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Rückblickend ist man immer klüger. Das gilt auch für das Geschehen an den Finanzmärkten. Denn eigentlich hatte man den jüngsten Rückschlag ja kommen sehen, wollte ihn aber schlichtweg nicht wahrhaben.

Immerhin erfuhr der breit gefasste amerikanische S&P-500-Index seit seinem Rückschlag im März 2009 mehr als eine Verdreifachung. Und der für hoch in der Anlegergunst stehende Wachstumsaktien repräsentative Nasdaq-100-Index galt noch vor wenigen Wochen sogar viermal mehr als damals. Und das obschon die Unternehmensgewinne unter Ausklammerung des verdichtenden Effekts von Aktienrückkäufen in den vergangenen Jahren bestenfalls stagnierten.

Einmal mehr zog die rund um den Globus rollende Verkaufswelle die europäischen Aktienmärkte überdurchschnittlich stark in Mitleidenschaft. Es erstaunt deshalb nicht, dass der Swiss Performance Index um mehr als 10 Prozent von seinen Höchstständen zurückgefallen ist.

Gerade deshalb muss sich in diesen Tagen vor allem die UBS unangenehme Fragen gefallen lassen. Als die Europäische Zentralbank (EZB) Anfang September überraschend den Leitzins reduzierte und ein Rückkaufprogramm für verbriefte Schuldverschreibungen ankündigte, rieten die für das Global Research tätigen Strategen ihrer Anlagekundschaft bei europäischen Aktien zum Zukauf.

Nicht zuletzt aufgrund der geringen Attraktivität festverzinslicher Anlagen komme man als Anleger nicht um Aktien herum, so hiess es damals. Und weiter: In Erwartung einer wirtschaftlichen Erholung setze man auf die Aktien europäischer Unternehmen.

Nur einen Tag später meldeten sich auch die Berufskollegen der Credit Suisse zu Wort. Auch sie hielten ihre Anlagekundschaft zu einem Ausbau des bereits 8 Prozent betragenden Übergewichts auf 12 Prozent an. Die Strategen argumentierten damals mit dem schwächeren Euro, den auf ein normales Niveau zurückgefallenen Zinsen, dem im weltweiten Vergleich grossen Aufwärtspotenzial bei den Unternehmensmargen sowie schon bald die Talsohle durchschreitenden wirtschaftlichen Frühindikatoren.

Allerdings sollte alles anders kommen und der viel beachtete EuroStoxx-50-Index um knapp 14 Prozent einbrechen.

An dieser Stelle sei gesagt, dass sich die Strategen von UBS und Credit Suisse damit in bester Gesellschaft befinden. Die für die Citigroup tätigen Berufskollegen stuften die europäischen Aktien sogar erst Anfang Oktober von "Neutral" auf "Overweight" hoch und jene von Morgan Stanley machten am selben Tag sogar ein Kaufsignal für europäische Aktien aus.

Seither hat der EuroStoxx-50-Index innerhalb von weniger als zehn Handelstagen gute 7 Prozent verloren.

Nach dem harschen Rückschlag der letzten Tage überrascht die heutige Gegenbewegung an den europäischen Aktienmärkten nicht. Allerdings bleibt abzuwarten, ob es sich dabei nicht bloss um ein Strohfeuer handelt. Denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich innerhalb kürzester Zeit sichtlich eingetrübt. Stumme Zeugen sind auch die ersten für das dritte Quartal veröffentlichten Unternehmensergebnisse, welche mehrheitlich hinter den im Vorfeld kräftig nach unten revidierten Erwartungen zurückgeblieben sind.

Und obschon Hedgefonds gemäss Erhebungen von Morgan Stanley in Europa nur noch ein Nettoaktienengagement von 37 Prozent halten, was dem tiefsten Stand seit November 2011 entspricht, bleibe ich bei meiner vorsichtigen Haltung. Zu lesen, dass die faulen Kredite bei italienischen Banken einen neuen Rekordstand erreicht haben und die Verschuldung in Europa unaufhaltsam steigt, stimmt mich schon sehr nachdenklich. Über eine blosse Symptombekämpfung gehen die über die letzten Jahre getroffenen Massnahmen der Politiker und der Notenbankverantwortlichen nicht hinaus. Mittlerweile ist sogar ein neues Hilfsprogramm für Griechenland im Gespräch. Es scheint, als holen die strukturellen Probleme die Entscheidungsträger und vermutlich auch die zumindest diesbezüglich recht sorglosen Märkte einmal mehr ein.

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Hätte Viktor Vekselberg nicht schon graue Haare, dann wären ihm in den letzten Wochen vermutlich solche gewachsen. Der russische Grossaktionär musste zusehen, wie der Wert seines an Sulzer gehaltenen Beteiligungspakets wie Schnee an der Sonne vor sich hinschmolz.

Nach dem ernüchternden Bestellungseingang für die ersten neun Monate und einer leichten Reduktion der firmeneigenen Jahresprognosen fielen die Namenaktien des Winterthurer Traditionsunternehmens gestern vorübergehend auf den tiefsten Stand seit knapp drei Jahren.

Anders als Vekselberg, der Einstand seines Pakets wird im Berufshandel auf 180 Franken je Aktie geschätzt, nutzte der norwegische Staatsfonds die jüngste Talfahrt zum Beteiligungsausbau. Gemäss einer Offenlegungsmeldung haben die Skandinavier kräftig dazugekauft und kontrollieren neu 5,01 Prozent der Stimmen.

Aufgrund der hohen Abhängigkeit Norwegens von der Öl- und Gasproduktion könne man fast schon von einer strategischen Beteiligung am Schweizer Zulieferunternehmen sprechen. Nicht von der Hand zu weisen ist, dass der jüngste Ausbau bei Sulzer ein Vertrauensbeweis in den bisher eher schleppend vorangehenden Turnaround ist und er deshalb Signalwirkung für die Märkte hat.