An der Börse sorgten die Nachrichten für keine eindeutige Reaktion. Nach einem Start im Plus und zwischenzeitlichen Kursverlusten lag die Aktie um die Mittagszeit mit 0,52 Prozent in der Gewinnzone bei 33,685 Euro. Seit Jahresbeginn liegt sie damit gut sechs Prozent im Plus - und hat sich damit deutlich schwächer entwickelt als der MDax .

Analyst Andreas Schäfer wertete die Gewinnprognose für 2018 im Gegensatz zu Haas als "konservativ". Analysten hatten im Schnitt fast 900 Millionen auf dem Zettel. Das nun ausgegebene Ziel von 850 Millionen entspricht dem Betrag, den der Vorstand vor den Wirbelstürmen "Harvey", "Irma" und "Maria" sowie den Erdbeben in Mexiko auch für 2017 ins Auge gefasst hatte. Erst Anfang August hatte der Vorstand die Prognose angehoben - musste sie Ende Oktober jedoch auf 650 Millionen Euro zusammenstreichen.

Denn im dritten Quartal zogen die hohen Naturkatastrophen-Schäden bei der Hannover Rück und der Industrieversicherung den Talanx-Konzern in die roten Zahlen. Unter dem Strich stand ein Verlust von 19 Millionen Euro. Für die ersten neun Monate liegt der Gewinn mit 444 Millionen Euro rund 30 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum.

Dennoch lockt der Vorstand die Aktionäre mit der Aussicht auf eine Dividende mindestens auf Vorjahresniveau. Da hatte Talanx 1,35 Euro je Anteilsschein ausgeschüttet. Haas schloss ausdrücklich nicht aus, dass die Dividende trotz des Gewinnrückgangs sogar steigen könnte. Dies will er allerdings von dem Geschäftsverlauf im Rest des Jahres abhängig machen. "Wir sind in einem Geschäftsmodell, in dem am 31.12. der Schlussstrich gezogen wird", sagte er mit Blick auf die geballten Katastrophenschäden, die das Unternehmen innerhalb binnen vier Wochen ab Ende August ereilt hatten.

Insgesamt kosteten die Hurrikan-Serie und die beiden Erdbeben Talanx und Hannover Rück rund 920 Millionen Euro. Die Rückversicherungstochter federte die Belastungen ab, indem sie alle Aktien aus ihrem Anlagebestand am Markt mit Gewinn verkaufte. Sowohl bei der Hannover Rück als auch in der Talanx-Industrieversicherung reichten die Prämieneinnahmen daher nicht aus, um die Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb im dritten Quartal zu decken. Über alle Sparten hinweg lag die kombinierte Schaden-Kosten-Quote mit 114,4 Prozent deutlich über der kritischen 100-Prozent-Marke.

Erst am Freitag hatte der Konzern einen Wechsel an der Führungsspitze eingeleitet. Der 63-jährige Haas will bei der Hauptversammlung im Mai 2018 den Platz an der Vorstandsspitze für seinen Vorstandskollegen Torsten Leue (51) freimachen und selbst an die Spitze des Aufsichtsrats wechseln. Dort soll er Wolf-Dieter Baumgartl (74) ablösen, der nicht mehr kandidiert.

Haas räumte ein, dass das Aktienrecht solch direkte Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat nur im Ausnahmefall zulässt. Er rechne aber nicht mit grossen Widerständen auf der Hauptversammlung. Hauptaktionär des Konzerns ist mit 79 Prozent der HDI, ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Haas ist auch dort Vorstandschef und soll beim HDI den gleichen Wechsel vollziehen wie bei Talanx.

Seinen Kollegen Leue, der bisher das Auslandsgeschäft des Konzerns mit Privat- und Firmenkunden führt, nannte Haas einen "hervorragenden Nachfolger". Er hoffe, dass mit ihm auch die gute Entwicklung des internationalen Geschäfts auf das Deutschlandgeschäft herüberschwappe. Talanx baut sein Geschäft in der Heimat derzeit gründlich um und investiert kräftig in die Digitalisierung. Durch die Umstrukturierung sollen bis Ende des Jahrzehnts insgesamt 930 Arbeitsplätze wegfallen./stw/mne/stb

(AWP)