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Schon seit Jahren hoffen die leidgeplagten Aktionäre von Vögele auf ein erlösendes Übernahmeangebot der Grossaktionärin Migros. Doch es sollte alles anders kommen: Seit Freitag ist bekannt, dass sich der orange Riese den Mitbewerber Schild in den Einkaufskorb legt.

Am Hauptsitz von Vögele in Pfäffikon ist man nun gleich in mehrfacher Hinsicht gefordert. Zum einen zeigt die Übernahme von Schild, dass die Migros vor allem im oberen Preissegment an Zukäufen interessiert ist. Zum anderen dürfte sie den Konzentrationsprozess in der Schweizer Textilhandelsindustrie weiter anheizen.

Entsprechend verhalten sind heute denn auch die aus der Analystengemeinde eintreffenden Kommentare. Der für die Bank Vontobel tätige Experte schreibt, die Übernahme von Schild zeige, dass die Migros trotz ihrer Aktienbeteiligung nicht an einer Übernahme von Vögele interessiert sei. Das laufende Jahr werde zu einem erneuten Verlustjahr und der Turnaround sei nach wie vor unsicher. Der Experte rät daher davon ab, in die Aktien zu investieren.

Klare Worte findet auch sein Berufskollege bei der Bank J. Safra Sarasin. Er befürchtet eine weitere Verschärfung des sonst schon intensiven Wettbewerbs. Es gebe mittlerweile zwar Anhaltspunkte dafür, dass sich das Herbstgeschäft besser als jenes im Frühjahr entwickle. Allerdings seien Billiganbieter wie Primark oder Takko auf dem Vormarsch. Gerade bei Primark zeichne sich nach einem Markteintritt in Österreich, Belgien, Deutschland und den Niederlanden nun auch ein Eintritt in den Schweizer Markt ab. Vögele werde es deshalb sehr schwer fallen, bei der Umsatzentwicklung in Zukunft Fortschritte zu erzielen.

Vögele versucht sich schon seit Jahren mehr oder weniger erfolglos neu zu erfinden. In den kommenden Wochen wird der in Pfäffikon beheimatete Modekonzern darüber befinden, was mit den Geschäftsaktivitäten in Ungarn geschieht. Die Probleme von Vögele gehen allerdings weit über die Präsenz in Osteuropa hinaus. Dementsprechend gefordert bleiben die Firmenverantwortlichen. Und Vorschusslorbeeren haben die Aktien mit ihrer Kursverdoppelung seit den Tiefstständen mehr als genug erhalten.

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Nicht zum ersten Mal musste Schmolz + Bickenbach vor wenigen Wochen neues Eigenkapital aufnehmen. Nachdem bisherige und neue Aktionäre insgesamt 438 Millionen Franken eingeschossen haben, steht der Innerschweizer Edelstahlhersteller finanziell wieder auf soliden Beinen. Stumme Zeugen davon sind die Namenaktien, welche sich seit den Tiefstständen vom März nahezu im Kurs verdoppelt haben.

Während viele seiner Berufskollegen von ihren Verkaufsempfehlungen weggekommen sind, hält der für die Commerzbank tätige Experte unbeirrt an seiner fest. Aus Aktionärssicht sei die Stärkung der Eigenkapitalbasis zwar zu begrüssen. Letztere bedürfe allerdings einer weiteren Stärkung, entweder durch einbehaltene Gewinne oder aber durch einen Verkauf von Geschäftsaktivitäten.

Zudem stellt der Experte das von Schmolz + Bickenbach bis in drei Jahren angestrebte Ziel eines EBITDA von mehr als 300 Millionen Euro in Frage. Mit seinen eigenen Prognosen von 259 Millionen Euro bleibt er jedenfalls klar dahinter zurück.

Auf Basis seiner eigenen Prognosen errechnet der Experte neu ein Kursziel von 0,90 Franken je Aktie. Bisher lautete das Kursziel 2,20 Franken, was um die Bezugsrechte bereinigt allerdings nur 0,74 Franken entspricht. Zu den aktuellen Kursen hält der Experte den vom Unternehmen angestrebten EBITDA von mehr als 300 Millionen Euro für vollständig eingepreist. Erreiche Schmolz + Bickenbach dieses Ziel, sei ein Aktienkurs von 1,03 Franken angebracht. Auf Basis des diesjährigen EBITDA lasse sich hingegen gerademal ein Aktienkurs von 0,60 Franken ableiten. Daher lautet das Anlageurteil weiterhin «Reduce», was bei der Commerzbank einer Verkaufsempfehlung gleichkommt.

In den Wochen vor und nach der Kapitalerhöhung kam es im Aktionariat von Schmolz + Bickenbach zu grösseren Veränderungen. In dieser Zeit hat sich der Anteil der frei handelbaren Titel von 53 auf etwas weniger als 60 Prozent erhöht. Zu grösseren Veränderungen wird es in der heutigen Konstellation vorerst wohl nicht kommen. Und wer weiss – vielleicht wurden die Publikumsaktionäre nicht zum letzten Mal zur Kasse gebeten.

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Schon seit Freitagnachmittag wird mir bei den Namenaktien von Straumann von Anlagekäufen aus dem Inland berichtet. Vermutlich stehen letztere im Zusammenhang mit einer Kaufempfehlung aus dem Aktienhandel der Bank Vontobel.

In einem Kommentar bezeichnen die Verfasser die Umsatzschätzungen für das zurückliegende dritte Quartal als zu vorsichtig. Die Experten rechnen mit einem organischen Wachstum von 3,9 Prozent, was deutlich über den Markterwartungen von 1,9 Prozent liegt. Darüber hinaus sei nicht auszuschliessen, dass der Hersteller von Premiumimplantaten die firmeneigene Umsatzprognose für das laufende Jahr anhebe.

Zuversicht schöpft man im Aktienhandel der Bank Vontobel auch aus dem seit Freitag bekannten Quartalsergebnis des US-Medizinaltechnikkonzerns Zimmer. Letzterer konnte den Absatz mit Dentalimplantaten in der Region Asien/Pazifik um nicht weniger als 15 Prozent und jener im Heimmarkt immerhin um beachtliche 7 Prozent in Lokalwährungen steigern.

Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen, dass ich mir bei Straumann vom neuen CEO und den in der Vergangenheit eingeleiteten Kosteneinsparmassnahmen einiges verspreche. Dennoch halte ich die von der Bank Vontobel im Vorfeld der Quartalsumsatzpräsentation vom kommenden Donnerstag ausgesprochene Kaufempfehlung für recht mutig. Denn in kaum einer anderen Branche liegen Erfolg und Misserfolg zur Zeit so nahe beieinander.