Der cash Insider ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv. Lesen Sie börsentäglich von weiteren brandaktuellen Beobachtungen am Schweizer Aktienmarkt.

***

Der gestrige Handelstag geht an der Schweizer Börse als "Tag der Zurückgebliebenen" in die Geschichte ein. Denn gefragt waren vor allem Aktien, die im bisherigen Jahresverlauf hinter dem Gesamtmarkt zurückgeblieben sind.

Neben den zuvor arg vernachlässigten Valoren des Backwarenherstellers Aryzta waren auch die des Solarzulieferers Meyer Burger und des Antriebsherstellers Belimo sowie jene der beiden Luxusgüterkonzerne Swatch Group und Richemont weit oben in der Liste der Tagesgewinner zu finden.

In gleich zwei Fällen zündete Vontobel das Kursfeuerwerk. Dass die in Zürich beheimatete Traditionsbank gestern gleich für zwei zurückgebliebene Schweizer Nebenwerte Kaufempfehlungen aussprach, dürfte mehr als nur ein Zufall sein.

Bei Meyer Burger nahm der für Vontobel tätige Experte einen weiteren, wenn auch kleinen Auftrag zum Anlass, um die Aktien von "Hold" auf "Buy" hochzustufen. Neu lautet das Kursziel 9,40 (6,80). Nach einer langen Durststrecke rechnet er mit einer allmählichen Nachfragebelebung in den Absatzmärkten. Mit seiner Technologie sei das Unternehmen in der Lage, Herstellern bei der Modernisierung ihrer bestehenden Produktionsanlagen zu helfen oder ihnen den Übergang zu effizienteren Zelltechnologien zu ermöglichen und so die Kosten von Solarstrom signifikant zu reduzieren, schreibt der Experte.

An dieser Stelle sei allerdings erwähnt, dass andere Berufskollegen schon vor ihm ein Ende der Auftragsflaute erwartet hatten. Nicht wenige von ihnen sind heute gebrannte Kinder. Mir kommt das so vor: Man suche sich eine zurückgebliebene Aktie mit umfangreichen Baisse-Engagements (knapp 19 Prozent der ausstehenden Titel) und zünde mit einer aggressiven Kaufempfehlung ein Kursfeuerwerk.

Günstige Gelegenheiten macht Vontobel auch bei Belimo aus. Der für den Hersteller von Antriebsmotoren zuständige Experte stuft die Aktien mit einem neu 2650 (2200) Franken lautenden Kursziel von "Hold" auf "Buy" hoch. Das Unternehmen trete in eine neue Wachstumsphase ein, schreibt er. In Erwartung eines in Zukunft geringeren Investitionsbedarfs bleibe mehr Geld in der Kasse.

Meines Erachtens bleiben die Papiere von Belimo eine interessante Wette auf einen weiterhin starken Dollar, trägt das Nordamerikageschäft doch rund ein Drittel zum Jahresumsatz bei.

Nachdem an der Schweizer Börse zur Jagd auf zurückgebliebene Aktien geblasen wird, habe ich mich auf die Suche nach weiteren Kandidaten mit Nachholbedarf gemacht.

Bei den im Swiss Market Index berücksichtigten Unternehmen kommt mir spontan SGS in den Sinn. Mit einem Minus von 7,6 Prozent seit Anfang Jahr wird den Valoren des Genfer Warenprüfunternehmens die undankbare Rolle des Schlusslichts zuteil.

Der Schuh drückt nicht nur beim starken Franken. Sowohl die Kunden aus dem Bergbau als auch jene aus der Öl- und Gasindustrie müssen immer mehr aufs Geld schauen, was sich negativ bei der Auftragslage von SGS niederschlägt. 2015 droht für den in Ungnade gefallenen Börsenliebling zu einem weiteren Übergangsjahr zu werden. Allerdings entschädigt die attraktiv hohe Dividende fürs Warten.

Auch den Aktionären von Logitech winkt ein Geldregen. Für das Ende März abgelaufene Fiskaljahr 2014/15 will ihnen das Westschweizer Unternehmen umgerechnet 0,52 Franken je Aktie auszahlen. Das entspricht einer Rendite von knapp 4 Prozent. Ausserdem dürfte nach der Ergebnisveröffentlichung vom 24. April das Aktienrückkaufprogramm wieder aufgenommen werden. Vorschusslorbeeren hat Logitech bislang keine erhalten, liegt der Aktienkurs doch rund 2 Prozent unter dem Stand von Ende letzten Jahres. Derzeit laufen übrigens Wetten im Umfang von 6,9 Prozent der ausstehenden Titel gegen die Westschweizer.

Während sich der amerikanische Biotechnologiesektor von einem Rekord zum nächsten hangelt (siehe Kolumne vom 30. März), fristen die Aktien von Actelion ein Mauerblümchendasein. Seit Jahresbeginn errechnet sich ein mageres Plus von 0,3 Prozent, was sich die erfolgsverwöhnten Aktionäre nicht gewohnt sein dürften. Damit sitzen sie im selben Boot wie diejenigen von Molecular Partners. In den letzten Monaten war der Börsenwert des Debütanten sogar leicht rückläufig. Sofern sich in Übersee kein Rückschlag abzeichnet, verfügen die beiden Papiere zweifelsohne über ein gewisses Nachholpotenzial.

Im Berufshandel werden auch die Aktien von ABB, Swatch Group und Sonova als im Kurs zurückgeblieben beurteilt. Von den drei Papieren gelten nur gerade jene von Sonova deutlich weniger als noch vor wenigen Monaten. Das Minus von 9,5 Prozent seit Anfang Jahr kommt jedoch nicht von ungefähr: Der Weltmarktführer für Hörgeräte gehört zu den Verlierern des starken Frankens. Darüber hinaus haben Rivalen wie William Demant oder GN Resound technologisch zu Sonova aufgeschlossen. Im Markt für Hörgeräte tobt deshalb ein immer intensiverer Wettbewerb, was Folgen für die zukünftige Geschäftsentwicklung haben dürfte. Es drohen Marktanteilsverluste.

Bei den mittelgrossen Schweizer Unternehmen traue ich den seit Jahresbeginn um rund 4 Prozent schwächeren Aktien von OC Oerlikon den grössten Nachholbedarf zu. Die Papiere werden heute ex Dividende gehandelt, was günstige Einstiegsgelegenheiten bietet. Ich rechne über die kommenden Monate mit weiteren Anpassungen im Firmenportfolio und sehe gute Chancen für in Zukunft deutlich grosszügigere Ausschüttungen an die Aktionäre.

An dieser Stelle sei allerdings gewarnt, dass die Jagd nach zurückgebliebenen Aktien nur allzuoft auf ein weit fortgeschrittenes Stadium einer Börsenhausse hindeutet.
 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.