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Eine hohe Dividendenrendite schützt vor Rückschlägen. So lautet zumindest die gängige Meinung unter den Anlegern. Diesen präsentierte sich in den letzten Wochen jedoch ein ungewohntes Bild: Denn für einmal konnten sich selbst dividendenstarke Aktien der um den Globus rollenden Verkaufswelle nicht entziehen.

Am stärksten traf es die Zurich Insurance Group. Nachdem der traditionsreiche Versicherungskonzern vor einem schwachen dritten Quartal gewarnt hatte, wurden seine Valoren vorübergehend bei 235 Franken gehandelt. Gegenüber den Jahreshöchstkursen von Ende März entspricht das einem Minus von nicht weniger als 30 Prozent.

Seither haben sich die Aktien wieder gefangen, nicht zuletzt auch dank einer Hochstufung von "Hold" auf "Buy" mit einem Kursziel von 290 Franken durch die mächtige HSBC. Für sie steht fest: Den Aktionären der Zurich Insurance Group winkt im kommenden Frühling über die reguläre Ausschüttung hinaus eine Sonderdividende. So könnten insgesamt 27 Franken je Aktie ausbezahlt werden, was einer Rendite von gut 10 Prozent entspräche.

Damit würde der Versicherungskonzern sogar die Swiss Re vom Dividendenthron stossen. Doch Dividendenperle ist nicht gleich Dividendenperle. Aus Anlegersicht gilt es verschiedene Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Da wäre einmal die Bilanz. Was diese anbetrifft, ist bei der Zurich Insurance Group nichts auszusetzen. Immerhin verfügt das Unternehmen über ein Überschusskapital von 3 Milliarden Dollar. Umgerechnet sind das gut 20 Franken je Aktie.

Allerdings darf nicht vergessen gehen, dass schon heute knapp 80 Prozent des Jahresgewinns an die Aktionäre ausbezahlt werden. Auch was die Gewinnaussichten angeht, sind diese alles andere als rosig. Nach mehreren Ergebnisenttäuschungen in Folge sahen sich die Entscheidungsträger Mitte September sogar zu einer Gewinnwarnung gezwungen. Bis die im gleichen Atemzug angekündigten Massnahmen Früchte tragen, werden Jahre vergehen.

Eine gute Alternative bieten deshalb die Aktien von Swiss Re. Auch wenn kaum noch ein Experte mit einer weiteren Sonderdividende rechnet, ist eine solche nicht völlig abwegig. In den USA ging die diesjährige Wirbelsturmsaison ohne grösseren Schäden zu Ende. Gut möglich, dass das Unternehmen neben einer regulären Ausschüttung von 4,25 Franken je Aktie eine Erhöhung des Aktienrückkaufprogramms bekanntgibt. Auf Basis derzeitiger Erwartungen schüttet der ebenfalls in Zürich niedergelassene Rückversicherer nämlich gerademal 46 Prozent des Jahresgewinns an die Aktionäre aus. Das wiederum bietet für zukünftige Jahre einen gewissen Spielraum.

Was Anleger bei den beiden Versicherungskonzernen keinesfalls vergessen dürfen, ist die Abhängigkeit der Zinsentwicklung. Denn darf man dem für Bernstein Research tätigen Experten Glauben schenken, könnten steigende Zinsen die Zurich Insurance Group und Swiss Re zwischen 10 und 20 Prozent des Buchwerts kosten. Davon sind die Dividendenaussichten jedoch nicht betroffen.

Seit Freitag sind die Aktien von Givaudan wieder in aller Munde. Allen Unkenrufen zum Trotz legte der in Genf beheimatete Hersteller von Aromen und Riechstoffen einen ordentlichen Zahlenkranz vor. Von wegen Flaute in den Schwellenländern: Gerade in diesen Regionen wuchs das Unternehmen im dritten Quartal prozentual zweistellig.

