Börsianer werteten den Rücksetzer nach zuletzt drei freundlichen Handelstagen beim Dax als "Luft holen" für einen neuen Angriff auf die umkämpfte Marke von 10 800 Punkten, an der er seit August mehrfach gescheitert war. Vorerst jedoch sehen sie den deutschen Leitindex bei dieser Schwelle auch durch das Geschehen am Terminmarkt gedeckelt, wo am Freitag entsprechende Kontrakte auslaufen. Profianleger versuchen dabei oftmals, die Kurse in die von ihnen gewünschte Richtung zu lenken, damit ihre Wetten aufgehen.

TECH-WERTE MIT RÜCKENWIND DER NASDAQ GEFRAGT

Im Gegensatz zum breiten Markt waren Technologieaktien zur Wochenmitte gefragt: Der TecDax kletterte mit Rückenwind von Kursgewinnen bei Wirecard und den am Vortag besonders festen Branchenwerten an der US-Börse Nasdaq um 0,66 Prozent auf 1'710,21 Punkte nach oben. Der MDax stand zuletzt 0,50 Prozent tiefer bei 20'486,87 Zählern, während der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 um 1,22 Prozent auf 3'012,61 Zähler fiel.

Nach den Tagen der Trump-Euphorie kehre zunehmend auch wieder die Realität an die Handelstische zurück, schrieb die Postbank in einem Kommentar. Der Trump-Stimulus verblasse und nun richte der Markt die Blicke wieder vermehrt auf die Geldpolitik und die Konjunkturdaten, wo es am Mittwoch noch Neuigkeiten aus den USA geben könnte. Dort stehen am Nachmittag Produktionszahlen und diverse Reden von US-Notenbankern an, die auf weitere Hinweise für mögliche zukünftige Zinserhöhungen untersucht werden.

SCHWERGEWICHT BAYER BELASTET DEN DAX

Im Dax sackten die zu den grössten Indexwerten zählenden Papiere von Bayer wegen der Emission einer Wandelanleihe bis zuletzt um 5,5 Prozent ab. Der Chemie- und Pharmakonzern hatte den ersten Schritt zur Finanzierung der 66 Milliarden US-Dollar schweren Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto vollzogen, musste aber beim Zinssatz und der Wandlungsprämie eher ungünstige Konditionen hinnehmen.

Ansonsten wirkten sich im Dax einige Analystenkommentare kursbewegend aus. HeidelbergCement büssten nach einer Barclays-Abstufung fast vier Prozent ein - ähnlich stark wie die Aktien der Lufthansa, nachdem Experte Dirk Schlamp von der DZ Bank zu Gewinnmitnahmen anregte. RWE konnten sich nach einer optimistischen Berenberg-Stimme bis zuletzt zumindest mit 0,41 Prozent im Plus behaupten.

KURSRUTSCH BEI BOSS UND LEONI

Unter den Nebenwerten kamen die Aktien von Hugo Boss nach Aussagen zur mittelfristigen Strategie gehörig unter Druck. Als Schlusslicht im MDax sackten sie um fast 13 Prozent ab, weil die Durststrecke des Modekonzerns wohl noch etwas länger dauern wird. Börsianer zeigten sich enttäuscht davon, dass das Unternehmen erst im Jahr 2018 mit einer Rückkehr auf den Wachstumspfad rechnet.

Die Berichtssaison hatte am Mittwoch nur noch einige Nachzügler zu bieten. Aktien von Leoni büssten fast 10 Prozent ein, nachdem der Autozulieferer im dritten Quartal wegen eines bereits bekannten Betrugsfalls in die roten Zahlen gerutscht war. Ein Händler verwies auf gemischte Ergebnisse und einen Kurssprung vom Vortag. Auf die davon abgeleiteten Vorschusslorbeeren sei nun Ernüchterung gefolgt.

WIRECARD UND MORPHOSYS IM TECDAX IM FOKUS

Unter den Technologiewerten im TecDax rückten die schwer gewichteten Aktien von Wirecard nach Zahlen und einem optimistischen Ausblick um fast 7 Prozent vor. Analysten lobten das für 2017 angepeilte Ziel eines operativen Gewinns im Grössenbereich zwischen 382 und 400 Millionen Euro unisono als über den Erwartungen liegend.

Morphosys-Aktien dagegen zollten am Mittwoch einer Kapitalerhöhung ihren Tribut. Weil sich das Biotechnologie-Unternehmen rund 115 Millionen Euro für Forschungsvorhaben, Lizensierungen und mögliche Zukäufe besorgte, büssten die Titel mehr als 8 Prozent ein. 2,62 Millionen neue Aktien wurden bei einer Privatplatzierung zu je 44 Euro an institutionelle Anleger verkauft./tih/fbr

(AWP)