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Am vergangenen Freitag tastete sich der Schweizer Aktienmarkt an die bisherige Rekordmarke von Mitte September heran. Der breit gefasste Swiss Performance Index (SPI) verfehlte diese nur um wenige Punkte, bevor Absicherungstransaktionen über die Index-Futures eine erste grössere Gewinnmitnahmewelle lostraten.

Eigentlich könnte man meinen, dass den Marktakteuren die Ausverkaufswelle der ersten zwei Oktober-Wochen noch immer tief in den Knochen sitzt. Dass dem nicht so ist, beweisen die immer euphorischeren Stimmen aus dem Lager der Aktienstrategen.

In der neusten Ausgabe der "Technical Investment Strategie" vergleichen die für Julius Bär tätigen Charttechniker die Situation an den Aktienmärkten sogar mit jener in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre. Damals habe der amerikanische Aktienmarkt die Aufwärtsbewegung angeführt und sich deutlich besser als andere Weltbörsen entwickelt.

Bankeigenen Statistiken zufolge übertraf der S&P-500-Index in den Jahren 1995 bis 1999 einen aus Gold, anderen Rohstoffen und Schwellenländeraktien zusammengestellten Korb um nicht weniger als 320 Prozent. Das entspricht einer überdurchschnittlichen Entwicklung von 41 Prozent - und das pro Jahr.

Nach einer Pause von mehr als zehn Jahren beweise der amerikanische Aktienmarkt seit Herbst 2011 wieder relative Stärke. Der S&P-500-Index habe seit damals um 130 Prozent oder 30 Prozent im Jahr besser als der zum Vergleich herangezogene Korb abgeschnitten, so die Charttechniker von Julius Bär. Für sie ist klar: Die Fahnenstange ist damit noch lange nicht erreicht.

Deshalb heben die viel beachteten Experten ihr taktisches Anlageurteil für den amerikanischen S&P-500-Index von "Neutral" auf "Overweight" an. Etwas zurückhaltender sind sie für den Schweizer Aktienmarkt. Andeutungshalber liebäugeln die Charttechniker allerdings auch beim Swiss Market Index (SMI) mit einer taktischen Höherstufung.

Über die letzten Wochen habe ich mehrfach darauf hingewiesen, dass sich die Banken und ihre Aktienstrategen ihrer Sache fast zu sicher sind. Indem die Experten von Julius Bär nun sogar mit einer Wiederholung der vom Technologieboom angetriebenen Aktienhausse der Neunzigerjahre rechnen, öffnen sie ein neues Kapitel. Es ist bloss zu hoffen, dass es sich rückblickend nicht als das Schlusskapitel der mittlerweile fast sechs Jahre dauernden Hausse erweist.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch schnell auf die jüngste Erhebung des Anlegervertrauens durch die American Association of Individual Investors, kurz AAII, zu sprechen kommen. Auf Basis dieser Erhebung signalisierten 52,6 Prozent der Befragten Zuversicht, was die weitere Entwicklung am amerikanischen Aktienmarkt anbetrifft. Letztmals lag dieser Umfragewert vergangenen Dezember auf einem vergleichbar hohen Stand. Beunruhigend ist allerdings, dass sich mit 15,1 Prozent so wenige der Befragten wie seit neun Jahren nicht mehr negativ über den Heimmarkt ausliessen. Für gewöhnlich folgte in der Vergangenheit auf solche Extremwerte rasch einmal ein Stimmungsumschwung.

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Eigentlich war vorgesehen, dass Transocean vergangene Donnerstagnacht den Zahlenkranz für das dritte Quartal veröffentlicht. Auf eine Pressemitteilung wartete man allerdings vergeblich. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar: Da braut sich etwas zusammen.

Am Freitagmittag liess das in Zug beheimatete Ölserviceunternehmen die Katze dann aus dem Sack und kündigte ausserordentliche Wertberichtigungen im Gesamtumfang von knapp drei Milliarden Dollar an.

Dieser Ablauf von Ereignissen wirft kein gutes Licht auf die Entscheidungsträger von Transocean. Denn die Werthaltigkeit des für die Übernahmen der letzten Jahre aktivierten Goodwills wurde schon eine ganze Weile angezweifelt. Dasselbe gilt für den Wert der in die Jahre gekommenen Förderflotte. Weshalb also diese Feuerwehrübung?

Nicht vorenthalten möchte ich meinen Leserinnen und Lesern einen Kommentar der Deutschen Bank. Darin nimmt der Verfasser kein Blatt vor den Mund. Transocean fehle ein glaubwürdiger und nachhaltiger Plan, wie mit den schwierigen Branchenbedingungen fertig zu werden sei.

Das Unternehmen verlasse sich zu sehr auf die Möglichkeit, Aktiven zu veräussern oder in das Master Limited Partnership (MLP) zu transferieren. Dringend notwendige Investitionen, die grosszügige Dividendenpolitik und im Laufe des nächsten Jahres fällig werdende Kredite könnten Transocean allerdings zusetzen, so der Experte. Neben einer Dividendenkürzung schliesst er eine Kapitalerhöhung nicht mehr länger aus. Die Aktien werden deshalb weiterhin mit einem erschreckend tiefen Kursziel von 16 Dollar zum Verkauf empfohlen.

So brutal es auch klingen mag: Der starke Rückschlag beim Ölpreis setzt dem Geschäftsmodell des einstigen Börsenlieblings sichtlich zu. Wenn schon die Ölförderung an Land kaum mehr rentabel ist, wie soll es dann jene auf hoher See und in grossen Tiefen sein?