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Während der Schweizer Aktienmarkt von einem Rekord zum nächsten klettert, will sich bei den Aktionären von Julius Bär nicht so recht Feierlaune einstellen. Erst gestern fielen die Namenaktien der Zürcher Traditionsbank auf den tiefsten Stand seit Juli letzten Jahres.

Kein Wunder, lief bei mir am späten Nachmittag das Telefon heiss. Im Rahmen von Abklärungen stiess ich auf plausible Gründe für den Kurszerfall, welcher sich schon seit Tagen hinzieht.

In einer mir zugespielten Unternehmensstudie wechselt der für die MainFirst Bank tätige Experte mittels einer Rückstufung von «Outperform» auf «Underperform» aus dem Lager der Haussiers in das der Baissiers. Nach einer Abwärtsrevision der Gewinnschätzungen um bis zu 5 Prozent wird das Kursziel neu nur noch mit 42 (46) Franken angegeben.

Ins Auge sticht vor allem die Passage, in welcher die jüngsten Entwicklungen rund um eine Einigung im Steuerstreit mit den USA abgehandelt werden. Nach der rekordhohen Busse der Credit Suisse verdoppelt der Studienverfasser seine Schätzung für die Vergleichszahlung auf rund eine Milliarde Franken. Vermutlich werde sich auch Julius Bär der Beihilfe zur Steuerhinterziehung für schuldig bekennen müssen.

Nur zum Vergleich: Die Schätzungen vieler seiner Berufskollegen für den Vergleich liegen noch immer zwischen 350 und 500 Millionen Franken und bedürfen vermutlich ebenfalls einer kräftigen Aufwärtsrevision.

Mit einer Kapitalerhöhung rechnet der Experte übrigens nicht. Dennoch sei eine Schmälerung der Eigenkapitalbasis im erwarteten Ausmass der Aktienkursentwicklung nicht dienlich. Damit spricht er vermutlich die Dividendenaussichten von Julius Bär an. Mit seinen diesbezüglichen Prognosen liegt der Studienverfasser heute schon am unteren Ende der Erwartungsbandbreite.

Als weiteren Grund für den Wechsel ins Lager der Baissiers nennt der Experte die jüngsten Marktstatistiken der Schweizer Börse SIX. Das gesamte Transaktionsvolumen sei im Vergleich zum Vormonat um 8 Prozent auf 84,3 Milliarden Franken eingebrochen. Im Jahresvergleich resultiere ein Rückgang von immerhin 4 Prozent.

Im für Julius Bär wichtigen Geschäft mit strukturierten Produkten habe die Zürcher Bank seit April zwar Marktanteile gewonnen. Mit einem Marktanteil von 8,2 Prozent sei sie allerdings auf den fünften Rang und damit hinter die Credit Suisse zurückgefallen.

Der von der MainFirst Bank erhobene Indikator für die Kundenaktivitäten fiel im Mai um die Anzahl Handelstage bereinigt von 66 auf 60 Punkte und der Indikator für die Bruttomarge von 62 auf 57 Punkte.

Mit den Marktstatistiken der SIX für den vergangenen Monat und der Gefahr höher als bisher befürchteter Vergleichszahlungen in den USA lässt sich auch die Kursschwäche anderer Schweizer Bankaktien erklären. Schon in wenigen Wochen gehen die Märkte in die saisonal betrachtet ruhigste Phase des ganzen Jahres über. Alleine schon deshalb ist eine Belebung bei den Kundenaktivitäten noch auf Monate hinaus kein Thema.

An dieser Stelle übrigens noch kurz ein Wort zum gestern und heute beobachteten Kursrückgang bei den Namenaktien der UBS: Dieser wurde zumindest bei den in New York gehandelten Titeln von hohen ausserbörslichen Blocktransaktionen begleitet. Händler führen die Transaktionen auf Derivatgeschäfte zurück. Gleichzeitig ist heute im Berufshandel aber auch von einer ominösen und vermutlich negativen Unternehmensstudie aus dem Hause Autonomous Research zu hören.

Ich fühle mich von den jüngsten Marktstatistiken jedenfalls weiterhin in meiner vorsichtigen Haltung für die Schweizer Bankaktien bestätigt.

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Jürgen Fitschen ist bekannt dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Wie mir berichtet wird, zeigte sich der Co-CEO der Deutschen Bank im Gespräch mit Investoren allerdings sichtlich besorgt über den Stresstest der Europäischen Zentralbank (EZB) für die europäischen Banken. Das Vorgehen der Verantwortlichen habe er als dilettantisch bezeichnet.

Ursprünglich sei im Gespräch gestanden, die Abschlüsse für das vergangene Geschäftsjahr in Frage zu stellen. Das wiederum hätte zur Folge gehabt, dass keine Bank der Prospekthaftung wegen weder eine Kapitalerhöhung noch sonst eine Emission hätte durchführen können.

Für 2014 wolle die EZB nun von der Bewertung nach IFRS wegkommen und pauschale Minimum-Wertberichtigungen ungeachtet der historischen Ausfallraten einführen. Grösstes Problem sei die Sorge der EZB um die eigene Reputation. Um die Markterwartungen erfüllen zu können, müsse ein beachtlicher Teil der europäischen Banken beim Stresstest durchfallen.

Ursprünglich sei geplant gewesen, dass die EZB die Resultate den Banken drei Wochen vor ihrer Publikation bekannt geben werde. Damit hätten sie genügend Zeit gehabt, Massnahmen einzuleiten. Allerdings müssten die betroffenen Banken ihrerseits unmittelbar an die Öffentlichkeit gehen, um die Vorschriften zur Adhoc-Publizität erfüllen zu können, so Fitschen weiter.

Wie es aussieht, sind sich die Verantwortlichen der EZB noch nicht im klaren, wie sie bei der Veröffentlichung der Ergebnisse des Stresstests vorgehen wollen. Ich will mir noch gar nicht ausmalen, was das zu gegebener Zeit für die Märkte bedeuten könnte.