Experten zufolge wird Givaudan anlässlich der Jahresergebnispräsentation vom kommenden Frühjahr eine Dividende von 53 Franken je Aktie ankündigen, was immerhin einer Rendite von 3,2 Prozent entspricht.

Wie Givaudan befindet sich auch SGS in einem Übergangsjahr. Das ebenfalls in Genf niedergelassene Warenprüfunternehmen spürt die Probleme der Kunden aus dem Bergbau sowie der Öl- und Gasindustrie am eigenen Leib. Mit einer Nachfragebelebung ist frühestens ab dem kommenden Jahr zu rechnen. Bis dahin tröstet die immerhin bei 3,8 Prozent liegende Dividendenrendite über die Durststrecke hinweg. Dass den Aktionären derzeit knapp 90 Prozent des Jahresgewinns ausbezahlt werden, schränkt die Möglichkeit zukünftiger Erhöhungen ziemlich ein. Eine baldige Rückkehr auf den Wachstumspfad wäre aus Anlegersicht deshalb mehr als wünschenswert.

Mit deutlich mehr Unsicherheiten sind die Dividendenaussichten bei den Schweizer Banken behaftet. Bei den beiden Grossbanken besticht die UBS durch ihre überdurchschnittlich starke Eigenkapitalbasis. Diese ist nicht zuletzt auch eine Folge des nur mehr mit einer geringen Kapitalbindung behafteten Geschäftsmodells. Im bisherigen Jahresverlauf fanden 0,75 Franken je Aktie den Weg zurück zu den Aktionären.

Dass damit "nur" 48 Prozent des Jahresgewinns ausgeschüttet würden, spricht Bände. Zwar schüttet die Credit Suisse mit 34 Prozent des bereinigten Jahresgewinns noch weniger als ihre Erzrivalin aus. Das allerdings nicht ohne Grund, muss die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken ihre Eigenkapitalbasis im Hinblick auf die strengeren Vorschriften doch dringend verstärken. Seit wenigen Tagen wird bei der Credit Suisse intensivst auf eine Kapitalerhöhung spekuliert.

Es mutet etwas befremdlich an, dass die Aktionäre zuerst zur Kasse gebeten werden, nur damit das Unternehmen in den kommenden Jahren eine einigermassen vernünftige Dividendenpolitik verfolgen kann. Ich hätte es jedenfalls lieber gesehen, wenn die Credit Suisse die Eigenkapitalbasis aus eigener Kraft stärken würde - wenn es sein muss halt auch mittels eines Dividendenverzichts. Vermutlich bestehen aber die Grossaktionäre aus dem Nahen Osten auf eine Kapitalerhöhung.

Meines Erachtens fahren an Dividenden interessierte Anleger mit den Aktien der UBS in den nächsten Jahren deutlich besser. Positive Überraschungen traue ich auch Julius Bär zu. Die Zürcher Traditionsbank schüttet aktuell gut 40 Prozent des Jahresgewinns an die Aktionäre aus. Spätestens wenn der Vergleich im Steuerstreit mit den USA in trockenen Tüchern ist, dürfte Julius Bär die Ausschüttungsquote substanziell erhöhen.

Zudem verfügen Actelion, LafargeHolcim, Swatch Group, Richemont, Adecco und Novartis diesbezüglich noch immer über deutlichen Spielraum. Aufgrund der hohen Kapitalbindung oder der hohen Fremdverschuldung rechne ich aber nur bei Adecco und Novartis mit einer sehr viel grosszügigeren Dividendenpolitik.

Aus Aktionärssicht müsste eigentlich die Investition in rentables Wachstum an erster Stelle stehen. Im aktuellen Umfeld ist solches in den meisten Wirtschaftszweigen jedoch vor allem eines: Wunschdenken. Da auch bei uns in der Schweiz der Leistungsausweis von Unternehmen bei grösseren Firmenübernahmen zu wünschen übriglässt, kommt eine attraktive Ausschüttung bereits an zweiter Stelle - noch vor abenteuerlichen Akquisitionen im Ausland.
 

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