Der Blutgerinnungshemmer Xarelto bleibt für Bayer zwar der grösste Umsatzbringer in der Pharmasparte, seine Erlöse fielen im zweiten Quartal wegen wachsenden Konkurrenzdrucks durch Generika allerdings unter die Marke von einer Milliarde Euro. Ein erneut starkes Wachstum von Nubeqa gegen Prostatakrebs sowie des Nierenmedikamentes Kerendia für Diabetiker halfen, dies auszugleichen. Und: das mit Blick auf den Umsatz zweitwichtigste Bayer-Medikament, das Augenmittel Eylea, legte leicht zu.

Neue Medikamente und Eylea sollen auch helfen, den im weiteren Jahresverlauf wohl noch zunehmenden Druck auf Xarelto teilweise auszugleichen, erklärte Finanzchef Wolfgang Nickl in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Vor diesem Hintergrund werde nun 2024 für die Pharmasparte ein Umsatzwachstum zwischen 0 und 3 Prozent erwartet, statt wie bisher minus 4 bis 0 Prozent.

Für die Agrarsparte rechnet Nickl «angesichts des Gegenwinds durch die Marktentwicklung damit, das untere Ende der Guidance bei Umsatzwachstum und Marge zu erreichen.» So dürfte das starke Wachstum im Kerngeschäft im zweiten Halbjahr durch deutliche Mengenrückgänge beim Unkrautvernichter Glyphosat gedämpft werden. Helfen sollen der Profitabilität derweil auch geringere Herstellungskosten sowie Einsparungen durch den laufenden Umbau. Bayer-Chef Anderson hatte bereits bei seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr betont, Kunden und Produkte stärker in den Fokus stellen zu wollen.

Ab 2026 sollen zwei Milliarden Euro jährlich eingespart werden, davon 500 Millionen im laufenden Jahr. «Wir sind auf Kurs zu beiden Zielen», sagte Anderson am Dienstag vor Journalisten. Die Umsetzung des neuen Organisationsmodells gehe zügig voran.

«Wir haben 3.200 weniger Stellen im Konzern als Anfang des Jahres. Und wir haben 900 Teams zusammengestellt, die an unseren wichtigsten Aufgaben arbeiten.» Insgesamt beschäftigte Bayer per Ende Juni auf Vollzeitstellen umgerechnet noch knapp 96.600 Menschen. Betroffen sind von dem neuen Ansatz vor allem Managementstellen.

Mit Blick auf das zweite Quartal stieg der Konzernumsatz im Jahresvergleich um knapp ein Prozent auf 11,14 Milliarden Euro, wie Bayer am Dienstag mitteilte. Ohne Wechselkurseffekte ergibt sich ein Plus von gut 3 Prozent. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen fiel hingegen um 16,5 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro.

Der Rückgang resultiert aus einem ungünstigeren - also weniger profitablen Produktmix. Zudem hatte Bayer vor einem Jahr - auch wegen einer damaligen Gewinnwarnung - weniger Geld für das kurzfristige Anreizsystem für Mitarbeiter auf die Seite legen müssen. Insgesamt übertraf der Pharma- und Agrarchemiekonzern die Erwartungen von Analysten im zweiten Quartal.

Unter dem Strich steht ein Minus von 34 Millionen Euro - nach einem Verlust von knapp 1,9 Milliarden vor einem Jahr. Damals war auch wegen eines trägen Glyphosat-Geschäfts eine Abschreibung in Milliardenhöhe notwendig geworden. Das war im abgelaufenen Quartal nicht der Fall, dafür wendete Bayer mehr für die Restrukturierung auf als vor einem Jahr.

Für das Gesamtjahr peilt Anderson weiterhin einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 10,2 bis 10,8 Milliarden Euro an. Auf Basis konstanter Wechselkurs stehen 10,7 bis 11,3 Milliarden Euro operatives Ergebnis im Plan.

Die Bayer-Aktien legte am Dienstagvormittag in einem freundlichen Gesamtmarkt um gut ein Prozent auf 27,23 Euro zu. 2024 steht aber immer noch ein Minus von fast 20 Prozent auf dem Zettel, während der Dax um gut 4 Prozent zugelegt hat. Längerfristig sieht es noch trüber aus für die Bayer-Aktionäre: Vor einem Jahr hatten die Papiere noch mehr als 50 Euro gekostet, 2028 vor der ersten Niederlage in einem US-Prozess rund um angebliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter.

Das Thema ist weiterhin nicht vom Tisch, ebenso wenig wie die ebenfalls teuren US-Rechtsstreitigkeiten rund um das seit Jahrzehnten verbotenen Umweltgift PCB. Beides ist Erbe des 2018 übernommenen Agrarchemiekonzerns Monsanto. Gleichwohl gab es bei beiden Themen zuletzt auch einige Fortschritte und positive Gerichtsurteile für die Leverkusener.

Unter dem Druck der milliardenschweren Rechtsstreitigkeiten hatte Bayer Anfang des Jahres die Dividende zusammengestrichen. Für drei Jahre solle nur das gesetzlich geforderte Minimum ausgeschüttet werden. Das soll helfen, die hohen Schulden abzutragen. Per Ende Juni sank die Nettoverschuldung im Jahresvergleich denn auch um gut 7 Prozent auf knapp 36,8 Milliarden Euro.

Dabei half auch der freie Finanzmittelzufluss von fast 1,3 Milliarden Euro, nachdem vor einem Jahr noch Geld abgeflossen war. Für das Gesamtjahr stehen weiterhin 2 bis 3 Milliarden Euro Free Cashflow im Plan./mis/ngu/nas

(AWP)