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Noch im Frühjahr schien die Welt der Aktionäre von Meyer Burger in bester Ordnung. Innerhalb nur weniger Wochen kletterten die Namenaktien des im bernischen Gwatt beheimateten Solarzulieferunternehmens um mehr als 80 Prozent auf 19,25 Franken. Für die nötige Musik sorgten damals die beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse mit aggressiven Kaufempfehlungen.

Heute, wenige Monate später, sind die Papiere nur noch ein Schatten ihrer selbst. Eine Aktienplatzierung sowie die Emission einer Wandelanleihe haben deutliche Spuren in der Kursentwicklung hinterlassen.

Seit wenigen Tagen befinden sich die Aktien - zumindest gefühlt - im freien Fall. Ich habe mich deshalb auf die Suche nach den möglichen Gründen für den jüngsten Kurszerfall gemacht und bin fündig geworden.

Am vergangenen Freitag musste mit Sputnik Engineering ein Schweizer Vorzeigeunternehmen beim Konkursrichter die Bilanz deponieren. Nach mehreren verlustreichen Jahren markiert die Geschäftsaufgabe des Bieler Herstellers von Wechselrichtern für Solaranlagen den traurigen Höhepunkt des immer intensiveren Wettbewerbs.

Für eine weitere Hiobsbotschaft sorgte gestern der Rivale SMA Solar. Nachdem das deutsche Solarzulieferunternehmen seine Jahresprognosen noch vor gut einem Monat bekräftigt hatte, muss es nun doch zurückkrebsen. Neu rechnen die Entscheidungsträger mit einem Umsatz zwischen 755 und 790 Millionen Euro (bisher: 850 bis 950 Millionen Euro) und einem operativen Verlust von 115 Millionen Euro (bisher: 45 Millionen Euro). Neben Projektverzögerungen in Grossbritannien wird auch die allgemein schwache Nachfrage in anderen europäischen Ländern für die Prognosereduktion verantwortlich gemacht.

Aus dem Berufshandel wird mir bei den Aktien von Meyer Burger zwar immer wieder von einem erbitterten Schlagabtausch zwischen Haussiers und Baissiers berichtet. Alleine in den vergangenen drei Handelstagen wurden jedoch nicht weniger als 5,8 Millionen Titel umgesetzt, was rund 7 Prozent der ausstehenden Aktien entspricht.

Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass sogar der eine oder andere Grossaktionär seine Finger im Spiel hatte. Neben den beiden grossen amerikanischen Fondsanbietern Capital Group und Franklin Templeton kommt dafür auch der Platinum International Fund des US-Milliardärs Kerr Neilson in Frage.

Mit der Mitte September ausgegebenen Wandelanleihe im Gegenwert von 100 Millionen Franken hat sich Meyer Burger etwas Zeit "erkauft". Entgegen aller Beteuerungen der Firmenverantwortlichen ist die Auftragsflaute beim einstigen Börsenliebling allerdings noch immer nicht ausgestanden. Darauf lassen zumindest die jüngsten Ereignisse rund um Sputnik Engineering und SMA Solar schliessen. Der Preiszerfall beim Erdöl könnte die Investitionsbereitschaft bei den Kunden aus dem Nahen Osten dämpfen und die Flaute verlängern.

Ein allgegenwärtiges Thema bleibt auch die Werthaltigkeit des in der Vergangenheit für Übernahmen aktivierten Goodwills und anderer Aktiven. Ausserordentliche Wertberichtigungen und Abschreibungen könnten die Eigenkapitalbasis des Unternehmens weiter schmälern.

Vermutlich dürfte das mittlerweile auch dem einen oder anderen Grossaktionär bewusst geworden sein. Die nächsten Tage und eventuelle Offenlegungsmeldungen an die Schweizer Börse SIX werden diesbezüglich Klarheit schaffen.

Sollten Window-Dressing-Transaktionen den Aktien von Meyer Burger im Laufe des Dezembers noch einmal zusetzen, ist ins kommende Jahr hinein mit einer technisch bedingten Gegenbewegung zu rechnen. Die Papiere bleiben höchst spekulativ und bieten sich um den Jahreswechsel herum bestenfalls für kurzfristige Engagements an.

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Neben Goldman Sachs und J.P. Morgan zählt Morgan Stanley zu den mächtigsten Instituten überhaupt. Auch hiesige Marktakteure schlucken zweimal leer, wenn sich die amerikanische Grossbank als Gegenpartei zu erkennen gibt.

In ihrem Ausblick für das kommende Jahr geben sich die für Morgan Stanley tätigen Verfasser versöhnlich, was die europäischen Aktienmärkte anbetrifft. Von einem Anstieg der Unternehmensgewinne um 10 Prozent ausgehend, sehen sie im Jahresverlauf ein Aufwärtspotenzial von 11 Prozent.

Wir Schweizer Anleger müssen an dieser Stelle nun aber tapfer sein. Denn aus unserer Sicht kommt es knüppeldick: Die Hausse bei Pharma- und Nahrungsmittelaktien werde schon bald einmal auslaufen, sind sich die Strategen im Ausblick sicher.

An Kennzahlen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis, dem Kurs-zu-Buchwert-Verhältnis oder der Dividendenrendite gemessen machen die Experten bei diesen Qualitätsaktien einen Bewertungsaufschlag von rund 30 Prozent zum breiten Markt aus. Relativ betrachtet sei die Bewertung in den vergangenen 40 Jahren nur in 4 Prozent der Fälle höher als heute gewesen.

Der eigenen Anlagekundschaft wird bei Morgan Stanley deshalb zu einem "grösstmöglichen Untergewicht" bei Aktien aus dem Pharma- und dem Nahrungsmittelsektor geraten.

Beim hiesigen Swiss Performance Index steuern die drei diesen Branchen zurechenbaren Indexschwergewichte Nestlé, Roche und Novartis knapp die Hälfte zur Gesamtkapitalisierung bei. Es ist deshalb anzunehmen, dass die amerikanische Grossbank bis auf weiteres einen grossen Bogen um den Schweizer Aktienmarkt macht.

Zum Glück gibt es im Markt draussen aber auch andere Meinungen, beispielsweise jene von BCA Research. Erst vor wenigen Tagen wähnte die kanadische Investment-Boutique den Schweizer Aktienmarkt dank seiner vernachlässigbaren Abhängigkeit von der Ölindustrie in "der besten aller Welten".