May stellte für den 8. Juni eine vorgezogene Wahl in Aussicht, bereits an diesem Mittwoch sollen die Abgeordneten darüber abstimmen. Sie begründete den Schritt damit, dass sich das Parlament uneinig über den geplanten EU-Austritt ihres Landes sei. "Vom Brexit gibt es kein Zurück", betonte May aber.

Einzig am britischen Aktienmarkt war die Kursreaktion eindeutig: Es ging bergab. Der wichtigste britische Aktienindex FTSE 100 fiel bis zum frühen Nachmittag um 1,7 Prozent bis auf 7203,81 Punkte auf den tiefsten Stand seit dem 24. Februar. Die Stimmung an der Londoner Börse war allerdings bereits vor der Ankündigung von Neuwahlen schlecht.

PFUND UND ANLEIHEN MIT BERG- UND TALFAHRT

Die Kurse britischer Staatspapiere und des britischen Pfunds reagierten unterdessen uneindeutig. Das Pfund verlor nach der überraschenden Ankündigung einer Erklärung Mays mehr als ein halbes Prozent an Wert. Nachdem May dann die Neuwahlen angekündigt hatte, glich das Pfund die Verluste aber wieder aus und legte sogar zusätzlich über ein halbes Prozent zu. Zuletzt war ein Pfund 1,2674 Dollar wert.

Als sicher geltende britische Staatsanleihen bekamen zwischenzeitlich deutlichen Zulauf. Die Rendite zehnjähriger Papiere fiel erstmals seit Oktober unter ein Prozent. Ähnlich wie beim Pfund kehrte sich die Kursbewegung hier aber nach der Veröffentlichung von Mays Erklärung um und die Renditen legten sogar gegenüber ihrem Ausgangsniveau kräftig zu.

POLITISCHE UNSICHERHEIT DÜRFTE SICH ERHÖHEN

Händler begründeten die deutliche Erholung nach der Neuwahl-Ankündigung damit, dass einige Anleger mit einer noch drastischeren Ankündigung Mays gerechnet hatten. Demnach sei zunächst neben Neuwahlen auch über einen Rücktritt der Regierungschefin spekuliert worden, was die Nachfrage nach sicheren Anlagen angeheizt habe.

Dennoch: Auch die Neuwahlen erhöhen die politische Unsicherheit, sagt Neil Wilson, Experte vom Broker ETX Capital. "Im Extremfall könnte dies sogar eine Abkehr vom gesamten Brexit-Prozess auslösen." Die uneindeutige Reaktion an den Finanzmärkten auf die Neuwahl-Ankündigung führt Jonathan Loynes, Experte beim Analysehaus Capital Economics, darauf zurück, dass die Neuwahlen sowohl Mays Position als auch die der Opposition stärken könnten./tos/jsl/fbr

(AWP)