Obwohl Lifewatch den Umsatz um 6,8% auf 113,8 Mio USD steigerte, war der Verlust mit 13,4 Mio noch grösser als im Vorjahr. Negative Einmaleffekte belasteten. Neben Rechtsfällen sorgten Restrukturierungskosten und höhere Steuern erneut für rote Zahlen. Immerhin bestätigte CEO Stephan Rietiker am Montag vor den Medien: "Wir haben jetzt keine Leichen mehr im Keller" und stellte zwei Wachstumsinitiativen vor.

Mit drei klinischen Monitoring-Zentren in Chicago, Philadelphia und San Francisco ist Lifewatch nach der Schliessung zweier Niederlassungen in Japan und Indien fast nur noch in den USA tätig. Dort plant das Unternehmen eine Zusammenarbeit mit GE Healthcare. Um wieder eine gewisse geografische Diversifikation und profitables Wachstum zu erreichen, setzt Lifewatch nun auf die Türkei.

TÜRKEI-JV UND GE HEALTHCARE ALS WACHSTUMSTREIBER

In der Türkei wird Lifewatch gemäss Rietiker während mindestens zwei Jahre keine Konkurrenz erwachsen. Mit einem Gemeinschaftsunternehmen, an dem Lifewatch 55% hält, werde der türkische Markt erschlossen. Zunächst würden 40 Leute in einem Call Center, das "moderner als jenes in den USA" sei, angestellt.

Lifewatch werde dort bereits in der laufenden Woche erste Patienten betreuen. Erste Einnahmen erwartet das Management im Mai. Weil die Arbeitskosten tiefer sind als in den USA, rechnet Rietiker mit einer Bruttomarge um 60%, in den USA bewegt man sich um 50%. Cashflow-positiv sei das Joint-Venture ab Mitte 2018 - allenfalls früher, wenn die von zwei Ministern in Aussicht gestellten Subventionen fliessen.

Einen weiteren Wachstumsimpuls solle die Zusammenarbeit mit GE Healthcare bringen, aktuell liege eine Absichtserklärung vor. Die konkreten Eckpunkte des Vertrages dürften im April unterzeichnet werden. GE sei auf Lifewatch zugekommen, weil der US-Riese die Spitäler aus einer Hand mit Herzüberwachungslösungen beliefern wolle.

Lifewatch werde dabei als Subunternehmer agieren, Support und Service anbieten. Der Inkassoaufwand und das Delkredere-Risiko bleibe erspart, weil Lifewatch direkt von GE bezahlt werde. Zunächst müsse eine separate Einheit gegründet werden. "Bescheidene Umsätze" daraus gäbe es schon 2017. Bis 2018 soll die Zusammenarbeit 15 bis 30 Mio USD zusätzlichen Jahresumsatz bringen, was ein "game changer" sei.

UNWAHRSCHWEINLICHE ABSCHAFFUNG VON OBAMA-CARE KAUM EINE BEDROHUNG

Aktuell vergütet das US-Krankenversicherungssystem den Einsatz mobiler Geräte für die kardiologische Überwachung mit 850 USD, Aufzeichnungsgeräte (Holter) mit 250 USD und Event-Monitoring-Geräte mit 50 USD pro Stück. Das war vor Obama-Care ähnlich, so dass eine von US-Präsident Trump geplante Abschaffung von Obama-Care keinen schädlichen Einfluss haben werde.

Ohnehin glaubt der schweizerisch-amerikanische Doppelbürger Rietiker, dass der US-Präsident nicht alles rückgängig machen könne: "Die Richter werden Trump stoppen." Zudem seien moderate Republikaner gegen ein vollständiges Zurückdrehen des Rades im Gesundheitswesen.

Gut angelaufen sei das Geschäftsjahr 2017 und die Aussichten seien positiv. Fürs laufende Geschäftsjahr Lifewatch rechnet mit einem zweistelligen Umsatzwachstum und einem positiven Betriebsgewinn. Dies trotz Aufwänden zur Abwehr des Übernahmeangebots des Klinikbetreibers Aevis Victoria. Mittelfristig sei gemäss Rietiker sogar eine EBITDA-Marge um 20% möglich.

Am Berichtstag gewannen Lifewatch in einem leicht rückläufigem Gesamtmarkt 3,6% auf 13,05 CHF bei sehr hohen Volumen. Seit Jahresbeginn haben die Titel gar um 27% zugelegt.

pr/ra

(AWP)