"Die Bundesnetzagentur ist nach eingehender Prüfung der Unterlagen zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Zertifizierung eines Betreibers der Leitung Nord Stream 2 nur dann in Betracht kommt, wenn der Betreiber in einer Rechtsform nach deutschem Recht organisiert ist", heisst es in einer Mitteilung der Netzagentur. Laut der EU-Gasrichtlinie müssen Betrieb der Leitung und Vertrieb des Gases ausreichend getrennt sein.

Die Nord Stream 2 AG mit Sitz in Zug in der Schweiz, hinter der der russische Gaskonzern Gazprom steht, hat sich laut Bundesnetzagentur dazu entschlossen, eine Tochtergesellschaft nach deutschem Recht nur für den deutschen Teil der Leitung zu gründen. Diese solle Eigentümerin des deutschen Teilstücks der Pipeline werden und dieses betreiben. Das Zertifizierungsverfahren bleibe so lange ausgesetzt, bis die Übertragung der wesentlichen Vermögenswerte und personellen Mittel auf die Tochtergesellschaft abgeschlossen ist, hiess es weiter. Die Behörde könne dann ihre Prüfung fortsetzen. Eine Frist für das Verfahren läuft im Januar ab.

Die Nord Stream 2 AG verwies auf die Gründung eines Nord-Stream 2-Tochterunternehmens: "Unser Unternehmen will mit diesem Schritt die Einhaltung von geltendem Recht und Richtlinien gewährleisten." Zu "Details des Verfahrens, seiner möglichen Dauer und den Auswirkungen auf die Betriebsaufnahme der Pipeline" könne sich das Unternehmen nicht äussern, hiess es weiter.

Selbst wenn die Bundesnetzagentur grünes Licht gibt, ist anschliessend eine Überprüfung durch die Europäische Kommission vorgesehen. Diese könnte sich bis zu vier Monate dafür Zeit lassen - auch weil der politische Druck von Pipeline-Gegnern innerhalb auch der EU gross ist. Nach der Stellungnahme aus Brüssel hat wiederum die Bundesnetzagentur zwei Monate Zeit für eine etwaige Zertifizierung.

Gazprom hatte im September die Fertigstellung der Leitung bekanntgegeben. Die Pipeline wurde je zur Hälfte von Gazprom und den Unternehmen OMV , Wintershall Dea, Engie , Uniper und Shell finanziert. Durch die 1230 Kilometer lange Pipeline von Russland nach Deutschland sollen jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Gas geliefert werden.

Die CSU im Bundestag hält grundsätzlich an der Inbetriebnahme fest. Die Pipeline sei eine Infrastruktur zur Energieversorgung, deren Inbetriebnahme "auf Sicht" ermöglicht werden solle, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in Berlin. Er halte aber mehr Wettbewerb im Gasbereich für wichtig. So solle etwa der Anteil von US-Flüssiggas im deutschen Energiemix deutlich erhöht werden.

Technisch ist zumindest der erste Strang schon vor Wochen vom zuständigen Bergamt Stralsund für den Betrieb freigegeben worden. Der Gastransport in den deutschen Binnenmarkt ist aber nicht zulässig ohne Zertifizierung der Bundesnetzagentur.

Die Pipeline beschäftigt zudem noch Gerichte. So klagen der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor dem Verwaltungsgericht Hamburg und vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald gegen das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie beziehungsweise gegen das Bergamt Stralsund als Genehmigungsbehörden.

Das OVG Greifswald verhandelt am Dienstag (Az.: 5k588/20OVG) eine Klage der Umwelthilfe. Sie richtet sich gegen das Bergamt Stralsund, das Anfang 2018 den Bau und Betrieb der Pipeline genehmigt hatte. Die Behörde hatte einen Antrag der DUH abgelehnt, die Genehmigung aus Klimaschutzgründen zu überprüfen. Die Umweltschützer verweisen auf neue Erkenntnisse, die Erdgas als klimaschädlicher darstellten, etwa auf Grund von Methanemissionen bei der Förderung und dem Transport./chh/DP/stw

(AWP)