Siemens will in der Kraftwerkssparte sowie bei Prozessindustrie und Antrieben wohl mehrere tausend Stellen streichen. Der Konzern hatte sich zu entsprechenden Medienberichten noch nicht im Detail geäussert. Ob auch Werke geschlossen werden, ist noch unklar. In Erfurt, Görlitz, Leipzig und Erlangen gab es bereits Proteste. Die Ministerpräsidenten von Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Berlin äusserten sich besorgt.

Kugel sagte: "Wenn ein Geschäft langfristig nicht mehr da ist, können wir nicht einfach an der Vergangenheit festhalten und weitermachen wie bisher." Die Energiebranche sei weltweit im Umbruch: "Der Markt für grosse Gasturbinen ist um 40 Prozent, für Dampfturbinen um 70 Prozent geschrumpft." Das sei keine Konjunkturdelle, "sondern eine vor Jahren schon einsetzende, strukturelle und dauerhafte Veränderung". Das Unternehmen müsse wirtschaftlich handeln, nur so sei Beschäftigung langfristig sicher.

Entlassungen schloss sie nicht aus. "Wo immer wir können, werden wir Mitarbeiter umschulen für Aufgaben in unseren Wachstumsfeldern. Aber man muss auch ehrlich sagen, das wird nicht für jeden überall möglich sein", sagte die Personalchefin.

Siemens-Chef Joe Kaeser wehrte sich dem "Spiegel" zufolge in einem Brief an Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) gegen deren Vorwurf, er stärke mit Werksschliessungen die AfD in Ostdeutschland. Bei einem dauerhaften Rückgang der Nachfrage nach konventioneller Kraftwerkstechnik seien Kapazitätsanpassungen unvermeidbar. Siemens habe allein in Deutschland dieses Jahr gut 5000 neue Mitarbeiter eingestellt.

IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner hatte kritisiert, dem Siemens-Vorstand gehe es um die Marge und nicht um die Menschen. An vielen Standorten herrsche nackte Angst. Die Gewerkschaft sieht den Standort- und Beschäftigungssicherungspakt in Frage gestellt.

Kugel sagte, der Pakt sei nicht tot. Siemens habe den Arbeitnehmern 2008 zugesichert, wo immer möglich auf betriebsbedingte Kündigungen, Werksschliessungen und Verlagerungen zu verzichten. Wo Wirtschaftslage oder neue Rahmenbedingungen einen dieser Schritte notwendig machten, sei ein klar geregeltes Verfahren vorgesehen. "Wir wollen den guten Dialog aufrecht erhalten", betonte Kugel. "Wir erwarten auch von den Gewerkschaften, dass wir den Wandel miteinander gestalten."

Die öffentlichen Spekulationen seien für alle Beteiligten ärgerlich, "sie haben die Unsicherheit in der Belegschaft vergrössert". Arbeitnehmer und Politik forderten natürlich rasche Aufklärung. Aber erst müsse der Plan stehen, danach rede Siemens "zuerst mit den Arbeitnehmern, dann mit allen anderen"./rol/DP/tos

(AWP)