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Schon seit Jahren haftet den Namenaktien von Novartis der Ruf des langweiligen und trägen Indexschwergewichts an. Doch scheinen gerade diese Attribute in diesen Tagen vermehrt gefragt zu sein. Nur so lässt sich erklären, weshalb mir Händler von auffälligen aus dem Ausland eintreffenden Kaufaufträgen berichten.

Vermutlich helfen den Papieren des in Basel beheimateten Pharmakonzerns auch Fantasien rund um das Entwicklungsprojekt LCZ696. Das sich in einem fortgeschrittenen Stadium befindliche Medikament zur Behandlung von chronischer Herzschwäche wird in Analystenkreisen als vielversprechend beurteilt. Weltweit leiden geschätzte 26 Millionen Menschen an diesem bisher nur schwer behandelbaren Problem. Dementsprechend hoch ist das kommerzielle Potenzial von LCZ696.

Der für die Société Générale tätige Experte traut dem Präparat einen jährlichen Spitzenumsatz von 7,3 Milliarden Dollar zu. Zum einen zeige das Medikament in bisherigen Studien einen statistisch signifikanten Rückgang bei den Todesfällen, weshalb LCZ696 zur Standardtherapie werden könnte. Zum anderen habe Novartis eine solche Studie vorzeitig beenden können und eine direkte Vergleichsstudie mit dem firmeneigenen Präparat Diovan in Auftrag gegeben. Mit diesem Schritt signalisiere das Unternehmen Zuversicht in die Überlegenheit des zukünftigen Verkaufsschlagers.

Lange Rede kurzer Sinn: Der für das französische Bankinstitut tätige Experte erhöht das 12-Monats-Kursziel für die zum Kauf empfohlenen Aktien von Novartis auf 99 (94) Franken und damit in unmittelbare Nähe zu dreistelligen Kursen. Mit einem rechnerischen Aufwärtspotenzial von 23 Prozent bleiben die Papiere die erklärten Sektorfavoriten.

Weitere Anhaltspunkte zu LCZ696 verspricht das diesjährige Treffen der European Society of Cardiology von Ende nächster Woche. Vermutlich werden weitere Analysten dem Beispiel ihres für die Société Générale tätigen Berufskollegen folgen und ihre Umsatzschätzungen für das Medikament substanziell erhöhen.

Auf kurze Sicht könnten diese Aufwärtsrevisionen den Aktien von Novartis weiteren Schub verleihen und sie auf den höchsten Stand in der Firmengeschichte klettern lassen. Um die Papiere des Basler Traditionsunternehmens in dreistelliges Kursniveau vorstossen zu lassen, bedarf es allerdings um einiges mehr.

Die Bereinigungen im Firmenportfolio sind weitestgehend abgeschlossen. Nach der Übernahme des Onkologiegeschäfts von GlaxoSmithKline muss Novartis bei dessen komplizierter Integration nun liefern. Und auch bei den zahlreichen sich in einem fortgeschrittenen Stadium befindlichen Entwicklungsprojekten dürfen sich die Basler keine Fehler erlauben. Denn die Erwartung der Anleger und Analysten sind mittlerweile ambitiös hoch. Zudem drohen bei mehreren Verkaufsschlagern vergangener Tage wie Diovan und Glivec nach wichtigen Patentabläufen die Umsätze wegzubrechen.

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Was die Spatzen am Hauptsitz von Nobel Biocare in Glattbrugg schon seit Wochen von den Dächern pfeifen, ist seit gestern offiziell: Obschon der Umsatz gegenüber dem Vorjahr auch im zweiten Quartal rückläufig war, erzielte der Dentalimplantatehersteller dank Fortschritten auf der Kostenseite sowohl beim operativen Gewinn als auch beim Reingewinn eine Verdoppelung.

Die sich vom Unternehmen verschriebene Kostenkur kommt in Analystenkreisen gut an. Und das obschon sich erst noch zeigen muss, ob die zusammengestrichenen Ausgaben für das Marketing und den Vertrieb nachhaltig tief bleiben.

Mit der Deutschen Bank wirft heute jedenfalls eine weitere Bank das Handtuch auf ihrer bisherigen Verkaufsempfehlung. Die in der Vergangenheit nicht gerade erfolgsverwöhnte Medizinaltechnikexpertin stuft die Aktien von Nobel Biocare von "Sell" auf "Hold" hoch. Nach einer Aufwärtsrevision der zukünftigen Gewinnschätzungen um 8 bis 18 Prozent lautet das Kursziel neu 16 (11,70) Franken.

Obschon die Möglichkeit eines Unternehmensverkaufs ins Ausland im Kommentar nirgends explizit erwähnt wird, dürfte diese ins Bewertungsmodell und damit ins neue Kursziel mit eingeflossen sein.

Bemerkenswert ist meines Erachtens die Haltung des für JP Morgan tätigen Berufskollegen. Er lässt sich nicht von seiner negativen Haltung abbringen und empfiehlt die Papiere mit "Underweight" und einem neu 12 (11,30) Franken lautenden Kursziel zum Verkauf.

Die Firmenverantwortlichen hätten am gestrigen Tag darauf verzichtet, sich zu den angeblichen Gesprächen mit Interessenten zu äussern. In der Presse seien die Namen Danaher und EQT Partners gefallen. Letzterer Interessent biete angeblich rund 17 Franken je Aktie, was unter dem gestrigen Schlusskurs liege.

Da sich die Gespräche vermutlich in einem frühen Stadium befänden und es keine Gewissheit gebe, dass diese tatsächlich in einem Angebot an die Aktionäre münden, bewerte er das Unternehmen weiterhin auf fundamentaler Basis, so der mutige Experte.

Bleibt aus Sicht der Publikumsaktionäre selbst nach der gestrigen Ergebnisüberraschung zu hoffen, dass früher oder später ein vernünftiges Angebot auf den Tisch kommt.