«Kaufen, wenn die Kanonen donnern, und verkaufen, wenn die Violinen spielen», lautet ein altes Sprichwort aus den Zeiten der Napoleonischen Kriege. Lässt sich dieses Sprichwort empirisch belegen? Warum sollten die Aktienkurse und damit die Unternehmenswerte zu Beginn eines Krieges steigen und nach dem Ende des Krieges fallen?

Tatsächlich gibt es in der Börsengeschichte aber beeindruckende Beispiele für die Gültigkeit dieses Sprichworts. Insbesondere der Dow Jones Industrial Index erlebte in Kriegszeiten teilweise deutliche Kurssteigerungen. Beispielsweise hatte der Dow Jones sein mit Abstand bestes Kalenderjahr während des Ersten Weltkriegs. Im Jahr 1915 stieg der Dow Jones um 82 Prozent. In der 135-jährigen Geschichte gab es kein anderes Jahr mit einer ähnlich guten Performance.

Auch auf den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs reagierten die Aktienmärkte zunächst mit satten Kursgewinnen. Nachdem Grossbritannien Deutschland den Krieg erklärt hatte, musste die Tokioter Börse wegen der enormen Kursgewinne frühzeitig schliessen. In New York legte der Dow Jones am selben Tag um mehr als sieben Prozent zu und sogar die europäischen Börsen schlossen nach ihrer Wiedereröffnung fester.

Während des Zweiten Weltkriegs waren die Aktienkurse sehr volatil. Dennoch stiegen die Kurse innerhalb der sechs Kriegsjahre deutlich an. Am Tag der deutschen Kapitulation notierte der Dow Jones 20 Prozent und am Tag der Kapitulation Japans um 30 Prozent höher als zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs. Betrachtet man nur den Zeitraum zwischen dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 und der japanischen Kapitulation infolge der Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki ergibt sich sogar ein Kursplus von 46 Prozent.

Vom Beginn bis zum Ende des rund dreijährigen Koreakriegs stieg der Dow Jones um 26 Prozent. Deutlich geringer war der Kursanstieg während des Vietnamkriegs. In den neun Kriegsjahren konnte der Dow Jones nur um 5 Prozent zulegen. Der sechswöchige Golfkrieg bescherte dem Dow ein Kursplus von 12 Prozent und während des ebenfalls sechswöchigen Irakkriegs stieg der Dow um 2 Prozent.

Insgesamt betrachtet sind die US-amerikanischen Aktienkurse also während der Kriege, an denen die USA aktiv beteiligt waren, überdurchschnittlich stark gestiegen. Das kann aber vor allem daran liegen, dass diese Kriege nicht auf US-amerikanischem Boden stattfanden und von den USA mit Ausnahme des Korea- und des Vietnamkrieges eindeutig gewonnen wurden.

Aber gilt das eingangs erwähnte Sprichwort auch für andere Länder und die weltweiten Aktienmärkte insgesamt? Hierzu haben Henk Berkman und Ben Jacobsen von der Massey Universität in  Auckland bereits 2006 eine umfangreiche Studie vorgelegt. In dieser Studie untersuchen sie die Auswirkung von insgesamt 440 internationale Krisen im Zeitraum von 1918 bis 2002 auf die weltweiten Aktienmärkte. Ihre Ergebnisse sind ernüchternd und sprechen gegen die allgemeine Gültigkeit des eingangs erwähnten Sprichworts.

Der Studie zufolge verringert jeder internationale Konflikt die Rendite der weltweiten Aktienmärkte um 0.13 Prozent pro Monat. Da es weltweit durchschnittlich 2.49 Konflikte je Monat gibt, errechnet sich hieraus eine konfliktbedingte Renditeeinbusse von durchschnittlich 3.9  Prozent pro Jahr. In absoluten Zahlen vernichten die Konflikte pro Jahr ein Aktienvermögen von durchschnittlich 1.4 Billionen Dollar, wobei  jeder Konflikt durchschnittlich 280 Milliarden Dollar «kostet».

Zu Beginn einer Krise sind die monatlichen Renditeverluste mit 0.44 Prozent am höchsten. Während der Krise betragen sie 0.14 Prozent und am Ende der Krise kommt es zu monatlichen Renditesteigerungen in Höhe von 0.27 Prozent. Schliesslich zeigen die Forscher, dass in erster Linie die Aktienmärkte der beteiligten Konfliktparteien unter der Krise leiden, während die Aktienmärkte der nichtbeteiligten Staaten in der Regel kaum betroffen sind.

Vor diesem Hintergrund sprechen also nicht nur humanitäre, sondern auch ökonomische Argumente dafür, den aktuellen Konflikt möglichst bald beizulegen. Bislang profitierten zwar Aktien aus dem Energie- und Rüstungssektor. Insgesamt dürfte es an den weltweiten Aktienmärkte aber zu weiteren Kursverlusten kommen, falls der Konflikt anhält.