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Während in Europa erst jedes zweite Unternehmen sein Jahresergebnis veröffentlicht hat, ist die Unternehmensberichterstattung in den USA nahezu abgeschlossen. Nicht ganz unerwartet hat in Übersee erstmals der starke Dollar Spuren in der Umsatz- und Gewinnentwicklung hinterlassen, legten doch nur wenige Firmen wirklich überzeugende Zahlenkränze vor. Erhebungen von J.P. Morgan zufolge lagen die Unternehmensgewinne im Schlussquartal gerademal um 5 Prozent über dem Vorjahr.

Was verständlicherweise weder die Firmen selber noch die Aktienanalysten an die grosse Glocke hängen: Ohne gewinnverdichtende Aktienrückkäufe hätte vor den 5 Prozent nicht ein Plus, sondern ein fettes Minus gestanden.

Da sich der seit Jahresbeginn beobachtete Siegeszug des Dollars in den letzten Tagen weiter beschleunigt hat, ist die Verunsicherung bei den Marktakteuren in New York gross. Es überrascht deshalb nicht, dass der S&P 500 Index seine diesjährigen Kursavancen innerhalb nur weniger Tagen vollständig preisgegeben hat. Noch verhaltener wäre die Bilanz ohne die Aktien von Apple, gehen beim breit gefassten Börsenbarometer seit Jahresbeginn doch gut 50 Punkte alleine auf das Konto dieses Indexschwergewichts.

Für den Aktienstrategen von Kepler Cheuvreux steht fest: Der Rückschlag an der Wall Street hat längst begonnen und wird früher oder später auch auf die Seuropäischen Aktienmärkte übergreifen.

Darf man dem viel beachteten Experten Glauben schenken, dann dürfen hiesige Anleger allerdings erleichtert aufatmen. Denn anders als jenseits des Atlantiks hält er Rücksetzer diesseits nur von vorübergehender Dauer. Und auch wenn der Aktienstratege es in seinem jüngsten Kommentar nicht explizit schreibt, so lässt er zumindest durchblicken, dass er solche Rückschläge als günstige Kaufgelegenheiten erachtet.

Von den zuletzt rückläufigen Handelsvolumen und der noch immer guten Nachfrage nach weitestgehend von der Konjunkturentwicklung unabhängigen Aktien und Sektoren schliesst man bei Kepler Cheuvreux darauf, dass die Anleger in Europa gut gegen Rücksetzer an den Aktienmärkten gerüstet sind.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass der für das Cross Asset Research tätige Experte selber eine sehr viel aggressivere Umsetzung der Strategie fährt. Unseren als defensiv geltenden Schweizer Aktienmarkt hat er beispielsweise schon vor Wochen von "Overweight" auf "Underweight" heruntergestuft. Im Gegenzug rät er seiner Anlagekundschaft auf Aktien aus Frankreich, Deutschland und Italien sowie auf solche aus den Sektoren zyklischer Konsum, Industrie, Informationstechnologie und Telekommunikation zu setzen.

Interessant ist übrigens, was der Aktienstratege über die jüngsten Währungsverschiebungen schreibt. In den USA sei der starke Dollar nun erstmals bei den Wirtschaftsindikatoren zu spüren, so entnehme ich seinem Kommentar. Würden die positiven Überraschungen aus der amerikanischen Wirtschaft immer seltener, gebe es in Europa des öfteren Grund zur Zuversicht. Dasselbe sei bei den Gewinnschätzungsrevisionen für die Unternehmen zu beobachten. Zum ersten Mal seit Mitte 2011 wende sich das diesbezügliche Blatt zugunsten des alten Kontinents.

Schon Wochen vor den seit Montag laufenden Anleihekäufen durch die Europäische Zentralbank (EZB) haben sich international tätige Grossinvestoren in unseren Breitengraden eingekauft. Stummer Zeuge ist der innerhalb weniger Wochen um über 20 Prozent festere deutsche Aktienmarkt. Doch auch in anderen Nachbarländern wurden konjunkturabhängige Aktien und Sektoren in dieser Zeit rege nachgefragt. Bleibt aus Anlegersicht zu hoffen, dass die Pläne der EZB aufgehen und die Wertpapierkäufe die gewünschte Wirkung entfalten. Ansonsten sehe ich schwarz.

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Der Verwaltungsrat der Credit Suisse konnte sich nicht mehr länger gegen den Druck aus dem Aktionariat stemmen: Nach acht mehr oder weniger erfolglosen Jahren wird Brady Dougan seinen Chefsessel räumen.

Die Hoffnung, dass die in Zürich beheimateten Grossbank unter seinem Nachfolger Tidjane Thiam einen strategischen Kurswechsel vollziehen wird, liess die Namenaktien gestern kräftig steigen und bescherten Dougan und seinen Mitarbeiteraktien damit ein kleines "Abschiedsgeschenk".

Einem Kommentar aus dem Hause Deutsche Bank entnehme ich, dass Thiam aufgrund seines Hintergrunds seine Schwerpunkte auf dem Wealth Management sowie auf dem Asiengeschäft setzen dürfte. Auch eine weitere Schrumpfung der Investmentbank, insbesondere des kapitalintensiven Handels mit Festverzinslichen, Devisen und Rohstoffen hält der Verfasser des Kommentars für wahrscheinlich.

Sollte dieser Geschäftsbereich unter dem neuen CEO auf ein Minimum reduziert werden, würde der Credit Suisse zwar ein Gewinn von einer Milliarde Franken wegbrechen, so der Experte. Dies entspreche gut einem Fünftel des Jahresgewinns. Gleichzeitig würde ein solcher Vorstoss 10 Milliarden Franken an Eigenkapital freisetzen. Doch selbst wenn 80 Prozent dieses Betrags Restrukturierungs- und Redimensionierungskosten zum Opfer fallen, verbessere sich die Kernkapitalquote auf 15 Prozent und das Leverage-Ratio auf über 5 Prozent.

Erst am Montag plädierte ich an dieser Stelle für eine strategische Neuausrichtung. Der gestern bekanntgewordene Wechsel an der Bankspitze ist bestenfalls ein erster Schritt auf einem langen und vermutlich eher beschwerlichen Weg.

Deshalb schliesse ich meine Ende Dezember im Rahmen meiner Schweizer Aktienfavoriten für 2015 empfohlene Position in den Namenaktien der Credit Suisse. Es resultiert ein leichtes Kursplus von einem Prozent. Sollte sich die Schweizer Grossbank in naher Zukunft zu einer Kapitalerhöhung durchringen, ziehe ich einen Wiedereinstieg in Erwägung.

 

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