Das Muster der wirtschaftlichen Erholung in Europa ist atypisch und stellt die Geldpolitik vor grosse Herausforderungen. Die Eurozone verzeichnet eine zaghafte Erholung. Seit Frühling 2013 verbessern sich die wirtschaftlichen Indikatoren nach einer ungewöhnlich langen Phase negativen Wachstums in den Peripherieländern. Eine Normalisierung der Wirtschaft dürfte noch einige Zeit in Anspruch nehmen, da die Kreditvergabe an Firmen noch schwach ist. In einem normalen wirtschaftlichen Aufschwung sind es die produktiven Investitionen, welche die Konjunktur kräftig ankurbeln. Impulse durch Investition sind in diesem lustlosen Aufschwung noch dünn gesät, nicht zuletzt, weil Haushalte, Firmen und Banken noch immer ihre Verschuldung zurückfahren wollen. Die Inflation befindet sich seit Anfang 2012 auf einem Abwärtstrend, welcher sich über die letzten Monate verstärkt hat. Vor dem Hintergrund einer Inflation im Oktober von 0.7% hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins von 0.5% auf 0.25% gesenkt, weil die Inflation deutlich unter dem Ziel von unter, aber nahe bei 2% liegt. Das Mandat der EZB besteht allein darin, für Preisstabilität zu sorgen.

Im folgenden Abschnitt interessieren uns die Geschichte des EZB-Mandats und die Frage, welche Vorteile man sich von der Ausrichtung an der Preisstabilität versprach. Die Inflationsrate muss  einerseits niedrig genug sein, um die Kosten von Inflation zu minimieren, andererseits ist eine Inflationsrate anzustreben, die eine ausreichende Sicherheitsmarge gewährleistet, um  Deflationsgefahren durch das Aufkommen destabilisierender Erwartungen erfolgreich begegnen zu können.

Im Oktober 1998 definierte der EZB-Rat Preisstabilität als positive Inflationsrate unter 2%. Durch die Vorgabe eines klaren Zielkorridors wollte man die Inflation im Zaum halten. Bei hoher Inflation kann eine Wirtschaft ihr Potential nicht entfalten. Hohe Inflation ist ineffizient und begünstigt willkürliche Umverteilungseffekte in Bezug auf Vermögen und Einkommen. Im Mai 2003 konkretisierte der EZB-Rat das Verständnis von Preisstabilität und stellte klar, dass er über die mittlere Frist darauf abziele, die Inflationsrate unter, aber nahe der Obergrenze von 2% zu halten.

Die Abkehr von einem Zielkorridor von 0 – 2% und die Fokussierung auf den oberen Bereich von ca. 1.75 – 2% sah die EZB als einen wichtigen Schritt an, die Geldpolitik stabiler auszurichten. Der damalige Chefökonom Otmar Issing begründete die Kurskorrektur explizit mit Deflationsrisiken und betonte, dass die EZB nicht nur übermässige Inflation, sondern genauso unerwünschte Deflation verhindern wolle.

Was spricht dafür, der Definition von Preisstabilität eine positive, aber niedrige Inflationsrate zugrunde zu legen? Ein wesentlicher Grund dafür liegt darin, dass Nominalzinsen in der Regel nicht unter Null – den "zero lower bound" – sinken  können. Je näher die angestrebte Inflationsrate bei Null liegt, desto eher besteht die Möglichkeit, dass Zentralbanken nicht ausreichend mit Zinssenkungen auf deflationäre Schocks reagieren können. Die Situation des "zero lower bound" ist folglich mit erheblichen ökonomischen Risiken verbunden: Eine anhaltende Deflation wäre in der aktuelle Lage der Eurozone ein Desaster. Sie könnte die bestehenden finanziellen Instabilitäten weiter verschärfen, indem sie die reale Schuldenlast privater Haushalte und Unternehmen erhöht. Bei einem  Schock ausreichender Größe könnte die Eurozone sogar in eine Deflationsspirale gestoßen werden, in der Preisrückgänge sich beschleunigen. Haben die Nominalzinsen die Untergrenze von Null erreicht, so steigt der Realzins eins zu eins mit zunehmender Deflation. Strebt hingegen die Notenbank mittelfristig statt Nullinflation eine geringfügig positive Preissteigerungsrate an, so schafft dies einen größeren Spielraum, gegebenenfalls auf negative Nachfrageschocks mit Zinssenkungen reagieren zu können.

Der wichtigste Grund für positive Inflation in der Eurozone liegt in der wirtschaftlichen Divergenz zwischen Kern und Peripherie der Eurozone. Deutschland erzielt Rekord-Exportüberschüsse, während die Peripherieländer unter der schlimmsten Krise seit den 30er Jahren leiden. Die Lohnstückkosten der Peripherie waren relativ zu Deutschland um 20 – 30% zu hoch. Die notwendige Anpassung zieht sich nun seit Jahren hin und geht mit sehr hohen realwirtschaftlichen Kosten einher. Bei einer rascheren Anpassung der Lohnstückkosten – wirklich effizient wäre nur eine Anpassung des Wechselkurses und das ist in einer Währungsunion nicht möglich - wäre Millionen von Arbeitslosen ihr Schicksal erspart geblieben.

Eine Anpassung der Inflation bedeutet konkret, dass die Inflation im Kern hoch und in der Peripherie tief sein sollte.  Eine erfolgreiche Inflationsdynamik innerhalb einer Währungsunion kann nur funktionieren, wenn die durchschnittliche Inflation hoch genug ist, so dass Ländern mit unterdurchschnittlicher Inflation keine Deflation hinnehmen müssen. Im Oktober 2013 lag die Inflation in Deutschland bei 1.2% und in Spanien bei -0.1%. Diese Werte sind zu tief und die Differenz ist unzureichend.

Die EZB hätte die Inflation nicht auf den tiefen Wert von 0.7% fallen lassen dürfen. Während die Zentralbankgeldmenge in den USA, UK und Japan massiv gestiegen ist, hat die EZB einer Schrumpfung der Euro-Geldmenge nicht entgegengewirkt und der Euro ist eher hoch bewertet. Die damit verbundene Deflation in der Peripherie ist schädlich und gefährdet den noch zaghaften Aufschwung. Die wahren Ursachen für Wachstum und Beschäftigung liegen nicht in einer geldpolitischen Stimulierung. Nur ein funktionierendes Wettbewerbsumfeld, gut ausgebildete Arbeitskräfte und ein verlässliches, gegen Krisen geschütztes Finanzsystem können den Aufschwung stützen. Eine vorausschauende Geldpolitik ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung dafür. Die Geldpolitik der EZB wird sich daran messen lassen müssen, ob ihr in Zukunft der Spagat zwischen Kern und Peripherie gelingen wird und sie Deflation in den Peripherieländern wird verhindern können.

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