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In meiner gestrigen Kolumne griff ich eine aggressive Kaufempfehlung von Helvea für die Namenaktien von Rieter auf. Der verantwortliche Analyst hält die von der Frankenstärke losgetretene Talfahrt für übertrieben. Dank der in den letzten Jahren vorangetriebenen Expansion nach Asien sei der Textilmaschinenhersteller besser gegen die Währungsturbulenzen gerüstet als er es je war. Vom Kursziel von 260 Franken lässt sich für die Papiere des in Ungnade gefallenen Börsenlieblings Raum für eine Verdoppelung ableiten.

Auf allgemeinen Wunsch hin habe ich mich auf die Suche nach weiteren Schweizer Aktien gemacht, welche entweder substanziell über oder aber unter den von Analysten errechneten Kurszielen liegen. An dieser Stelle sei gesagt, dass sich bei einigen die Frankenstärke noch nicht widerspiegelt.

Dies dürfte vor allem auf die Einschätzung der UBS für Meyer Burger zutreffen. Mitte Dezember wiederholte die Grossbank letztmals ihre aggressive Kaufempfehlung für die Aktien des im Bernischen Gwatt beheimateten Solarzulieferunternehmens. Im gleichen Atemzug bekräftigte sie das bei 11,50 Franken liegende 12-Monats-Kursziel.

Schon damals lag der Aktienkurs mit 6,90 Franken substanziell unter den Prognosen des verantwortlichen Experten. Die Angst vor einer längeren Auftragsflaute und der starke Franken haben in den letzten Tagen noch einmal tiefe Spuren in der Kursentwicklung hinterlassen und die Papiere bis auf 5 Franken einbrechen lassen.

Vermutlich wird die UBS ihr Bewertungsmodell für Meyer Burger gerade wegen der neuen Währungssituation grundlegend überarbeiten müssen. Dass sie auch beim Kursziel zurückkrebsen wird, gilt als sicher. Falls nicht, suggeriert auch dieses mehr als eine zukünftige Verdoppelung des Börsenwerts.

Geradezu für ihre atemberaubend hohen Kursziele berüchtigt sind Analysten aus dem angelsächsischen Raum. In den letzten Wochen haben mächtige amerikanische Grossbanken in diesem Zusammenhang gleich mehrfach für Schlagzeilen gesorgt (siehe Kolumnen vom 1. Dezember sowie vom 7. Januar).

Ein eindrückliches Beispiel liefert der für Goldman Sachs tätige Experte mit seiner Empfehlung für die Namenaktien der Credit Suisse. Im Anschluss an den Entscheid der SNB, den Euro-Mindestkurs aufzugeben, strich er die Papiere der Zürcher Grossbank zwar von der viel beachteten "Conviction Buy List". Vom im Zuge eines stärkeren Frankens auf 33,60 (36,90) Franken reduzierten 12-Monats-Kursziel lässt sich jedoch noch immer ein Aufwärtspotenzial von gut 70 Prozent ableiten. Ausserdem hält der Experte unbeirrt an seiner Kaufempfehlung fest.

Sein Berufskollege von der Citigroup steht ihm in nichts nach. Auch er stuft die Valoren der Credit Suisse mit "Buy" und einem Kursziel von 33 Franken ein. Berechnungen des Experten zufolge werden die von der SNB losgetretenen Verschiebungen im Währungsgefüge den nächstjährigen Gewinn um rund 10 Prozent schmälern. Den jüngsten Kursrückschlag hält er deshalb für übertrieben.

Auf der anderen Seite des Spektrums ist die Berenberg Bank anzusiedeln. Sie empfiehlt die Aktien der Zürcher Grossbank schon eine ganze Weile mit einem optisch tiefen Kursziel von 16 Franken zum Verkauf. Ihre Befürchtung: Sollten die Regulatoren ernst machen und neben den strengen Vorschriften für die Kernkapitalquote auch solche für das sogenannte Leverage Ratio einführen, droht der Credit Suisse eine Kapitallücke in Milliardenhöhe.

Und tatsächlich wird im Berufshandel schon seit Wochen auf eine von den Regulatoren quasi erzwungene zusätzliche Stärkung der Eigenkapitalbasis entweder mittels einer Kapitalerhöhung oder einer substanziellen Dividendenkürzung spekuliert. Noch hält sich die Grossbank diesbezüglich jedoch bedeckt. Sie liess gestern nur verlauten, dass die Massnahme der SNB "keinen materiellen Einfluss auf die Kapitalquoten" habe und seit Donnerstag vergangener Woche "positive Ergebnisse im Handelsgeschäft" erzielt worden seien. Es dürfte jedoch gute Gründe haben, weshalb die Aktien alleine seit Jahresbeginn gut 20 Prozent eingebüsst haben.

Auch auf den einstigen Börsenliebling Syngenta haben sich einige Aktienanalysten eingeschossen (siehe Kolumne von gestern). Noch weiter als der für Bernstein Research tätige Experte geht sein Berufskollege von J.P. Morgan. Als Konsequenz des starken Frankens rechnet er bei den mit "Underweight" eingestuften Papieren mit einem Kursrückschlag um 27 Prozent auf 210 Franken.

Eine weitere Schlüsselverkaufsempfehlung der Amerikaner sind die Valoren von Straumann. Auch diese werden mit "Underweight" und einem Kursziel von 165 Franken eingestuft. Nicht ohne Grund, fallen beim Hersteller von Dentalimplantaten doch nur 10 Prozent des Umsatzes, gleichzeitig jedoch knapp die Hälfte aller Kosten in Franken an. In der Folge werden andere Analysten ihre Gewinnschätzungen auf Stufe EBIT um gut 25 Prozent zusammenstreichen müssen.

Die Liste liesse sich noch beliebig fortführen, beispielsweise mit den Kaufempfehlungen von Helvea für die Aktien von Clariant (mit einem Kursziel von 23 Franken und einem Aufwärtspotenzial von 68 Prozent) und Arbonia-Forster (mit einem Kursziel von 30 Franken und einem Aufwärtspotenzial von 72 Prozent) oder der Verkaufsempfehlung von Kepler Cheuvreux für die Papiere von Lonza (mit einem Kursziel von 75 Franken und einem Abwärtspotenzial von 22 Prozent).

Diese doch sehr extremen Beispiele sind allerdings keine Freikarte für Anleger, bei den jeweiligen Aktien auf steigende oder fallende Kurse zu setzen. Ich wage sogar zu behaupten, dass die vorliegenden Empfehlungen als Gegenindikator taugen.