Meines Erachtens hat Apple den Status als Börsenliebling zwar schon vor Monaten eingebüsst. Zumindest in Analystenkreisen will man dies allerdings noch immer nicht so recht wahrhaben. Denn obschon das amerikanische Kult-Unternehmen seit dem vergangenen September gut einen Drittel seines Börsenwerts eingebüsst hat, halten die meisten Analysten diesen Aktien unerschrocken die Stange.

Bisher gehörte auch der für die Berenberg Bank tätige Experte dieser Gruppe von Analysten an. In einer heute erschienenen Studie zu den Herstellern von Smartphones und Tablet-PC entschliesst sich der viel beachtete Verfasser allerdings zu einem pragmatischen Schritt: Er kündet den Aktien von Apple die Liebe und stuft sie von «Buy» auf «Sell» zurück. Gleichzeitig streicht der Experte das Kursziel um mehr als die Hälfte auf 360 (800) Dollar zusammen.

Gemeinsam mit dem Erzrivalen Samsung habe das amerikanische Unternehmen das Hochpreissegment in der Vergangenheit dominiert. An dieser Dominanz werde sich in Zukunft zwar nicht viel ändern. Allerdings befürchtet der Experte in diesem Preissegment über die kommenden zwei Jahre eine Wachstumsverlangsamung von bisher jährlich 50 bis 100 Prozent auf 10 bis 15 Prozent. Ein hohes Wachstum verspreche nur noch das tiefe und mittlere Preissegment. Gerade in den Schwellenländern gehe davon die Gefahr einer Kanibalisierung für das Hochpreissegment aus. Der Experte rechnet deshalb bei beiden Marktführern mit einer unglücklichen Kombination von tieferen Wachstumsraten und rückläufigen Bruttomargen.

Apple befindet sich zweifelsohne in einer Zwickmühle: Wildert das Unternehmen mit einem Billig-Smartphone im gerade in den Schwellenländern zweistellig wachsenden Tiefpreissegment, riskiert es zusätzlichen Druck auf die Bruttomarge. Lässt es dies sein, droht ihm hingegen eine nicht weniger schmerzhafte Wachstumsflaute, was sich ebenfalls in einer rückläufigen Bruttomarge niederschlagen könnte.

Der für Berenberg Bank tätige Experte mag seine Gründe für die heutige Verkaufsempfehlung haben. Ich erachte letztere nach dem seit dem vergangenen September beobachteten Rückschlag dennoch als mutig. Auch wenn der immer intensivere Wettbewerb seitens immer zahlreicher werdenden Anbietern sowie die immer schwieriger zu erzielenden kommerziellen Differenzierungsmerkmale zwischen den jeweiligen Produktgenerationen ihren Tribut fordern werden.

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Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass ich das Thema Bankaktien in der jüngeren Vergangenheit ziemlich überstrapaziert habe. Die gestern im späten Handel im europäischen Bankensektor beobachtete Erholungsbewegung bedarf allerdings einer Erklärung, so lassen zumindest die seither bei mir eingetroffenen Anfragen vermuten.

Einerseits setzt sich am Markt zunehmend die Meinung durch, dass die von der politischen Pattsituation in Italien losgetretene Sektorenschwäche ein übertriebenes Ausmass angenommen hat. Andererseits provozierte die Société Générale mit einer geradezu euphorischen Branchenstudie gezielte Anlage- und Deckungskäufe.

Offiziell stuft der verantwortliche Experte den europäischen Bankensektor zwar nur mit «Neutral» ein. Auf Basis seines Gordon-Growth-Valuation-Modells macht er auf längere Sicht jedoch ein durchschnittliches Aufwärtspotenzial von nicht weniger als 55 Prozent aus. Derzeit liege die Bewertung europäischer Banken beim 0,9-fachen bereinigten Buchwert, so der ehemals für Bernstein Research tätige Experte. Längerfristig sei mit einer Höherbewertung auf das 1,43-fache des bereinigten Buchwerts zu rechnen. Unter Berücksichtigung wolkenloser Rahmenbedingungen sei bei einigen Bankaktien sogar ein Anstieg auf den 1,71-fachen bereinigten Buchwert möglich. Der Experte spielt dabei vor allem auf Banken ausserhalb der Euro-Zone an, sprich auf die beiden Schweizer Grossbanken.

Eine Verbesserung der Eigenkapitalrendite von derzeit 8 auf 12 Prozent auf dem Kernkapital und eine Belebung des Wachstums auf 4 Prozent müsste grundsätzlich zu einem Bewertungsanstieg um bis zu 57 Prozent führen, so ist sich der viel beachtete Experte sicher.

Bei der Société Générale werden die mit «Buy» und einem 12-Monats-Kursziel von 33 Franken zum Kauf empfohlenen Namenaktien der Credit Suisse zu den Sektorfavoriten gezählt. Dies zum einen aufgrund des hohen Ergebnisbeitrags aus dem Aktienhandel und zum anderen aufgrund der starken Stellung im Geschäft mit Firmenübernahmen und -fusionen. Die Papiere der Erzrivalin UBS werden hingegen seit einem Ende Januar vollzogenen Favoritenwechsel mit «Hold» und einem 16 Franken lautenden 12-Monats-Kursziel eingestuft.

Auch die Bank Mirabaud nutzt heute die Gunst der Stunde und stuft die Aktien der Credit Suisse mit einem neu 30 Franken lautenden Kursziel auf «Overweight» hoch. Der verantwortliche Experte machte sich in den letzten Jahren mit seinem soliden Leistungsausweis einen Namen.

Ich schliesse nicht aus, dass der europäische Bankensektor und damit auch die hiesigen Bankaktien vorerst einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt bleiben. Dementsprechend uneinheitlich und heftig dürften auch die Kursausschläge ausfallen. Die freundlichen Finanzmärkte, die auf der Kostenseite zu erwartenden Fortschritte und saisonale Gegebenheiten lassen mich bei den beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse ein starkes erstes Quartal vermuten. Sofern an den Finanzmärkten nicht ein grundlegender Stimmungsumschwung einsetzt, erachte ich die jüngste Neubeurteilung und -bewertung der beiden Aktien als noch nicht abgeschlossen.