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In den letzten Tagen kletterte der amerikanische Aktienmarkt wieder von einem Rekordhoch zum nächsten. Schon seit Wochen wird mir aus Übersee von gewaltigen Umschichtungen aus dem Anleihen- in den Aktienmarkt berichtet. Mir gegenüber benutzen Händler mittlerweile sogar den Begriff Euphorie.

Gleichzeitig rollt eine regelrechte Gewinnwarnungswelle über die USA. Wie FactSet schreibt, haben vier von fünf der im S&P-500-Index berücksichtigten Gesellschaften einen Ausblick auf das erste Quartal abgegeben. Bei 93 der 111 Unternehmen sei vom Ausblick auf einen unter den jeweiligen Konsensschätzungen liegenden Gewinn zu schliessen, was mit einer Gewinnwarnung gleichzusetzen sei. FactSet zufolge handelt es sich dabei um den zweithöchsten Wert seit Beginn der Erhebung im Jahre 2006. Der Rekordwert gehe auf das Schlussquartal des vergangenen Jahres zurück, so heisst es weiter.

Vermutlich mache ich mir mit den nachstehenden Aussagen keine neuen Freunde. Dennoch kann und will ich die jüngsten Entwicklungen nicht schönreden. Kein anderer Markt hat über die letzten 12 bis 18 Monate derart ein Eigenleben entwickelt wie der amerikanische Aktienmarkt. Die von FactSet beschriebene Diskrepanz zwischen der Gewinnentwicklung der Unternehmen und dem Abschneiden ihrer Aktien nimmt weiter zu. Weder die rekordhohen Gewinnwarnungen gegen Ende des vierten Quartals, noch jene der vergangenen Wochen änderten bislang etwas daran. Die Stimmung an der Wall Street bleibt ungebrochen zuversichtlich, wenn nicht gar euphorisch.

Doch auch sonst leuchten in Übersee immer öfter Warnlampen auf. So kletterten die auf Kredit getätigten Aktienkäufe im Februar zum achten Mal in Folge auf 465,7 Milliarden Dollar und damit auf den höchsten Stand in der Geschichte. Und das nicht nur absolut betrachtet, sondern auch relativ gegenüber dem amerikanischen Bruttoinlandprodukt.

Gleichzeitig machen Personen aus der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat amerikanischer Unternehmen wieder im grossen Stil Kasse. Gemäss einem Index von Vickers Stock Research nähert sich die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufstransaktionen aus diesem Lager historischen Extremwerten.

In eine ähnliche Richtung stossen auch die immer zahlreicher werdenden Börsengänge, die es Altaktionären und Finanzinvestoren erlauben, sich zu Höchstpreisen aus Unternehmen zurückzuziehen.

Ich will an dieser Stelle nicht den Teufel an die Wand malen. Denn für gewöhnlich dauern Trends an den Aktienmärkten sowieso länger an als gedacht. Ausserdem ist die späte Phase einer Hausse die einträglichste, vorausgesetzt man erwischt den Ausstieg rechtzeitig.

Dass die in den USA beobachtete Gewinnwarnungswelle auf Europa und die Schweiz übergreifen könnte, halte ich für wenig wahrscheinlich. Anders als in Übersee wurden die Konsensschätzungen in unseren Breitengraden über die letzten 12 bis 18 Monate laufend nach unten angepasst. Und was die anlässlich der Berichterstattung für das vergangene Jahr abgegebenen Ausblicke anbetrifft, dürfte das eine oder andere Unternehmen vermutlich absichtlich tiefgestapelt haben.

Gefahren für den Schweizer Aktienmarkt sehe ich nur dann, wenn die unzähligen Gewinnwarnungen die Haussiers in Übersee in die Knie zwingen. Eine alte Börsenweisheit besagt nämlich, dass ein Niesen an der Wall Street die hiesigen Märkte mit einer Erkältung ins Bett verschlägt. Mit anderen Worten: Ein Rückschlag am amerikanischen Aktienmarkt wäre auch hierzulande schmerzhaft zu spüren. Ich werde die zukünftigen Entwicklungen in Übersee jedenfalls genauestens im Auge behalten und weiterhin darüber berichten.

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Seit gestern Nachmittag können die Aktionäre von ABB aufatmen. Während andere Anbieter von unterirdischen Hochspannungsleitungen von den europäischen Behörden zu Bussen von umgerechnet 416 Millionen Dollar verdonnert werden, geht der in Zürich beheimatete Industriekonzern straffrei aus. Da das Unternehmen den Fall ins Rollen gebracht hatte, geniesst es einmal mehr Immunität.

Schon seit Tagen werden in der britischen Tagespresse Übernahmespekulationen kolportiert. Bisher nicht bestätigten Berichten zufolge plant die Weir Group ein Zusammengehen mit Metso. Die Briten hätten sich sogar schon den Segen von Cevian Capital eingeholt, mit einem Stimmenanteil von 13,5 Prozent der grösste Aktionär beim nordischen Mitbewerber.

Die britische Tagespresse geht aber noch einen Schritt weiter und will von einer möglichen Gegenofferte von Joy Global sowie von einem angeblichen Interesse von ABB an nicht mehr zum zukünftigen Kerngeschäft gehörenden Bereichen wissen. Dass dabei auch der Name des grossen amerikanischen Mischkonzerns General Electric fällt, ist wenig überraschend.

Sollten sich die Spekulationen als wahr erweisen, eröffnen sich ABB interessante Übernahmegelegenheiten. Die Gefahr, in einen Bieterstreit um Metso involviert zu werden, halte ich hingegen für ausgeschlossen.