Dabei trifft verantwortungsvolles Investieren auf einen Wachstumsmarkt. Ein genauer Blick in die Branche zeigt, wer an den Abfällen der Zivilisation wirklich verdient.

Bei einem sind sich alle einig: Müll stinkt und verpestet die Umwelt. Allerdings lässt sich Müll auch sprichwörtlich vergolden. Spezialisierte Unternehmen machen mit dem, was in der Tonne landet, gute Geschäfte. Ganze Branchen wie die Recycling-, Entsorgungs- oder auch Wiederaufbereitungsindustrie leben davon.

Ein Billionenmarkt

Ein Blick auf die Dimensionen zeigt eindrucksvoll, wie viel Geld im Spiel ist. Nach Angaben der Weltbank betrug die Müllmenge im Jahr 2010 weltweit 3.5 Millionen Tonnen pro Tag. Der Löwenanteil davon entfiel auf die OECD-Länder. Allerdings wird sich dies nach Einschätzung der Weltbank bereits in den kommenden zwei Jahrzehnten drastisch verändern. Die Abfallentwicklung in den aufstrebenden Schwellenländern nimmt rasant zu, sodass sich der weltweite Müllberg bis zum Jahr 2025 auf sechs Millionen Tonnen pro Tag auftürmen könnte. Weltweit werden rund eine Billion US-Dollar mit Müll umgesetzt. Doch damit dürfte die Branche erst am Anfang stehen. Neben der zunehmenden Weltbevölkerung treibt vor allem die Wiedergewinnung von Rohstoffen aus Abfall das Wachstum an. Dies hat einen einfachen Grund: Rohstoffe werden überall auf der Welt knapper – sei es das Öl, das in Plastik landet, oder das Holz, aus dem Papier und Pappe werden. Ein weiterer wichtiger Wachstumsfaktor ist der Umstieg von Müllentsorgung auf Müllverwertung. Nach Schätzungen der Weltbank liegt die weltweite Recyclingquote erst bei knapp 25 Prozent. Dies ist vor allem im mangelnden Bewusstsein für eine effiziente Abfallverwertung in Schwellenländern begründet. Allerdings findet hier bereits ein Umdenken statt. Beispielsweise hat die Weltbank der marokkanischen Abfallwirtschaft jüngst 130 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt. Das Ziel: Der Aufbau von Deponien und das Erreichen einer Recyclingquote von 20 Prozent bis 2022.

 

 

Ökologisch investieren

Neben den guten Wachstumschancen für die Branche zeigen auch immer mehr Anleger ein steigendes Umweltbewusstsein bei ihrer Investmentwahl. Es geht ihnen nicht mehr nur um hohe Renditen, auch der ökologische Gedanke spielt bei der Entscheidungsfindung eine Rolle. Microsoft-Gründer Bill Gates hat diesen Trend früh erkannt und ein kleines Vermögen in den Müllspezialisten Waste Management, dem grössten, rein auf Abfallwirtschaft spezialisierten privaten Unternehmen in den USA, investiert. Mit Erfolg: Allein in den vergangenen fünf Jahren legte die Aktie des Betreibers von Recycling- und Müllverbrennungsanlagen um mehr als 70 Prozent zu. Der Aufschwung geht mit einem operativen Wachstumskurs einher. Zwischen 2009 und 2014 verbesserte sich der Umsatz um rund sieben Prozent, der operative Gewinn überproportional um 22 Prozent. Der Analystenkonsens geht für 2016 und 2017 von weiteren Ergebniszuwächsen von durchschnittlich 7.5 Prozent aus. Noch einen Gang höher geschaltet hat LKQ Corporation. Das auf Auto- und Autoteile spezialisierte Recyclingunternehmen zeigt einen bemerkenswerten Wachstumstrend. Der Umsatz kletterte in den vergangenen fünf Jahren um 180 Prozent, der Gewinn kam um knapp 120 Prozent voran. Experten erwarten auch in Zukunft hohes Wachstum. Nach Daten von Thomson Reuters soll das Ergebnis je Aktie 2016 und 2017 jeweils um mehr als 13 Prozent zulegen. Börsianer honorieren den operativen Erfolgskurs mit deutlichen Kursaufschlägen: Auf Sicht von fünf Jahren hat sich die LKQ-Aktie nahezu verdreifacht. Trotz der Rallye lautet das durchschnittliche Analystenrating weiterhin auf «Buy».

Auch europäische Unternehmen spielen in der Abfallwirtschaft eine wichtige Rolle. So zum Beispiel Umicore. Die Belgier erzielen das Gros ihrer Erlöse mit sauberen Technologien, wie Autoabgaskatalysatoren, Werkstoffen für wiederaufladbare Batterien, Solarzellen und Photovoltaik, Brennstoffzellen und eben auch Recycling. Letztgenannter Bereich ist gemessen am Umsatz das zweitgrösste Segment im Konzern, gleichzeitig aber der grösste Gewinnbringer. Mit der Wiederverwertung erzielt Umicore eine beachtliche Marge von knapp 25 Prozent. Auch bei Rohstoffkonzernen wie Aurubis, dem deutschen und weltweit führenden Aufbereiter von Kupfer, Edelmetallen und anderen Nicht-Eisenmetallen, steht das Thema Recycling hoch im Kurs. Dies gilt ebenso für den weltgrössten Aluminiumhersteller Alcoa. Dessen Energiebilanz profitiert ebenfalls, denn im Aluminium-Recycling wird bis zu 95 Prozent weniger Strom verbraucht als im aufwändigen Gewinnungsprozess aus Erz. Das International Aluminium Institute erwartet, dass mehr und mehr Recycling-Ware auf den Markt kommen wird. Heute wird aus einer jährlichen Aluminiumproduktion von 56 Millionen Tonnen weltweit knapp ein Drittel (18 Millionen Tonnen) aus Schrott recycelt. Laut Hochrechnungen soll die Metallnachfrage bis zum Jahr 2020 bei nahezu gleichbleibender Recycling-Quote auf rund 97 Millionen Tonnen ansteigen. Dies würde einen wieder verwendbaren Anteil von 31 Millionen Tonnen bedeuten.

Neue Anlagechancen

Eine spezielle Rolle in der Wiederaufbereitung spielen die beiden Franzosen Veolia Environnement und Suez Environnement – das aber nicht bei Metallen, sondern dem lebensnotwendigen «blauen Gold». Das Duo versorgt Menschen weltweit mit sauberem Wasser. Die Verschmutzung nimmt allerdings stetig zu. Dies ist nicht nur der steigenden Bevölkerungszahl geschuldet, auch erfordern neue Technologien wie beispielsweise das beliebte Fracking in den USA zusätzliche Aufbereitungsmassnahmen. Der Öl- und Gassektor zählt zu den wasserintensivsten Industriezweigen. Aber es ist nicht nur der Verbrauch. 10 bis 40 Prozent des benötigten Wassers gelangen mit Fracking-Chemikalien belastet wieder an die Oberfläche. Dadurch entstehen enorme Mengen an Wasser, die behandelt werden müssen. Geht die Prognose auf, würde dies einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 15 Prozent entsprechen. Derartige Entwicklungen eröffnen Anlegern neue Investmentchancen beim Thema Recycling. Unternehmen wie Veolia sind bereits mit Produkten für die Abwasserbehandlung in der Öl- und Gasindustrie vertreten und könnten so von dieser steigenden Nachfrage profitieren.

 

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