Die Hauptversammlungen der 1980er- und 1990er-Jahre waren angesichts des weit verbreiteten Aktienbesitzes unter der Bevölkerung in Grossbritannien ziemlich aufreibend.

Ein CEO aus dieser Zeit gestand mir unlängst: „Unsere Sicherheitsleute fragten uns damals, ob der Veranstaltungsraum eine abschüssige Bühne habe, auf der die Leute nicht hinauflaufen konnten. Auf diesen Versammlungen konnte ziemlich viel passieren.“

Konfrontationen gehören heute eher der Vergangenheit an. Während des Lockdowns wurden Hauptversammlungen sowieso online abgehalten. In den vergangenen Wochen fanden in Grossbritannien und den USA erstmals wieder Versammlungen mit Aktionären statt. Leider ist die Teilnahme der Aktionäre an Hauptversammlungen nicht mehr das, was sie einmal war. In der Regel ist eine Handvoll einzelner Anleger vertreten und Aktivisten kommen nur zu den kontroversesten Versammlungen.

Das ist nicht nur in Grossbritannien so, sondern auch in vielen anderen Märkten.

Eine häufigere Teilnahme der Aktionäre sowie eine offenere Debatte bei den Hauptversammlungen wären wünschenswert. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, zu verstehen, warum die Teilnehmerzahlen rückläufig sind.

Eine Erklärung könnte sein, dass sich ein stillschweigender Wandel der Rechenschaftspflicht vollzieht. Dieser Wandel passiert nicht jährlich, sondern über das ganze Jahr hinweg. Der Dialog zwischen Aktiengesellschaften und Vermögensverwaltern, wie wir es sind, dient der Interessenvertretung der Mehrheit der Aktionäre.

Diese Gespräche sind nicht unbedingt der Stoff für sensationelle Schlagzeilen, aber sie bewirken positive Veränderungen in Unternehmen. Dies unterscheidet sich davon, Fortschritte durch Beschlüsse bei der Hauptversammlung zu bewirken, wobei diese Methode oft bedeutender ist.

Die Möglichkeit, erfolgreich Einfluss zu nehmen, steigt, wenn der Dialog mit der Geschäftsleitung und dem Vorstand des Unternehmens positiv verläuft. Für den Erfolg zählt vor allem eines: Der Ton macht die Musik. So entsteht ein Gesprächsklima des gegenseitigen Respekts und der Offenheit.

In der Zeit vor der Pandemie kommentierten Besucher unserer Büros oft, wie ruhig es auf den Etagen der Investment-Teams zuging.

Anders als in Hollywoodfilmen schreien wir uns nicht gegenseitig an. Was man sieht, ist ein respektvoller Gedankenaustausch, tief greifende Analysen und unser Ziel, nachhaltig und geduldig Renditen zu steigern. Dies ist es, was Kunden von uns tagein, tagaus erwarten.

Nur so können Anlageteams effektiv arbeiten. Eine Unternehmenskultur muss auf Rechenschaftspflicht, Meinungsvielfalt und Vertrauen basieren. Diese Prinzipien entstehen selbstverständlich nicht von heute auf morgen. Der Aufbau von Beziehungen dauert Jahre. Aber nur so können wir die bevorstehenden Aufgaben verstehen und entscheiden, welchen Weg man am besten einschlägt.

In vielerlei Hinsicht prägt unsere Unternehmenskultur nicht nur den Umgang mit Kolleginnen und Kollegen, sondern auch den mit Stakeholdern. Hierbei handelt es sich um unsere Kunden, Lieferanten und Gegenparteien in Märkten und die Unternehmen, in die wir investieren.

Wenn Sie Veränderungen erreichen wollen, empfiehlt es sich nicht, sich auf der Jahreshauptversammlung auf kurzfristige Siege gegen die Geschäftsleitung zu versteifen. Da wir langfristig orientierte Investoren sind, pflegen wir den Kontakt mit diesen Unternehmen über viele Jahre hinweg. Daher ist es wichtig, dass uns die Unternehmen als umsichtigen Anleger kennenlernen, der ihre Branche kennt und sich darauf konzentriert, sie bei ihren langfristigen Zielen zu unterstützen.

Nur so können wir unsere Einflussmöglichkeiten ausweiten. Beispielsweise sprachen wir mit dem Mineralölkonzern Shell erstmals 2002 über seine Klimaziele – also vor fast 20 Jahren. Seitdem haben Fondsmanager und Analysten von Schroders bei 36 Gelegenheiten Umweltthemen mit dem Unternehmen diskutiert. Inzwischen hat sich Shell dem Netto-Zero-Ziel bis 2050 verschrieben. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass das Unternehmen Veränderungen noch schneller umsetzt, und es bei Fehlverhalten zur Rechenschaft zu ziehen. Unsere Beziehung und der Austausch mit dem Konzern hat den Wechsel von vier CEO überdauert. Das zeigt, wie wichtig langfristige Beziehungen sind, um dauerhafte Veränderungen voranzutreiben.

Das bedeutet jedoch nicht, dass wir bei Hauptversammlungen nicht gegen die Geschäftsleitung stimmen, wenn keine Fortschritte erzielt werden. Diesem Ansatz folgten wir im vergangenen Monat beim Ölriesen Exxon, was zum Austausch zweier Vorstandsmitglieder führte. Bei Amazon stimmten wir gegen das führende unabhängige Vorstandsmitglied, um gegen die mangelnde Transparenz der Arbeitsbedingungen zu protestieren.

Unsere Verantwortung besteht darin, für unsere Kunden Renditen zu erzielen und Risiken zu steuern. Daher werden wir gegebenenfalls Unternehmen verkaufen, deren Wandel nicht schnell genug vonstattengeht. Ein solcher Ausgang würde bedeuten, dass unsere Bemühungen gescheitert sind. Eine Einflussnahme, die auf Beständigkeit und Zusammenarbeit beruht, soll solche Misserfolge verhindern.

Wie Dale Carnegie in seinem wegweisenden Buch aus den 1930er-Jahren schreibt, gewinnt man Freunde mit einem respektvollen Dialog. Das gilt sowohl für Unternehmen als auch für Menschen. Und für Vermögensverwalter war es noch nie so wichtig wie heute, Einfluss auf Unternehmen zu nehmen.

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