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Was war das nur wieder für eine Woche: Noch am Montag schien die Finanzwelt völlig aus den Fugen geraten zu sein, nachdem über das Wochenende in Washington die Verhandlungen über das mit 2 Billionen Dollar dotierte Hilfspaket ins Leere gelaufen waren. Folglich ging der Swiss Market Index (SMI) hierzulande mit einem satten Minus von mehr als 5 Prozent auf dem absoluten Tagestiefst aus dem Handel.

Wer auch immer die Nerven verlor und sich an diesem Tag von Aktien trennte, bereute das schon tags darauf. Nachdem Washington einen Durchbruch bei den Verhandlungen meldete und das Hilfspaket in Rekordzeit durch den Kongress boxte, gab es auch für die hiesigen Aktienkurse kein Halten mehr. Auch dass die amerikanische Notenbank abermals ihre Geldschleusen öffnete, liess den SMI im Laufe des Donnerstagmorgens in der Spitze bis auf 9200 Punkte vorstossen - wobei gerade die zuvor arg gebeutelten Bankaktien in den Genuss eines Kursfeuerwerks kamen.

Nicht so die Valoren von Roche, Givaudan oder Nestlé. Und auch den dividendenstarken Papieren von Swisscom erging es nicht viel besser. Sie alle krankten an einer mysteriösen Kursschwäche und hatten sowohl am Mittwoch als auch am Donnerstag zeitweise Verluste von bis zu 5 Prozent zu beklagen.

Nicht nur der Dividendenabgang kostete die Givaudan-Aktien zuletzt wertvolle Kursfranken (Quelle: www.cash.ch)

Wie mir mehrere Londoner Quellen berichten, trennen sich schon seit Tagen angloamerikanische Grossinvestoren von diesen Aktien. Es dürften dieselben Grossinvestoren sein, die in den ersten Februar-Wochen noch Zuflucht in konjunkturresistenten Papieren wie jenen von Roche, Givaudan oder Swisscom suchten und rückblickend auch fanden. Nun scheinen sie still und leise den Rückzug angetreten zu haben - vermutlich um in stark im Kurs gefallene Marktsegmente umzuschichten.

Noch ist dieser Trend bloss ein kleines Rinnsal, das zu zu einem Bach anschwellen muss, der dann in einen Fluss übergeht. Ich verspreche mir diesbezüglich schon für nächste Woche wichtige Hinweise, ob dieser Trend an Breite gewinnt.

Von einem Trend lässt sich auch bei der Aussetzung von diesjährigen Zielvorgaben sprechen. Anders als LafargeHolcim - der Baustoffhersteller befindet sich völlig im Blindflug - macht Sonova wenigstens noch Angaben zur Umsatzentwicklung. Allerdings hat der Hörgerätespezialist sein milliardenschweres Aktienrückkaufprogramm schon vor zwei Wochen auf Eis gelegt. Auch hier lässt sich von einem Trend sprechen, befindet sich Sonova mittlerweile doch in guter Gesellschaft.

Meine Vermutung: Weitere Schweizer Unternehmen dürften ihre Zielvorgaben und Aktienrückkaufprogramme kassieren - wenn nicht in den nächsten Tagen, dann spätestens im Zuge der anlaufenden Quartalsberichterstattung.

Einmal mehr zeigt sich, wie prozyklisch Aktienrückkäufe eigentlich sind. Nicht wenige Unternehmen müssen sich rückblickend den Vorwurf gefallen lassen, quasi zu Höchstkursen eigene Titel erworben zu haben. Nun, da die Kurse gefallen sind, werden die Rückkaufprogramme ausgesetzt.

Ziemlich frech finde ich, wenn Unternehmen lauthals nach staatlicher Hilfe schreiben, die in den letzten Jahren unzählige Milliarden teils über fremdfinanzierte Aktienrückkaufprogramme an die Aktionäre zurückgeführt haben und der Coronavirus-Krise nun mit einem gefährlich dünnen Finanzpolster begegnen. Ich denke da nicht nur an den Flugzeugbauer Boeing, sondern gleich an die gesamte amerikanische Flugindustrie. Man müsste zuerst einmal die Aktionäre zur Kasse bitten, bevor man diese Unternehmen mit Steuergeldern rettet.

Eine spannende Woche steht dem Sensorenhersteller AMS bevor. Am gestrigen Donnerstag endete der Bezugsrechtehandel für die Kapitalerhöhung und mit ihm der damit verbundene Verkaufsdruck auf die Aktien. Noch ist nicht bekannt, wie viele der Bezugsrechte ausgeübt wurden und ob die Konsortialbanken - unter ihnen die UBS - nicht gezeichnete Titel übernehmen müssen. Die nächsten Tage werden diesbezüglich für geregelte Verhältnisse sorgen.

Dass ausgerechnet die ausländischen Leerverkäufer den Aktien von AMS mit aggressiven Deckungskäufen wieder Leben einhauchen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Mal schauen, ob den Papieren trotz Spekulationen rund um Verzögerungen bei der Markteinführung der neuen 5G-fähigen iPhones des Grosskunden Apple eine Rückkehr in den zweistelligen Frankenbereich gelingt.

Aktienkursentwicklung beim Sensorenhersteller AMS seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)

Wenn ich im Hinblick auf nächste Woche etwas zuverlässig sagen lässt, dann dass uns die starken Kurs- und Stimmungsschwankungen wohl noch eine ganze Weile begleiten werden. Umsatz- und Gewinnwarnungen dürften en vogue bleiben und die Kurse der betroffenen Aktien bewegen. Nun zeigt sich, was mittlerweile eingepreist ist und was nicht.

Vielleicht sehen wir die Welt schon in einer Woche etwas klarer, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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