"So ist derzeit nicht absehbar, dass sich die aktuelle Zusatznachfrage aus den Bereichen Impfstoffe und antivirale Medikamente zu einer nachhaltigen Erhöhung der Nachfrage in diesen Bereichen entwickeln wird", hiess es in der Mitteilung. "Zudem zeichnet sich ab, dass sich die Marktzulassung einiger Biopharmaka aufgrund von pandemiebedingt verschobenen klinischen Testreihen verspäten könnte. Eine Quantifizierung der Auswirkungen dieser verschiedenen Effekte ist derzeit weder der Höhe noch dem Zeitpunkt nach zuverlässig möglich."

Analyst Richard Vosser von JPMorgan sprach mit Blick auf den Zwischenbericht von einer durch die Bank starken Entwicklung im zweiten Quartal. Die Papiere hätten jedoch bereits auf die vorab bekannten Eckdaten stark reagiert. Er erinnerte zudem an die Unsicherheit beim Unternehmen, wie viel Corona-Schwung sich als nachhaltig erweise.

Investoren machten daher lieber erst einmal Kasse. Nach einem weiteren Rekordhoch zum Handelsstart notierten die Sartorius-Vorzugsaktien gegen Mittag rund 3 Prozent im Minus. Im laufenden Jahr haben die Papiere damit allerdings noch rund drei Viertel zugelegt. Auf längere Sicht sieht es für die Titel noch beeindruckender aus: In den zurückliegenden 5 Jahren steht ein Kursplus von fast 600 Prozent für die Göttinger zu Buche.

Sartorius hatte vergangene Woche bereits die Eckdaten für das erste Halbjahr veröffentlicht und dabei auch die Prognose für 2020 erhöht. Dies hatte die ohnehin schon seit einiger Zeit anhaltende Rally der Aktie zunächst weiter befeuert. Sartorius ist an der Börse inzwischen rund 20,6 Milliarden Euro wert.

Wie bereits bekannt, erwartet Sartorius nun ein stärkeres Wachstum und eine höhere Profitabilität für die Sparte Bioprocess Solutions, die Technologien für die Herstellung von Biopharmazeutika liefert, und für den Gesamtkonzern. Der Ausblick für die Laborsparte bleibt hingegen unverändert. Der Konzernumsatz dürfte auch wegen zusätzlicher Geschäfte im Zuge der Corona-Pandemie um 22 bis 26 Prozent steigen, nachdem das Management bisher ein Plus von 15 bis 19 Prozent avisiert hatte.

Bei der operativen Marge basierend auf dem um Sondereffekte bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) will Sartorius 28,5 Prozent und damit einen Prozentpunkt mehr erreichen als bisher geplant. Ein Teil des zusätzlich erwarteten Geschäfts ist den Angaben zufolge auf die Coronavirus-Pandemie zurückzuführen. Produkte des Unternehmens werden bei der Herstellung von Impfstoffen und antiviralen Medikamenten eingesetzt.

Konzernchef Joachim Kreuzburg zeigte sich für den weiteren Jahresverlauf optimistisch. Er verwies nicht nur auf das hohe Wachstum der Sparte Bioprocess Solutions, sondern hob auch das Geschäft der Laborsparte hervor, das nun einen positiven Trend zeige, nachdem es in den ersten Monaten noch spürbar von der Corona-Krise beeinträchtigt gewesen sei. "Wir gehen also mit grosser Zuversicht in die zweite Jahreshälfte, auch wenn durch die Pandemie nach wie vor erhebliche Herausforderungen und Unsicherheiten bestehen", befand Kreuzburg.

Laut Mitteilung trugen der von Mai 2020 an konsolidierte Zukauf der Geschäfte von Danaher sowie die mehrheitliche Übernahme des Zellkulturmedien-Spezialisten Biological Industries im Dezember 2019 zusammen knapp vier Prozentpunkte zum Umsatzwachstum im ersten Halbjahr bei.

Sowohl in der Sparte Bioprocess Solutions als auch in der Laborsparte konnte Sartorius im zweiten Quartal beim Auftragseingang, Umsatz und operativen Ergebnis klar zulegen. Während die Erlöse um rund ein Fünftel auf 547 Millionen Euro stiegen, legte der Auftragseingang sogar um rund ein Viertel auf 615 Millionen Euro zu. Dabei lief es in der Region Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) ebenso rund wie in Amerika und in der Asien-Pazifik-Region. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) verzeichnete ein Plus von rund 26 Prozent und bezifferte sich auf 155,7 Millionen Euro. Unter dem Strich kletterte der Überschuss um rund 27 Prozent auf 67,2 Millionen Euro.

Der MDax -Konzern, der seit 1990 an der Börse notiert ist, stellt unter anderem Zellkulturmedien, Bioreaktoren, Spezialfilter oder Analyseinstrumente her. Im Vergleich zu vielen anderen Wirtschaftszweigen können Branchen wie Medizintechnik und Pharmaindustrie die Folgen der Viruskrise derzeit oft besser abfedern oder gar ihr Geschäft erweitern.

Die stärkere Nachfrage nach Sartorius-Produkten macht sich daher auch in der steigenden Mitarbeiterzahl bemerkbar. Zum 30. Juni dieses Jahres beschäftigte der MDax-Konzern 9729 Mitarbeiter weltweit und damit rund 7,7 Prozent mehr als am 31. Dezember 2019./eas/mne/mis

(AWP)