Nach der gescheiterten Regierungsbildung droht in Italien ein institutioneller Zweikampf zwischen den beiden populistischen Kräften 5 Sterne und Lega einerseits sowie Staatspräsident Sergio Mattarella andererseits. Sogar ein Amtsenthebungsverfahren gegen Mattarella wird angestrebt, Grossdemonstrationen sind angekündigt und alles sieht nach einer Hängepartie bis zu Neuwahlen im Herbst aus. Auch in Spanien ist es alles andere als ruhig - hier stimmt das Parlament Ende der Woche über ein Misstrauensvotum gegen Ministerpräsident Rajoy ab.

"Die Anleger zittern ein wenig vor einer Südeuropa-Schuldenkrise 2.0. Ich fürchte, das Thema begleitet uns über den ganzen Sommer", sagt ein Händler. Auch die Experten der St. Galler Kantonalbank sehen Erinnerungen an Griechenland geweckt. Gefährlich könnte es für die Refinanzierung der Schulden von Italien werden - die Risikoprämien am Markt sind bereits stark gestiegen. Dann kämen auch die italienischen Banken als grösste private Halter der Staatsschulden unter Druck.

Der SMI verliert bis Mittag 1,2 Prozent auf 8672 Punkte - kein einziger Wert steht im Plus. Der 30 Aktien umfassende SLI fällt um 1,4 Prozent auf 1436 Punkte und der breite SPI um 1,1 Prozent auf 10'388 Punkte. Zum Mittagshandel verstärkte sich der Druck auf die Märkte, da US-Anleger aus dem Feiertag zurückkehrten.

Finanztitel stark unter Druck

Am Indexende hängen die Finanzwerte - die Schwäche zieht sich durch den gesamten europäischen Banken- und Versicherungssektor. Gerade Banken und Versicherer halten eine grosse Zahl an Staatsanleihen in ihrem Portfolio und Anleger ziehen sich nun gezielt aus solchen Risiken zurück. Am Markt ist man zudem skeptisch, ob dem von Mattarella als Premier gewünschten Finanzexperten Carlo Cottarelli überhaupt die Bildung einer Regierung gelingt. Hinzu kommt laut Analysten, dass sich die Normalisierung der Geldpolitik in der Eurozone hinauszögern könnte. CS fallen um 2,7 Prozent, auch UBS (-2,1%), Julius Bär (-2,0%), Zurich (-2,3%), Bâloise (-2,7%) und Swiss Life (-2,6%) kommen unter Druck.

Swiss Re geben ebenfalls um deutliche 2,2 Prozent nach - hier belastet auch eine kritische Studie der UBS. Die Analysten stellen den defensiven Charakter des Rückversicherungssektors in Frage.

Unter den stabilen Werten halten sich die Titel des Schwergewichts Nestlé mit minus 0,3 Prozent am besten. Der Nahrungsmittelmulti baut seine weltweite Informatik um, was bis zu 500 Stellen in der Schweiz kosten könnte. Der Stellenabbau würde innerhalb von 18 Monaten vollzogen.

Auch Roche halten sich mit lediglich minus 0,4 Prozent besser als der Gesamtmarkt. Weitere Daten aus einer derzeit laufenden Kombinations-Studien mit dem Immun-Therapeutikum Tecentriq sorgen für einen gewissen Hoffnungsschimmer am Markt. Für Konkurrent Novartis geht es auch aufgrund einer Abstufung durch die HSBC von "Buy" auf "Hold" um 1,1 Prozent nach unten.

Uhrenaktien trotz starken Exportzahlen im Verkauf

Im Mittelfeld halten sich Swatch (-0,8%) und Richemont (-1,4%) nach eigentlich starken Daten zu den Schweizer Uhrenexporten. Die Exportdaten an sich seien gut ausgefallen, so Analysten. Der durch die Italien-Krise wieder erstarkte Franken bremse aber die beiden exportorientierten Werte, heisst es aus dem Handel.

In der zweiten Reihe geben Burckhardt nach Jahreszahlen nur um 0,4 Prozent nach. Der Kolbenkompressorenhersteller hat die Analystenerwartungen übertroffen. In den Kommentaren wird insbesondere der hohe Auftragseingang positiv hervorgehoben.

Ascom stehen nach einem Grossauftrag aus den USA mit nur 0,2 Prozent im Minus. Zehnder verlieren nach einer geplanten Produktionsverlagerung von der Schweiz nach Frankreich 0,1 Prozent.

Bell werden ex Bezugsrecht durch die geplante Kapitalerhöhung gehandelt und fallen somit auf dem Papier um knapp 15 Prozent.

(AWP/cash)