Mit dem am Mittwoch kommunizierten Weko-Entscheid erfüllt sich ein lang gehegter Wunsch der Familie Hayek. Swatch wolle nicht mehr länger Supermarkt für die Schweizer Uhrenindustrie sein, hatte sich der Swatch-Baumeister Nicolas Hayek Senior bereits vor fast zehn Jahren kurz vor seinem Tod in einem Interview beschwert.

Damit sprach Hayek Senior den in seinen Augen nicht haltbaren Umstand an, dass ETA als Monopolist für mechanische Werke dazu verpflichtet war, auch Konkurrenten mit Uhrwerken zu beliefern.

Swatch wandte sich daher 2010 an die Weko mit dem Wunsch, von dieser Verpflichtung befreit zu werden. Eine Ungleichbehandlung von Kunden hätte als Kartellrechtsverstoss geahndet werden können.

Vertiefte Prüfung

Die Weko ging auf das Begehren ein. Die Behörde untersuchte den Markt für mechanische Uhrwerke und traf im Jahr 2013 mit Swatch eine Vereinbarung, die eine schrittweise Reduktion der Liefermengen der ETA an Drittkunden regelte.

Ziel war es, die monopolistischen Strukturen bis Ende 2019 aufzubrechen. Bis dahin sollten andere Uhrenmarken vermehrt selbst Uhrwerke produzieren und neue Uhrwerkhersteller sich als Konkurrenten der ETA in Stellung bringen.

Doch das gelang nicht nach Wunsch. "Wir hatten Hinweise, dass sich der Markt möglicherweise nicht in die richtige Richtung bewegt und starteten daher vor zwei Jahren mit eine vertiefte Analyse", sagte Weko-Direktor Patrik Ducrey am Mittwoch vor den Medien.

Die Weko brauchte lange für die Analyse; die Zeit bis zum Ablauf der Vereinbarung Ende 2019 reichte nicht. Sie verlängerte daher kurz vor Weihnachten die Übereinkunft bis zum Sommer 2020. Dies zum Ärger von Swatch-Chef Nick Hayek.

Markt bereit für Wettbewerb

Nun ist die Weko zum Schluss gekommen, dass die Zeit für mehr Wettbewerb reif ist. Hätte 2013 ein von der ETA angeordneter Lieferstopp noch das Ende vieler Uhrenhersteller bedeutet, sei es heute möglich, Uhrwerke über andere Kanäle zu beziehen, begründete Ducrey den Entscheid.

Vor allem der jurassische Uhrwerkhersteller Sellita sei für die Uhrenhäuser eine Alternative zur ETA. Zudem hätten ETA-Kunden ihre Eigenproduktion auf- und ausgebaut. Und allgemein habe die Nachfrage am Markt für mechanische Uhren mit dem Label "Swiss Made" seit 2013, als die Werke noch knapp waren, abgenommen. Die Abhängigkeit von ETA sei insgesamt kleiner geworden, hiess es.

Konkrete Zahlen wollten die Weko-Verantwortlichen mit Verweis auf das Geschäftsgeheimnis der betroffenen Firmen nicht nennen. Nick Hayek hatte aber Anfang Jahr in einem Interview preisgegeben, dass ETA 2019 nur noch rund eine halbe Million Uhrwerke an Dritte lieferte. 2013 waren es noch rund 2 Millionen. Hayek schätzte zudem, dass der Marktanteil von ETA im Drittgeschäft unter einem Drittel liegt.

Swatch nahm am Mittwoch den Weko-Entscheid zur Kenntnis. Für eine Stellungnahme sei es aber noch zu früh, erklärte ein Sprecher. Man werde die Schlussbegründungen dazu abwarten.

ETA bleibt marktbeherrschend

ETA bleibe aber ein marktbeherrschendes Unternehmen, stellte Weko-Präsident Andreas Heinemann vor den Medien klar. Zähle man die Uhrwerke dazu, die ETA für Marken der Swatch-Gruppe produziere, dann liege die Kapazität um ein Mehrfaches über jener von Sellita.

Aus diesem Grund müsse ETA gesetzliche Verhaltensregeln erfüllen. Unzulässig wären laut Heinemann eine Verdrängungstaktik mit tiefen Preisen oder die Koppelung mit anderen Geschäften der Gruppe.

Die Weko werde ein Auge auf den Markt richten und bei Bedarf einschreiten. Den Kunden stehe hingegen bei Missbräuchen in erster Linie der zivilrechtliche Weg für Klagen offen, hiess es.

Bereits steht bei der Weko die nächste Untersuchung bei Swatch vor der Tür. Stein des Anstosses ist Nivarox, eine andere Swatch-Tochter. Nivarox stellt Komponenten wie Zifferblätter oder Uhrzeiger her. Auch hier wird eine marktbeherrschende Stellung vermutet.

Der Weko-Entscheid gibt zu Reden. Grundsätzlich sei ein marktbeherrschendes Unternehmen wie die ETA dazu verpflichtet, keine Kunden zu diskriminieren, sagte der Wirtschaftsprofessor und frühere Weko-Vizedirektor Roger Zäch im Gespräch mit AWP. Und auch die Prüfung von Missbräuchen über den zivilrechtlichen Weg sei kaum umsetzbar.

mk/ra

(AWP)