Ob Süsses, Fast Food oder Bio - mit Aktien aus diesen Bereichen sind hohe Steigerungsraten möglich. Darüber hinaus gilt der Sektor auch als krisenresistent.

Getreu dem Motto «Gegessen wird immer» eilt Lebensmittelaktien an der Börse ein besonderer Ruf voraus. Sie gelten als defensiv und relativ unabhängig vom Kursverlauf. Das kann sich insbesondere in schwierigen Zeiten auszahlen, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt. In der Finanzkrise 2008 schnitt beispielsweise der STOXX Europe 600 Food & Beverage Index um 15 Prozentpunkte besser ab als der Gesamtmarkt. Aber nicht nur wenn es nach unten geht, ist eine Outperformance möglich. Auch in der darauffolgenden Erholungsphase hatten die Titel der Nahrungsmittel die Nase vorne. Zwischen 2009 und 2015 entwickelte sich der Sektor gegenüber dem STOXX Europe 600 jedes Jahr besser. Insgesamt summiert sich der Zugewinn auf bemerkenswerte 200 Prozent – nahezu doppelt so viel wie die Benchmark.

STOXX Europe 600 Food & Beverage vs. STOXX Europe 600 (Kursentwicklung)

Quelle: Thomson Reuters. Stand: 29.11.2016. Historische Daten sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.

Schmackhafte Kost aus der Heimat

Angeführt wird das europäische Sektor-Barometer von heimischen Valoren. Die Schweiz zeigt sich als Region für knapp 36 Prozent des Kursverlaufs verantwortlich. Dies ist vor allem der Nestlé-Aktie zuzuschreiben, die als alleiniges Schwergewicht bereits ein Drittel der Indexkapitalisierung auf sich vereint. Mit dabei aus der Schweiz sind zudem die beiden «Schoggi»-Spezialisten Lindt & Sprüngli und Barry Callebaut sowie der Backwarenkonzern Aryzta. Auf Sicht von fünf Jahren konnte das Quartett durch die Bank zulegen. Allerdings in einem unterschiedlichen Tempo. Absoluter Spitzenreiter war die Aktie von Lindt & Sprüngli. Das Traditionsunternehmen, dessen Wurzeln bis zum Jahr 1845 zurückreichen, kletterte um 86 Prozent empor. Barry Callebaut und Nestlé liegen mit 42 und 33 Prozent nah beieinander. Die rote Laterne trägt Aryzta mit einem mickrigen Plus von drei Prozent. Der Konzern, der auf Backwaren spezialisiert ist und beispielsweise FastFood-Ketten wie McDonald’s beliefert, ist erst in der jüngsten Vergangenheit in die Bredouille gekommen. Die kürzlich erfolgte Expansion in Frankreich und den USA zahlt sich für das Unternehmen noch nicht aus. Im Gegenteil, das Wachstum stockte zuletzt. Mit einem neuen Kopf im Verwaltungsrat versucht der Konzern nun wieder in die Spur zurückzufinden.

Süsse Versuchungen

Einer der Wachstumsmotoren innerhalb der Nahrungsmittelindustrie sind Süssigkeiten. Damit das so bleibt, lässt sich die Branche stets etwas Neues einfallen. Im Trend liegen mit neuen Technologien geschaffene personalisierte Produkte, wie zum Beispiel Pralinen mit aufgedrucktem Vornamen, Müslis und Schokolade nach persönlich zusammengestellter Rezeptur oder Produkte aus dem 3D-Drucker. Beherrscht wird der Markt mit den gezuckerten Naschereien vor allem von US-Unternehmen. So besetzen das Privatunternehmen Mars sowie die börsennotierte Mondelez nach Umsatzgrösse die ersten beiden Plätze. Auf Rang drei folgt dann aber schon die heimische Nestlè, die mit Marken wie After Eight, Kitkat oder Rolo rund elf Milliarden USDollar im Jahr umsetzt. Im Sommer 2016 wäre es in der Branche beinahe zu einem Paukenschlag gekommen. Der Milka-Hersteller Mondelez zeigte Interesse an dem etwas kleineren Konkurrenten Hershey. Doch lehnte der Verwaltungsrat die Offerte über 107 US-Dollar je Aktie einstimmig ab und sah auch «keine Basis für weitere Gespräche». Mit dem Zusammenschluss der beiden Firmen wäre der weltgrösste Süsswarenhersteller geschaffen worden. Branchenprimus Mars hatte 2008 mehr Glück. Der Konzern leibte sich damals Wrigley im Verbund mit der Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway für 23 Milliarden US-Dollar ein. Im Oktober 2016 ist Mars dann mit der Übernahme des Anteils von US-Starinvestor Warren Buffett zum alleinigen Besitzer des Kaugummi-Herstellers Wrigley aufgestiegen.

