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Obschon der Schweizer Aktienmarkt noch nicht wieder zu seinen Höchstständen von Mitte Juni aufschliessen konnte, bläst den Baissiers hierzulande weiterhin ein eiskalter Wind um die Ohren.

Während Marktakteure wie Hedgefonds oder grosse Institutionelle den jüngsten Rückschlag zum Ausbau ihrer Aktienengagements nutzten, waren auch die Analysten nicht untätig. Viele von ihnen nutzten die Gunst der Stunde, um ihre teilweise langjährigen Verkaufsempfehlungen zu überdenken. Gefühlt, spielte bei einigen Experten sogar Panik mit hinein.

So beispielsweise bei Nobel Biocare. Nachdem immer neue Informationen rund um einen möglichen Verkauf des Unternehmens ins Ausland in die Medien sickerten, erwischte der Hersteller von Dentalimplantaten das Lager der negativ gestimmten Analysten auch gleich noch mit einem besser als erwarteten Zahlenkranz auf dem falschen Fuss.

In der Folge krebste die Medizinaltechnikexpertin der Deutschen Bank bei ihrer langjährigen Verkaufsempfehlung zurück. Sie stufte die Aktien von "Sell" auf "Hold" hoch und zog das Kursziel substanziell auf 16 (11,70) Franken nach. Damit befindet sich die Analystin allerdings in bester Gesellschaft, sah sich zuvor doch schon ihre für die Zürcher Kantonalbank tätige Berufskollegin zu einer Änderung des Anlageurteils von "Untergewichten" auf "Marktgewichten" veranlasst.

Erklärungsbedarf hatte auch der Experte von Goldman Sachs mit seiner Verkaufsempfehlung für die Aktien von Swiss Life. Nach einem eher schwachen Zwischenbericht für die ersten drei Monate, wartete der in Zürich beheimatete Lebensversicherungskonzern mit einem überzeugenden Semesterergebnis auf. Vermutlich liess sich die erstmals vor knapp einem Jahr ausgesprochene Verkaufsempfehlung deshalb nicht mehr länger aufrechterhalten. Der Experte stufte die Papiere mit einem neu 224 (188) Franken lautenden 12-Monats-Kursziel von "Sell" auf "Neutral" hoch.

Noch extremer ist, wenn Analysten aus dem Lager der Baissiers in das der Haussiers wechseln. So zuletzt gleich bei zwei prominenten Schweizer Unternehmen zu beobachten.

Nach einem ansprechenden Zahlenkranz für die erste Jahreshälfte erhöhte der Experte von RBC Capital Markets sein Anlageurteil für die Aktien des Vermögensverwalters GAM von "Underperform" auf "Outperform". Nach einer Aufwärtsrevision der zukünftigen Gewinn- und Dividendenschätzungen um bis zu 7 Prozent lautet das Kursziel 19,50 (16,50) Franken. Die Begründung: Der Markt verkenne nicht nur das Kosteneinsparpotenzial, sondern auch den finanziellen Spielraum für zukünftige Dividenden und Aktienrückkäufe. Schon ab der zweiten Jahreshälfte sei beim Rückkauf eigener Aktien mit einer substanziellen Beschleunigung zu rechnen, so der Experte weiter.

Ähnlich liest sich eine kürzlich veröffentlichte Unternehmensstudie aus dem Hause JP Morgan zu Bâloise. Darin stuft der Verfasser die Aktien des Basler Versicherungskonzerns gleich um zwei Stufen von "Underweight" auf "Overweight" hoch. Nach einer Erhöhung der diesjährigen Gewinnschätzungen um 12 Prozent und jenen für das Folgejahr um immerhin 7 Prozent errechnet der Experte neu ein Kursziel von 129 (101) Franken. Aufgrund des besseren Trends im Sachversicherungsgeschäft genauso wie im heimischen Lebensversicherungsgeschäft traut er den Papieren zukünftig eine überdurchschnittliche Kursentwicklung zu.

Dass auch die Schweizer Grossbanken zurückhaltender mit Verkaufsempfehlungen sind, zeigt der jüngste Sinneswandel der UBS Investmentbank bei den Aktien von Huber + Suhner. Auf Basis des für die ersten sechs Monate veröffentlichten Zahlenkranzes erhöhte der verantwortliche Analyst sein Anlageurteil von "Sell" auf "Neutral". Das 12-Monats-Kursziel hob er nach einer Aufwärtsrevision der Gewinnschätzungen um bis zu 27 Prozent auf 49 (44) Franken an.

Bei der Erzrivalin Credit Suisse sind es die Papiere von DKSH, welche kürzlich mit einem neu 70 (60) Franken lautenden 12-Monats-Kursziel von "Underperform" auf "Neutral" hochgestuft wurden. Der Experte trägt damit der wirtschaftlichen Stabilisierung im Schlüsselmarkt Thailand Rechnung. Ab der zweiten Jahreshälfte hält er beim Geschäftsdienstleistungsunternehmen sogar eine Wachstumsbeschleunigung für möglich.

Aus was für Gründen auch immer die Verkaufsempfehlungen eingestellt werden, fakt ist, dass sich das Lager pessimistischer Analysten hierzulande über die letzten vier Wochen betrachtet stark ausgedünnt hat. Noch ist es zu früh, um davon Rückschlüsse auf den gesamten Aktienmarkt zu ziehen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt allerdings: Wenn sich diese Berufsgilde ihrer Sache zu sicher wird und Verkaufsempfehlungen als unpopulär gelten, ist Vorsicht angebracht.

Ich bin deshalb gespannt, ob dem Swiss Performance Index der Sprung über die Mitte Juni erklommenen Höchststände bei knapp 8‘650 Punkte gelingt. Nach der jüngsten Rekordjagd der Leitbörse in New York müsste dem hiesigen Börsenbarometer ein solches Vorhaben eigentlich gelingen. Doch eben gerade diese "negativen Divergenzen" wie die Kapitulation pessimistischer Analysten, bieten auch Nährboden für Zweifel.