasche greifen.

In Expertenkreisen wird gerne das sogenannte Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) herangezogen, geht es um die Beurteilung der Unternehmensbewertung. Dabei wird der aktuelle Aktienkurs in Relation zum Gewinn je Aktie gestellt.

Sehr aussagekräftig ist diese Bewertungskennzahl allerdings nicht. Sie eignet sich bestenfalls dazu, die Bewertung einer Aktie mit dem Durchschnittswert vergangener Tage zu vergleichen. Ausserdem eignet sich dieser Ansatz bei roten Zahlen schreibenden Unternehmen nicht.

Auf Basis der nächstjährigen Schätzungen werden die im Swiss Performance Index berücksichtigten Unternehmen mit einem KGV von 17 bewertet, was sich mehr oder weniger mit dem der letzten paar Jahre deckt. Gleichzeitig sind Anleger jedoch bereit, fast den dreifachen nächstjährigen Umsatz zu bezahlen - ein Rekord.

Lindt & Sprüngli haftet der Ruf des vermutlich teuersten Schweizer Unternehmens an. Der im zürcherischen Kilchberg beheimatete Premiumschokoladehersteller kann auf wachstumsreiche Jahre zurückblicken. Diese spiegeln sich mittlerweile auch in der Bewertung wider: Auf den nächstjährigen Schätzungen errechnet sich ein KGV von nicht weniger als 30. Das wiederum liegt einen guten Drittel über dem Durchschnitt vergangener Tage.

Unverdient ist das nicht, wenn man sich den heute veröffentlichten Zahlenkranz anschaut. Einmal mehr konnte Lindt & Sprüngli die Erwartungen auf den Stufen operativer Gewinn (EBIT) und Reingewinn klar übertreffen. Und obschon die Integration der kürzlich übernommenen Russell Stover die Margen verwässert, werden den Aktionären ab dem nächsten Jahr Margenverbesserungen in Aussicht gestellt (siehe heutigen Artikel).

In einer ähnlichen Liga spielen Geberit und Givaudan. Auch diese beiden traditionsreichen Unternehmen stehen hoch in der Anlegergunst und werden mit dem Fünfundzwanzigfachen des für das kommende Jahr erwarteten Gewinns je Aktie und immerhin dem Vierfachen des Umsatzes bewertet. Beide Kennzahlen liegen am oberen Ende der langjährigen Bewertungsbandbreite. Wie Lindt & Sprüngli hat auch Geberit eine milliardenschwere Firmenübernahme zu verdauen. Diese drückte beim Sanitärtechnikkonzern zuletzt jedoch auf die Geschäftsentwicklung, was bei Analysten nicht gut ankam. Givaudan kämpft hingegen mit den Folgen des starken Frankens. Darüber hinaus drückt die hohe Vergleichsbasis aus dem vergangenen Jahr auf das Wachstum.

Auf der Suche nach Wachstum werden Anleger bei Leonteq fündig. Der Anbieter strukturierter Produkte findet immer wieder neue prominente Partnerunternehmen für seine Technologieplattform. Diesem Geschäftsmodell scheinen keine Grenzen gesetzt. Das zahlt sich auch für die Aktionäre aus, welche denn auch den sechsfachen bereinigten Buchwert sowie ein KGV von 28 zu bezahlen bereit sind. Selbst die Analysten lassen sich nicht von der stolzen Bewertung abschrecken und empfehlen die Aktien von Leonteq mehrheitlich zum Kauf (siehe Kolumne vom 28. Juli).

Auch der Halbleiterhersteller u-blox verfügt über intakte Wachstumsaussichten. Nachdem sich der Börsenwert des Unternehmens in den vergangenen zwei Jahren vervierfacht hat, liegt dieser beim vierfachen für das nächste Jahr erwarteten Umsatz. Mit einem KGV von 28 spielt u-blox in derselben Liga wie auch Straumann. Unter seinem noch jungen Chef Marco Gadola fand der in Basel beheimatete Dentalimplantatehersteller zu neuem Wachstum zurück. Nach der Neubewertung der letzten Jahre liegt der Börsenwert beim Fünffachen des Umsatzes und beim Sechsundzwanzigfachen des Gewinns je Aktie für das kommende Jahr.

Stolz bewertet sind auch die Aktien der VZ Holding. Das allerdings nach anderen Massstäben: Während das KGV von 16 auf den ersten Blick einen moderaten Eindruck hinterlässt, entspricht der Börsenwert mehr als 7 Prozent der verwalteten Kundenvermögen. Ich kann mich gut erinnern, dass hierzulande in der Vergangenheit für Übernahmen bis zu 4 Prozent der verwalteten Vermögen bezahlt werden mussten. Das galt in Branchenkreisen allerdings damals schon als teuer.

Mich als Aktionär interessiert auf lange Sicht nur eines: Wieviel mir jährlich als Dividende ausgeschüttet wird. Mein Hauptaugenmerk gilt deshalb dem freien Cash Flow. Denn dieser besagt, welche Summe ein Unternehmen maximal ausschütten kann, ohne auf die eigene Substanz zurückgreifen zu müssen.

Fakt ist, dass die sogenannten Free-Cash-Flow-Renditen bei uns am Schweizer Aktienmarkt in den letzten Jahren wie Eis an der Sonne geschmolzen sind. Die tiefste solche Rendite, wen erstaunt es, weist Meyer Burger auf. Branchenkennern zufolge ist beim Solarzulieferunternehmen frühestens in zwei Jahren mit einem positiven freien Cash Flow zu rechnen. Und auch dann liegt die darauf abgestützte Rendite bei gerademal 0,1 Prozent. Ähnlich präsentiert sich die Situation beim Überflieger u-blox mit einer geschätzten Free-Cash-Flow-Rendite von 0,4 Prozent bis in zwei Jahren. Lindt & Sprüngli kommt auf Basis der nächstjährigen Schätzungen immerhin auf eine Rendite von 3 Prozent, gefolgt von Leonteq mit 3,1 Prozent.

Deutlich besser schneiden die auf Stufe KGV stolz bewerteten Unternehmen Straumann (Rendite von 4 Prozent), Geberit (Rendite von 4,4 Prozent) und Givaudan (Rendite von 4,6 Prozent) ab. Bei diesen drei Aktien lässt sich deshalb mit gutem Gewissen sagen, dass die stolze Bewertung durchaus gerechtfertigt ist.

 

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