Geht es dagegen um Schoggi, kommt man an der Schweiz nicht vorbei. Mit Barry Callebaut ist hierzulande der grösste Schokoladenproduzent und mit Lindt & Sprüngli der weltweit führende Premium-Schokoladenhersteller beheimatet. Erstgenannter wickelt von der Beschaffung der Kakaobohnen bis hin zum fertigen Produkt sämtliche Prozesse selbst ab. Nach eigenen Angaben steckt in einem Viertel aller weltweit verspeisten Kakao- und Schokoladenprodukte Barry Callebaut. Mit geschmackvollen Pralinés, Lindor- und HELLO-Produkten befindet sich auch Lindt & Sprüngli seit vielen Jahren auf der Erfolgsspur – und das in mehr als 100 Ländern. Selbst wenn das organische Wachstum im ersten Halbjahr 2016 leicht unter Plan lag, sollte diese kleine Delle laut dem Management im zweiten Semester beseitigt werden.

Fast Food bleibt gefragt

Auch wenn sich Fast Food im realen Leben auf den Körper eher nachteilig auswirkt, an der Börse machen die Aktien von Schnellrestaurantketten dagegen eine durchaus gute Figur. Ein Star in der Branche ist der US-Burger-Brater Jack in the Box (JIB), der sich zusammen mit seiner Tochter Qdoba für mexikanisches Essen auf einem dynamischen Wachstumskurs befindet. So konnte sich das Ergebnis je Aktie in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppeln. Ein noch höheres Tempo schlug der Titel an der Börse an, der Kurs kletterte in diesem Zeitraum um 400 Prozent empor.

Konkurrent McDonald’s kann weder operativ noch am Kapitalmarkt mit JIB mithalten. Das Fast-Food-Urgestein ist aber gerade dabei, mit neuen Konzepten die Wende einzuläuten. An der Börse wurden diesbezüglich bereits Vorschusslorbeeren verteilt. Starbucks ist das Comeback bereits gelungen, die Kaffeehauskette steckte 2013/2014 nämlich ebenfalls in einem Wachstumsloch. Doch seither geht es sowohl mit dem operativen Geschäft wie auch der Aktie wieder steil bergauf. Ein Kursplus von 160 Prozent seit 2011 spricht dabei eine eindeutige Sprache. Das Unternehmen, zu dem unter anderem auch eine Grossbäckerei gehört, expandiert derzeit neben Kaffee auch in den Bereichen Tee und Saft. Zudem drückt der Konzern bei seiner Auslandexpansion aufs Tempo. So soll bis 2021 die Zahl der Filialen in China auf 5’000 und damit mehr als doppelt so viele wie bisher steigen. Analysten gehen davon aus, dass die Starbucks Erfolgsstory weiter anhalten wird. Zwischen 2017 und 2019 rechnet der Konsens mit einem durchschnittlichen Ergebniswachstum von jährlich 15 Prozent.

Bio-Aktien: Schweiz mit Vorbildfunktion

Auf Erfolgskurs sind auch Bio-Lebensmittel. Gefühlt sind sie mittlerweile in Massen vom Discounter bis zum Öko-Laden zu haben. Allein in der Schweiz gibt es 6'200 landwirtschaftliche Betriebe, die sich auf einen ökologischen Anbau spezialisiert haben. Doch in Relation zu den konventionellen Nahrungsmitteln ist das immer noch gering. So wird erst 13 Prozent der Fläche hierzulande biologisch bewirtschaftet. Auch machen Bio-Produkte nur 7.1 Prozent des gesamten Lebensmittelumsatzes aus. Dennoch ist die Schweiz damit auf Platz zwei in Europa. Bereits führend auf dem alten Kontinent sind die Menschen hierzulande bei den Ausgaben. Auf rund 200 Franken beläuft sich der Pro-Kopf-Umsatz, der Durchschnitt der Europäer kauft dagegen nur für knapp 34 Franken pro Jahr Bio-Lebensmittel.

Angesichts dieser Zahlen wird klar, dass das Potenzial der Branche immer noch riesig ist. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich immer mehr Menschen im Zuge wandelnder Lebensgewohnheiten über die Herstellung und Herkunft der Nahrungsmittel Gedanken machen. Das Wachstum in der Branche ist enorm. Weltweit hat sich das Segment von 1999 bis 2013 nahezu verfünffacht. Laut Organic Data Network ist der grösse Markt für Bio-Lebensmittel die USA. Daher wundert es auch nicht, dass mit Whole Foods Market der weltweit grösste Betreiber einer Bio-Supermarktkette in Übersee sitzt. Die Kapitalmarktprofis haben die Bio-Branche ebenfalls längst für sich entdeckt und bereits einen eigenen Gradmesser kreiert. So rief der Indexanbieter Solactive den Organic Food Index ins Leben. Das Barometer bildet die Kursentwicklung von 13 internationalen Unternehmen ab, die biologische Nahrungsmittel anbauen, bearbeiten, herstellen, vermarkten oder handeln. Seit dem Start im November 2008 hat sich der Index in der Spitze nahezu verzehnfacht. Massgeblich verantwortlich für den Kursverlauf zeigen sich vier Unternehmen, die mehr als 70 Prozent der Indexkapitalisierung auf sich vereinen. Das sind neben der bereits erwähnten Whole Foods Market noch die beiden US-Konzerne Monster Beverage und Whitewave Foods sowie das dänische Unternehmen Christian Hansen.

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