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Die Charttechniker von Julius Bär sind nicht gerade für Bescheidenheit bekannt. Woche für Woche machen die Experten in ihrer Publikation "Technical Investment Strategy" mit teilweise atemberaubenden Prognosen von sich reden.

Noch immer ist mir die Ausgabe von Anfang November in bester Erinnerung. Darin verglichen die Verfasser die Situation am amerikanischen Aktienmarkt mit jener der Jahre 1995 bis 1999. Auch damals hat die Börse in New York die Aufwärtsbewegung angeführt und über mehrere Jahre hinweg nicht nur deutlich besser als andere Weltbörsen, sondern auch besser als andere Anlageklassen abgeschnitten (siehe Kolumne vom 10. November).

In der aktuellsten Ausgabe legen die Charttechniker nach und raten der eigenen Anlagekundschaft wie bei einem Poker-Spiel zu einem "All in". Mit anderen Worten: Anleger wird dazu geraten "alles was diese haben auf Aktien und andere Risikoanlagen zu setzen".

Für die Experten steht fest, dass die Deflationsbekämpfung durch die Zentralbanken führender Wirtschaftsnationen in einem Siegeszug der Risikoanlagen gipfeln wird. Sowohl dies- als auch jenseits des Atlantiks wird in der Folge mit einer Wiederaufnahme der Aufwärtsbewegung von Aktien gegenüber Staatsanleihen gerechnet.

Komme Bewegung in die Sache, seien Anleger erst recht gezwungen, aus Anleihen in Aktien umzuschichten, so die für die Zürcher Traditionsbank tätigen Charttechniker.

Im Rahmen ihres Musterportfolios für weltweite Aktien empfehlen die Experten den eigenen Anlegern, voll investiert zu sein. Neu ins Portfolio aufgenommen werden neben den Aktien von Novartis auch jene von Legg Mason und Amazon.com. Im Gegenzug werden die Papiere von Essilor, AstraZeneca und Symantec verkauft.

Neben den drei Neuzugängen setzt sich das Musterportfolio aus den Aktien von Apple, Yahoo, Alexion Pharmaceuticals, Actavis, Zimmer Holdings, Illumina, Adobe Systems, Visa, Nvidia, Biogen Idec, Waste Management, CME Group, Daimler, Orange, Delhaize Group, Fresenius, Continental, Reed Elsevier, Boston Scientific, Northrop Grumman, Alliance Data Systems, Starbucks, Ingersoll-Rand, 3i Group, Volkswagen, Metro und Munich Re zusammen.

Mir fällt vor allem der hohe Anteil an amerikanischen Aktien auf. Dieser ist vermutlich auf die Erwartung zurückzuführen, dass sich die Börse in New York im internationalen Vergleich weiterhin überdurchschnittlich entwickeln wird.

Obschon die Experten mit ihrem Musterportfolio in den letzten Jahren eine glückliche Hand bewiesen haben, stimmen mich aggressive Empfehlungen wie die vorliegende oder jene vom November doch sehr nachdenklich. Ich bleibe dabei: Dank der ultralockeren Zins- und Geldpolitik führender Zentralbanken sind sich die Banken und ihre Aktienstrategen ihrer Sache bei den Aktien und anderen Risikoanlagen zu sicher geworden.

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Ich war überrascht, als Transocean vor wenigen Tagen den Fahrplan für die nächste Quartalsdividende vorlegte. Allen Unkenrufen zum Trotz wird das in Zug niedergelassene Ölserviceunternehmen schon in wenigen Wochen 0,75 Dollar je Aktie in bar auszahlen.

Das ist aus Sicht der nicht gerade erfolgsverwöhnten Aktionäre zwar nicht mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein, hat sich der Börsenwert von Transocean in den vergangenen 12 Monaten doch halbiert.

Für die Baissiers wird der Dividendenpoker jedoch immer mehr zur Nervenprobe. Denn die in der Schweiz gehandelten Aktien haben ihren seit Jahresbeginn beobachteten Rückschlag nahezu wettgemacht.

Berichten aus dem Berufshandel zufolge sind heute sogar mehr Wetten auf rückläufige Kurse offen als noch im November (siehe Kolumne vom 21. November). Lagen die Baisse-Engagements damals bei 12,6 Prozent aller ausstehenden Aktien, so sind es mittlerweile knapp 13 Prozent.

Für Wasser auf die Mühlen der Baissiers sorgt die Credit Suisse. In einer aktuellen Unternehmensstudie stuft sie die Aktien von Transocean von "Neutral" auf "Underperform" herunter, was einer Verkaufsempfehlung gleichkommt. Das 12-Monats-Kursziel wird wie bisher mit 12 Dollar angegeben.

In der Studie findet der Verfasser klare Worte. Er befürchtet, dass der Branchenabschwung den Spezialisten für die Ölförderung auf hoher See besonders stark treffen wird. Derzeit stünden zehn Förderplattformen still. Noch im vergangenen Jahr hätten diese Plattformen rund 15 Prozent zum Umsatz beigetragen. Doch damit nicht genug: Bankeigenen Schätzungen zufolge laufen über die kommenden zwei Jahre Verträge im Umfang von mehr als der Hälfte des Jahresumsatzes ab. Darf man dem Experten Glauben schenken, dann kommen schwere Zeiten auf das einstige Vorzeigeunternehmen zu.

Den Firmenverantwortlichen empfiehlt der Studienverfasser, sich jetzt zu refinanzieren und nicht erst bei Fälligkeit der ausstehenden Kredite und Anleihen. Mit einem Dividendenverzicht rechnet der Experte übrigens nicht. Allerdings hält er eine Kürzung der Ausschüttung auf jährlich 0,40 (3) Dollar je Aktie für vernünftig.

Auch wenn sich der Ölpreis zuletzt deutlich erholt hat bleibt unklar, ob das Geschäftsmodell von Transocean wirklich Zukunft hat. Ich warte deshalb auf einen günstigen Zeitpunkt, um die Ende Dezember im Rahmen meiner Schweizer Aktienfavoriten ausgesprochene Empfehlung mit einem möglichst geringen Kursverlust zu schliessen.

 

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