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Das hatten sich die Aktionäre von Nestlé vermutlich anders vorgestellt: Entgegen anders lautenden Erwartungen trennt sich der Westschweizer Nahrungsmittelhersteller bei L'Oréal nur von einem Bruchteil des Beteiligungspakets. Und als ob das nicht schon genug wäre, fliessen Nestlé nur umgerechnet 4,1 Milliarden Franken in bar zu. Den Rest begleicht der französische Kosmetikkonzern mit seinem hälftigen Anteil am Joint-Venture Galderma.

Nach Abschluss der Transaktion halten die Westschweizer noch ein Paket von 23,3 Prozent an L’Oréal. Wie Verwaltungsratspräsident und Übervater Peter Brabeck am Dienstagnachmittag an der Analystenkonferenz klarmachte, handelt es sich dabei um eine strategische Beteiligung. Nestlé macht keine Anstalten, die verbleibenden Aktien zu Geld zu machen. Wer sich also auf einen vollständigen Paketverkauf und ein anschliessendes Aktienrückkaufprogramm in zweistelliger Milliardenhöhe gefreut hatte, wurde bitter enttäuscht.

Denn obschon das Unternehmen ein solches am Dienstag im Ansatz andeutete, wurden die Firmenverantwortlichen anlässlich der heutigen Jahresergebnispräsentation keineswegs konkreter. Auch die vorgeschlagene Dividende von 2,15 Franken je Aktie reisst niemanden vom Hocker. In Anbetracht der beim Reingewinn und bei den Barmitteln erzielten Fortschritte ist dieser Antrag an die Generalversammlung nur schwer zu erklären.

Für Wasser auf die Mühlen der Baissiers sorgt auf den ersten Blick auch der heute früh von Nestlé veröffentlichte Zahlenkranz. Die erwartete Wachstumsbeschleunigung blieb im vierten Quartal aus, weshalb die Umsatzentwicklung hinter den Erwartungen zurückblieb. Auf den Stufen EBIT und Reingewinn wurden letztere ebenfalls verfehlt. Ernüchternd fällt jedoch vor allem der Ausblick auf das laufende Jahr aus, rechnen die Firmenverantwortlichen doch mit einem organischen Umsatzwachstum am unteren Ende der mittelfristigen Zielbandbreite von 5 bis 6 Prozent.

Kein Wunder, verschaffen sich die meisten Analysten in ihren Kommentaren Luft. Bei der MainFirst Bank werden die Aktien von Nestlé sogar von «Outperform» auf «Underperform» zurückgestuft. Das Kursziel lautet weiterhin 70 Franken.

Anders als die MainFirst Bank rate ich Anlegern allerdings davon ab, die Flinte bei den Papieren des Westschweizer Nahrungsmittelherstellers voreilig ins Korn zu werfen. Denn wieso sollte Nestlé sich von Teilen der an L’Oréal gehaltenen Beteiligung trennen, wenn diese eigenen Aussagen zufolge doch strategischer Natur ist? Vermutlich wollen sich die Firmenverantwortlichen bloss nicht unter Druck setzen lassen. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass auch das verbleibende Beteiligungspaket zur Disposition steht und in mehreren Schritten entweder in das angedeutete Aktienrückkaufprogramm oder gewinnverdichtende Firmenübernahmen fliessen wird. Und auch mit dem möglicherweise absichtlich konservativ abgefassten Ausblick behält man sich bei Nestlé einen Pfeil im Köcher.

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Ich muss Jean-Paul Clozel an dieser Stelle ein Kränzchen winden: In den letzten Jahren stellte er die Interessen der Patienten und den langfristigen Erfolg von Actelion über seine persönlichen Interessen. Als die potenziellen Käufer vor wenigen Jahren beim in Allschwil beheimateten Biotechnologieunternehmen Schlange standen, wimmelte er diese kurzum ab, anstatt sein Aktienpaket über Nacht zu Gold zu machen.

Der Erfolg mit dem Schlüsselmedikament Tracleer und dem potenten Nachfolgepräparat Opsumit gibt Clozel nachträglich Recht. Gleichzeitig ist der Erfolg Balsam auf die Wunden der Publikumsaktionäre, die mit ihren Interessen in der Vergangenheit oft hintanstehen mussten.

Anlässlich der Analystenkonferenz vom Dienstagnachmittag äusserten sich die Firmenverantwortlichen von Actelion allerdings etwas gar optimistisch, wenn nicht sogar euphorisch: Den beiden Medikamenten Tracleer und Opsumit trauen sie bis in sechs Jahren einen jährlichen Umsatzbeitrag von 3,6 Milliarden Franken zu. Und das obschon der für Helvea tätige Experte den gesamten Markt für Medikamente gegen pulmonale arterielle Hypertonie auf heute 4 Milliarden Franken im Jahr schätzt und ihm über die kommenden Jahre bestenfalls ein tiefes einstelliges Wachstum zutraut.

Dass andere Mitbewerber sich der Dominanz von Actelion nicht beugen, lässt auch eine gestrige Aussage von Gilead Sciences vermuten. Der amerikanische Rivale will in Vergleichsstudien den Beweis antreten, dass das eigene Medikament Letairis dem von Actelion entwickelten Konkurrenzpräparat Opsumit ebenbürtig ist.

Wenn sich Firmenverantwortliche so euphorisch wie die von Actelion geben, dann schrillen bei mir meist die Alarmglocken. Meines Erachtens sind die Aktien des Börsenlieblings zumindest fürs Erste ausgereizt.

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Ich möchte bei Logitech derzeit nicht in der Haut der Baissiers stecken. Mit drei überraschend starken Quartalsergebnissen in Folge hat der Westschweizer Peripheriegerätehersteller jeglichen Zweifel am Turnaround ausgeräumt.

Gestern provozierte CEO Bracken Darrell mit einem Interview in der hiesigen Finanzpresse noch einmal von Panik geprägte Deckungskäufe. Hellhörig machten die Baissiers vor allem seine Aussagen zur Verwendung der reichlich vorhandenen Barmittel. Sollten sich keine attraktiven Übernahmen anbieten, sei ein Aktienrückkaufprogramm wahrscheinlich, so lautete seine unmissverständliche Botschaft.

In einem mir aus dem Berufshandel zugespielten Kommentar relativiert der für Helvea tätige Verfasser diese Aussagen allerdings. Anders als andere seiner Berufskollegen vermutet der Experte, dass die zurückgekauften Aktien nicht vernichtet werden, sondern ins Mitarbeiterbeteiligungsprogramm fliessen könnten.

Nach der Neubeurteilung und –bewertung der vergangenen 9 bis 12 Monate halte ich die Aktien von Logitech nicht mehr länger für unterbewertet und deshalb auch nicht mehr unbedingt für kaufenswert.