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Noch heute wird die Schweizerische Nationalbank (SNB) für die Aufgabe des Mindestkurses gegenüber dem Euro gerügt. Harsche Kritik hagelt es - wen erstaunts - vor allem aus der hiesigen Politik. Bei den alten Römern wäre SNB-Präsident Thomas Jordan Mitte Januar womöglich brutal den Löwen zum Frass vorgeworfen worden. Zumindest blühte damals den Boten schlechter Nachrichten dieses Schicksal.

Heutzutage setzt man als Überbringer zwar nicht mehr das eigene Leben aufs Spiel. Allerdings ändert sich nichts am Umstand, dass Jordan für einen Entscheid verantwortlich gemacht wird, den er nicht alleine zu verantworten hat. Geldpolitische Entscheide wie die Aufgabe des Mindestkurses unterliegen dem vom Bankrat für eine Amtsdauer von sechs Jahren gewählten Dreierdirektorium.

In die Debatte rund um den unpopulären Entscheid schalten sich vermehrt auch Experten aus dem Ausland ein. Insbesondere in unserem nördlichen Nachbarland geht man hart mit der SNB und ihrer Geldpolitik ins Gericht.

Nicht vergessen ist eine Schimpftirade des für die Commerzbank tätigen Währungsstrategen rund einen Monat nach Aufgabe des Mindestkurses (siehe Kolumne vom 19. Februar).

In einem aktuellen Kommentar wird der Experte zum "Wiederholungstäter". Mitte Februar galt seine Kritik noch dem unpopulären Entscheid vom Vormonat und einer Rede von Thomas Jordan in Brüssel. Nun nimmt er in der hiesigen Presse herumgereichte Gerüchte zum Anlass, um scharf gegen die SNB zu schiessen.

Den Presseberichten zufolge habe eine Geschäftsbank angeblich auf Drängen der SNB hin gleich mehreren Pensionskassen verwehrt, grössere Bargeldbeträge von ihren Sichteinlagekonten in bar abzuheben. Ganz offensichtlich hätten die Pensionskassen auf diesem Weg versucht, sich den Negativzinsen zu entziehen.

Für den Währungsstrategen der Commerzbank sind diese Gerüchte ein gefundenes Fressen, fühlt er sich darin doch in seiner These bestätigt, dass die SNB mit dem Negativzins von 0,75 Prozent am Ende ihrer zinspolitischen Möglichkeiten angelangt sei. Die Grenze des zinspolitisch Machbaren sei offensichtlich bereits überschritten, falls die Lagerhaltungskosten für Bargeld für einige Pensionskassen geringer seien als der durch die SNB induzierte Strafzins.

Ausserdem würde das Verhalten von Geschäftsbank und SNB - wenn es denn so stattgefunden habe - die Grundlagen des Wirtschaftssystems erschüttern, so hetzt der Experte. Schliesslich müsse ein Kunde stets darauf vertrauen können, dass er den auf seinem Girokonto liegende Betrag als Bargeld abheben kann. Ansonsten könne ein fraktionales Bankensystem nicht funktionieren.

Der Währungsstratege schreibt im Kommentar zwar, er weigere sich zu glauben, dass eine Zentralbank und eine ihrer Geschäftsbanken in einem abendländischen Rechtsstaat sich so verhalten. Andererseits dürfe sich die SNB nicht wundern, wenn man ihr mittlerweile alles zutraue.

Für den Experten steht deshalb fest: Auch wenn nichts dran ist, kann die SNB angesichts solcher Berichte nicht ernsthaft eine weitere Zinssenkung in Erwägung ziehen.

Ein Ausweichen auf Bargeld könne sie nicht wollen, aber auch nicht ernsthaft durch Unterbinden der Bargeldversorgung verhindern. Die Grundlagen des Bank-, Wirtschafts- und Gesellschaftssystems zu erschüttern sei schlimmer als Deflation, so der Experte. Bislang sei der Euro gegenüber dem Franken vor allem von der Sorge vieler Marktteilnehmer vor weiteren Zinssenkungen unterstützt worden. Der Markt werde jedoch lernen, dass das keine verantwortungsvolle Option für die SNB sein könne. Spätestens dann sei der Weg für einen deutlich niedrigeren Euro zum Franken frei.

Schon der Kommentar von Mitte Februar trug die Handschrift einer unterschwelligen Wut des Verfassers auf unsere Währungshüter. Aus dieser Wut scheint mittlerweile regelrechter Hass gewachsen zu sein. Denn nur so lässt sich die harsche Kritik an der SNB erklären.

Ich muss unsere Währungshüter und ihren unpopulären Entscheid von Mitte Januar an dieser Stelle einmal mehr in Schutz nehmen. Rückblickend haben sie meines Erachtens das einzig richtige getan, auch wenn die Einsicht rückblickend etwas spät kam. Vielleicht nervt sich der Experte der Commerzbank auch deshalb, weil die SNB seit der Aufgabe des Mindestkurses gegenüber dem Euro nicht mehr berechenbar ist und den Überraschungsmoment wieder auf ihrer Seite hat.

Ausserdem bleibt der SNB im Kampf gegen den starken Franken noch immer die Kapitalverkehrskontrolle als letzter Pfeil im Köcher. Auf diese geht man bei der Commerzbank allerdings gar nicht erst ein.

 

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