Noch Ende August zeigte sich Firmenmitbegründer Jan Schoch gegenüber dem Wirtschaftsmagazin "Bilanz" überzeugt, dass er "als CEO in der richtigen Position" sei. Anfang September wurde ihm bereits der Finanzchef Marco Amato als Aufpasser zur Seite gestellt. Und am Freitag teilte Leonteq mit, Schoch sei per sofort nicht mehr Chef und trete aus der Geschäftsleitung aus. Fortan wird er dem Unternehmen nur noch beratend zur Seite stehen, in der neuen Position des Senior Advisor Strategic Growth Initiatives, wie Leonteq schreibt. Interimistisch übernimmt Amato die Führungsposition.

FREY-MANN FÜR DAS PRÄSIDIUM

Darüber hinaus präsentierte Leonteq am Freitag auch die Wahlvorschläge für den Verwaltungsrat: Bereits seit Sommer ist bekannt, dass sowohl Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz, der das Aufsichtsgremium präsidiert, als auch Patrik Gisel, der aktuelle Chef der Raiffeisen, zurücktreten. An einer ausserordentlichen Generalversammlung werden nun Christopher Chambers als Präsident sowie Paulo Brügger und Thomas Meier zur Wahl vorgechlagen.

Chambers ist derzeit unter anderem Verwaltungsrat bei Swiss Prime Site und Chairman des in Afrika tätigen Lonrho-Konzerns. Früher war er zudem in leitenderer Position für die MAN Group tätig. Damit offenbaren sich zwei bemerkenswerte Verbindungen zu Financier Rainer-Marc Frey, der im Frühling mit 6,4% bei Leonteq eingestiegen ist: Bei Lonrho ist Frey Vizepräsident, und an die MAN Group hat er einst seinen Hedgefonds RMF verkauft. In Beobachterkreisen wird denn auch spekuliert, Frey installiere nun einen eigenen Mann an der Spitze des Verwaltungsrats, der dann dann auch den neuen CEO suchen wird.

EINSTIEG VON FREY ALS TRENDWENDE

Grösster Investor bei Leonteq ist mit gut 29% aber Raiffeisen. Im Geschäftsjahr 2016 hatte die Raiffeisen-Bankengruppe auf ihre Beteiligung an Leonteq eine Wertberichtigung in Höhe von 69 Mio CHF vornehmen müssen, und offenbar will Raiffeisen seine Beteiligung reduzieren. Leonteq-Sprecher Rüdiger Assion sagt auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda, die Beziehung zu Raiffeisen sei "unverändert". Mit Paulo Brügger soll nach Patrik Gisel wieder ein Vertreter der Bank in den Verwaltungsrat einziehen. Und auch an der Kooperationsvereinbarung zwischen Leonteq und Raiffeisen werde nicht gerüttelt.

Dennoch ist der Einstieg von Frey bei Leonteq als Trendwende zu bezeichnen. Seit seinem Investment hat sich der Kurs mehr als verdoppelt. Laut Medienberichten soll Frey auf schnelle operative Verbesserungen drängen, vor allem aber hinter den personellen Veränderungen an der Spitze des Unternehmens stehen.

KOSTENZIEL BESTÄTIGT

Operationell wie auch finanziell ist Leonteq gemäss Mitteilung vom Freitag nach einem profitablen dritten Quartal solide unterwegs. Bereits im ersten Halbjahr 2017 hat das Unternehmen den Sprung zurück in die schwarzen Zahlen geschafft, nach roten Zahlen im zweiten Semester 2016. Das Kostenziel für das Jahr 2017 wurde zudem bestätigt.

An der Börse entwickelte sich der Kurs der Leonteq-Aktie nach den Ankündigungen positiv. Zum Schluss notierten die Papiere in einem leicht schwächeren Gesamtmarkt um 7,3% höher bei 65,40 CHF. Analysten zeigten sich vom Chefwechsel eher überrascht. Bei der ZKB wertet man den personelle Wechsel als Zeichen dafür, dass Leonteq weiterhin kämpfen muss, um auf einen "kontrollierten Wachstumspfad" zu finden. Bei der Neuen Helvetischen Bank spricht man dagegen von einer "Befreiung", einer "richtungsweisenden Entscheidung" und einem "Aufbruch zu neuen Ufern".

jr/uh

(AWP)