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Die Verhandlungen mit Chemchina zogen sich über mehrere Wochen hin. Gestern nun präsentierte Syngenta endlich das Ergebnis. Und dieses kann sich sehen lassen: Das chinesische Staatsunternehmen bietet 465 Dollar in bar sowie eine Sonderdividende von 5 Franken je Aktie.

Ein stolzer Preis, herrscht bei den Agrarchemieherstellern doch Saure-Gurken-Zeit. Selbst in Brasilien und China, bis vor wenigen Monaten noch gefeierte Wachstumsmärkte, machen sich zunehmend Ermüdungserscheinungen bemerkbar.

Wer gestern auf die Neuigkeiten hin mit einem Kursfeuerwerk gerechnet hatte, wurde eines Besseren belehrt. Während im vorbörslichen Handel noch Kurse von bis zu 438 Franken bezahlt wurden, eröffneten die Aktien von Syngenta bei 420 Franken. Von dort aus bröckelten die Kurse dann munter weiter ab.

Im Nachmittagshandel seien angelsächsische Grossinvestoren als Verkäufer in Erscheinung getreten, so wird mir berichtet. Mit anderen Worten: Es wurde im grossen Stil Kasse gemacht. Bei Börsenschluss resultierte ein mageres Plus von gerade mal 2,7 Prozent.

Reichlich Öl ins Feuer goss der für Helvea tätige Markus Mayer. Der früher für UniCredit tätige Chemieanalyst gilt schon seit Jahren als Koryphäe auf seinem Gebiet. Gestern riet er seiner Anlagekundschaft dazu, die aufgelaufenen Kursgewinne mitzunehmen.

Was eine Gegenofferte anderer Interessenten wie Monsanto oder BASF anbetrifft, gibt sich Mayer desillusioniert. Ein solcher Vorstoss hätte keine guten Erfolgsaussichten, schreibt er.

Darüber hinaus macht der Experte hierzulande politischen Widerstand gegen den Verkauf eines traditionsreichen Schweizer Unternehmens nach China aus. Es rechnet deshalb mit Verzögerungen beim Verkaufsprozess und sagt den mit "Hold" und einem Kursziel von 340 Franken eingestuften Aktien mehr Rückschlags- als Aufwärtspotenzial nach.

Ähnlich sein für die Luzerner KB tätiger Berufskollege, der die Papiere von "Attraktiv" auf "Neutral" herabstufte. Er rät seinen Anlagekunden in der Kursregion von 450 Franken Kasse zu machen.

Die Experten befürchten, dass Chemchina und Syngenta insbesondere in den USA Steine in den Weg gelegt werden. Dadurch werde sich der Übernahmeprozess unnötig in die Länge ziehen, so lautet der Tenor. Die Aktionäre müssten dadurch umso länger auf ihr Geld warten. Auf Widerstand könnte das Vorhaben vor allem bei der amerikanischen Kommission für ausländische Investitionen stossen, bleibt den dortigen Agrarchemieherstellern der chinesische Saatgutmarkt doch weitestgehend verschlossen.

Branchenkennern zufolge sind die wettbewerbsrechtlichen Hürden für ein Gelingen der geplanten Übernahme nicht sonderlich hoch. Allerdings dreht sich bei der Kommission für ausländische Investitionen alles um die Gefährdung nationaler Interessen. Neben einer Abspaltung des Nordamerikageschäfts könnte diese staatliche Stelle auch mit einer Öffnung des chinesischen Saatgutmarktes für amerikanische Anbieter versöhnlich gestimmt werden. Irgendeinen Plan werden die Chinesen schon haben. Und wer weiss: Vielleicht bringt sich ja sogar Monsanto zur Rettung der nationalen Interessen der USA wieder ins Spiel?

Ich glaube deshalb, dass die Aktien von Syngenta nach der lauwarmen Kursreaktion von gestern eine "kleine Sünde" wert sind. Immerhin winken den Anlegern 465 Dollar in bar sowie eine Sonderdividende von 5 Franken je Aktie. Auf dem Weg dorthin erwartet die Anleger schon Ende April auch gleich noch eine reguläre Dividende von 11 Franken pro Titel.

Davon leitet sich im günstigsten Fall ein Kurspotenzial von 20 Prozent ab, das es sich meines Erachtens zu sichern gilt. Ich nehme die Aktien deshalb in meine Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2016 auf. Dadurch fällt die Barmittelquote von 30 auf 20 Prozent. Allerdings setze ich bei 382 Franken einen Stop-Loss-Auftrag und rate entschieden von der Umsetzung über Derivate, sprich Call-Warrants, ab.

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An der Börse ist gut manchmal nicht gut genug. Diese Erfahrung musste man gestern auch am Hauptsitz von ABB in Zürich machen. Der auf den ersten Anblick ansprechende Zahlenkranz wurde in Analystenkreisen im Laufe des Tages regelrecht zerzaust. Er sei von relativ geringer Qualität, hallt es auch heute noch nach.

Ungewohnt versöhnlich gibt man sich bei Goldman Sachs. Die für die wohl mächtigste Investmentbank der Welt tätige Analystin rät zwar weiterhin zum Verkauf der Aktien, streicht diese allerdings von der berüchtigten "Conviction Sell List". Das 12-Monats-Kursziel beziffert sie neu auf 15,50 (13,90) Franken.

Vor allem an den kostenseitigen Fortschritten findet die Expertin sichtlich Gefallen. Obschon sie bei ABB noch auf Jahre hinaus mit schwierigen Absatzmärkten rechnet, wähnt sie die Talsohle bei der Margenentwicklung als durchschritten.

Anders als viele im Swiss Market Index vertretene Aktien haben jene von ABB die Unternehmensberichterstattung vergleichsweise gut überstanden. Man merke: Ulrich Spiesshofer managt nicht nur einen Weltkonzern, sondern auch die Erwartungen.
 

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